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Ein Wispern unter Baker Street: Roman (German Edition)

Ein Wispern unter Baker Street: Roman (German Edition)

Titel: Ein Wispern unter Baker Street: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ben Aaronovitch
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führt, könnten es dreißig Meter sein«, sagte Kumar.
    »Das sind hundert Fuß«, half ich.
    »Es mag Sie erstaunen, Constable Grant, aber ich bin mit dem metrischen System durchaus vertraut.«
    »Hören Sie das?«, fragte Kumar.
    Wir hielten an und lauschten. Es war ein rhythmisches Pochen knapp über der Hörschwelle, mehr ein Vibrieren im Beton als ein Geräusch.
    »Trommeln«, sagte ich, und dann, weil ich nicht widerstehen konnte: »Trommeln in der Tiefe.«
    »Bassdrum und E-Bass in der Tiefe«, berichtigte Kumar.
    »Da steigt eine Party«, sagte ich.
    »Super, zum Glück habe ich mich ordentlich aufgebrezelt«, bemerkte Reynolds.
    Das untere Treppenende wäre jedem vertraut vorgekommen, der jemals eine der Treppen in Hampstead oder einem der anderen tiefen U-Bahnhöfe hinuntersteigen musste. Wir standen vor einer grau gestrichenen stählernen Brandschutztür, die zu unserer immensen Erleichterung quietschend aufschwang, als Kumar und ich unsere Schultern dagegenstemmten.
    Wir betraten etwas, was ich auf den ersten Blick für einen leeren U-Bahn-Tunnel hielt, aber dann bemerkte ich, dass es viel breiter war – etwa von doppeltem Durchmesser. Die betonverschalten Wände waren nicht gefliest, aber der Zementboden glänzte blitzsauber.
    »Ich weiß, wo wir sind«, sagte Kumar. »Das ist der Luftschutzbunker Holland Park.«
    »Woher wissen Sie das?«, fragte ich.
    »Weil es ein Luftschutzbunker ist, und Holland Park liegt unserem Startpunkt am nächsten.«
    Zu Beginn des Zweiten Weltkriegs wurde ein Verbot erlassen, die U-Bahn als Luftschutzkeller zu nutzen. Stattdessen sollten die Londoner hastig eingerichtete Schutzkeller in ihrem Viertel benutzen – oder die berühmten Anderson-Schutzräume, eine Art Hasenställe aus Wellblech, über die man ein bisschen Erde schaufelte. Aber wie die Londoner nun mal sind, wurde das Verbot genau bis zum ersten Luftangriff eingehalten. Da nämlich rechnete die ungebildete, aber keineswegs dumme Bevölkerung der Hauptstadt rasch mit den Fingern aus, wie groß der Unterschiedder Schutzwirkung von zehn Metern Erde und Beton gegen ein paar Zentimeter Kompost war, und strömte en masse in den Untergrund. Die Behörden waren entsetzt. Sie versuchten es mit guten Worten, Ermahnungen und endlich mit Zwang. Aber die Londoner rührten sich nicht. Im Gegenteil, sie begannen schon mal damit, in Eigenregie Schlafplätze einzurichten und Nahrungsmittel zuzuteilen.
    Und so wurde unter dem düsteren Donnergrollen behördlicher Missbilligung der legendäre Londoner Widerstandsgeist geboren.
    Erst nach einigen tausend vermeidbaren Todesfällen beschloss man den Bau mehrerer eigens zu diesem Zweck konstruierter Tiefbunker. Kumar zufolge wurden hierbei die gleichen Bautechniken und Maschinen wie für die U-Bahn selbst verwendet. Die Bunker am Belsize Park und an der Tottenham Court Road kannte ich – die riesigen verstärkten Beton-Pillendosen, die als Belüftungsschächte dienten, waren nicht zu übersehen –, aber von einem am Holland Park hatte ich noch nie gehört.
    »Hier war mal eine streng geheime Regierungsorganisation untergebracht«, erklärte Kumar. »Aber soweit ich weiß, sitzt die heute in Schottland.«
    Das andere Ende des Tunnelraums lag noch im Dunkeln. Ich war in Versuchung, mein Werlicht zu verstärken, aber allmählich machte ich mir Gedanken, wie viel Magie ich in den letzten Stunden eingesetzt hatte. Nach Dr. Walids von Nightingale bekräftigten Richtlinien sollte ich mich nicht länger als eine Stunde am Stück magisch betätigen, um mir nicht das zuzuziehen, was er hyperthaumaturgische Nekrosen nannte und Lesley und ich Blumenkohlhirnsyndrom.
    »Die haben beim Auszug ganze Arbeit geleistet«, sagte ich. Der Bunker war gähnend leer, man sah sogar die Stellen, wo die Lampen aus den Betonwänden herausmontiert worden waren. Die Bässe dröhnten hier lauter, aber es war schwer zu sagen, woher sie kamen.
    Auf jeder Seite des Raums gab es vier Türen, je zwei auf Bodenhöhe und zwei auf halber Höhe der Wand – hier war ein Zwischenboden vorgesehen, aber entweder wieder entfernt oder nie verwirklicht worden. Die Türen waren von normaler Größe, aus Stahl und hatten auf unserer Seite keine sichtbaren Klinken.
    »Links oder rechts?«, fragte Reynolds.
    Ich legte ein Ohr an das kalte Metall der nächsten Tür – das Bassgedröhn wurde so deutlich, dass ich das Stück identifizieren konnte.
    » Stalingrad Tank Trap . Von Various Artiz.«
    Ich finde schon, dass man zum Tanzen

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