Ein Wispern unter Baker Street: Roman (German Edition)
Paragrafenreitern daran gehindert, sich einzumischen, und setzt sich ab, um den Fall auf eigene Faust zu lösen.
»Wissen die bei der Botschaft, dass Sie hier sind?«
»Was reiten Sie auf mir herum? Wo ist Ihre Unterstützung?«
»Was reiten Sie alle auf der Unterstützung herum?«, fragte Kumar. »Wo sind wir ?«
»Immer noch in der Kanalisation«, antwortete ich. »Wir brauchen nur einen Weg hinaus.«
»Sehr viele Optionen gibt es ja wohl nicht«, sagte Reynolds.
»Also, da wäre Loch Nummer eins«, sagte Kumar. »Der allseits beliebte Überlaufkanal, aus dem wir gerade kommen. Oder, zweitens, hätten wir hier einen dunklen und mysteriösen Durchgang.« Er stand auf und spähte hinein.
»Ich bin für den Durchgang«, sagte Reynolds. »Außer er führt auch wieder in die Kanäle.«
»Das bezweifle ich«, sagte Kumar. »Ich bin kein Architektur-Wunderkind wie unser Peter, aber ich bin mir sicher, dass der Raum hier zur U-Bahn gehört.«
Ich sah mich um. Kumar hatte recht, der Raum hatte dieses klobige Zementflair, das typisch für die Mitte des zwanzigsten Jahrhunderts erbauten Teile der U-Bahn ist. Für die Spätviktorianer waren Ziegel das Mittel der Wahl; die Moderne bevorzugte Waschbeton und robuste Kunststoffverkleidungen.
Kumar trat in den Durchgang. »Da ist eine Treppe nach unten. Aber ohne Licht wird das verdammt mühsam.«
»Ich hab noch ein Notlicht.« Ich stand auf und stupste Reynolds mit dem Fuß an. »Auf in den Kampf, Marine.«
»Haha«, sagte Reynolds, aber sie rappelte sich hoch.
Kumar ließ mich vorbei. Ich blieb mit dem Rücken zu Reynolds im Durchgang stehen und erschuf ein zweites Werlicht. In seinem Schein sah ich eine Wendeltreppe mit hölzernem Geländer und Metallachse. Eindeutig zur U-Bahn gehörig, dachte ich.
»Schauen Sie«, sagte Kumar. »Früher ging es hier auch nach oben, aber das wurde zugemauert.«
Und zwar sehr grob, mit Porenbetonsteinen.
»Können wir da durchbrechen?«
»Selbst wenn wir das nötige Werkzeug hätten, wissen wir nicht, ob es dahinter weitergeht. Manchmal schüttensie einen alten Durchgang einfach zu, wenn sie eine Station sanieren.«
»Na gut, dann runter«, entschied ich.
»Wie machen Sie das?«, fragte plötzlich Reynolds hinter mir.
»Was denn?«, fragte ich und setzte mich schnell in Bewegung.
»Dieses Licht«, sagte Reynolds. »Wie machen Sie das?«
»Ja«, stimmte Kumar ein. »Wie machen Sie das?«
»Das ist bloß ein Plasmaball. Ein Spielzeug.«
Sie drehte sich um und ging in den Betonraum zurück. Natürlich um zu sehen, ob das Werlicht an der Decke genauso aussah. Hätten die nicht eine dümmere FBI-Agentin herschicken können, dachte ich. Oder wenigstens eine korrekte, solide Prinzipienreiterin – die wäre jetzt bestimmt nicht hier unten.
Ich ging eilig weiter, um die Erklärung noch ein bisschen hinauszuzögern.
»Ich weiß nicht, ob es mir gefällt, schon wieder nach unten zu steigen«, sagte Kumar.
»Wenigstens haben wir die Kanalisation hinter uns«, sagte ich.
»Die Kanalisation? Ich fürchte, so bald werden wir die nicht los. Riechen Sie mal an sich.«
»Zum Glück beschwert sich hier niemand.«
»Nettes Spielzeug«, erklang da Reynolds’ Stimme. »Wie funktioniert es, mit Batterien?«
»Oh, da fällt mir ein«, gab ich zurück, »warum sind Sie nun eigentlich hier unten?«
Kumar sah sie an. »Ja, wenn ich mich recht erinnere, schulden Sie uns eine Erklärung.«
»James’ Mom hatte mir seine Mails gezeigt, bevor ich herkam«, sagte sie. »Er schrieb, er sei mit einer Untergrund-Kunstszene in Berührung gekommen – ›buchstäblich im Untergrund‹, heißt es in einer der Mails.«
»Das ist alles?«, fragte ich. »Deshalb sind Sie in die Kanalisation geklettert?«
»Seien Sie nicht albern. Ihre Leute haben seine Schuhe untersucht. Er war in der Kanalisation.«
»Aber die ist ziemlich groß«, warf Kumar ein.
»Schon«, sagte Reynolds, die jetzt wieder ziemlich aufgeräumt wirkte. »Aber ich habe die Kanaldeckel im näheren Umkreis seines Hauses untersucht, und siehe da, einer davon saß viel lockerer als die anderen. Und er hatte frische Kratzer am Rand – als hätte jemand versucht, ihn mit einem Stemmeisen aufzuhebeln.«
»Sie wollten das Alibi von Zachary Palmer knacken, oder?«, fragte ich. »Sie wollten sehen, ob er durch die Kanalisation den Kameras entgehen konnte.«
»Unter anderem«, gab sie zu. »Was glauben Sie, wie tief es hier noch runtergeht?«
»Wenn es auf das Niveau der Central Line
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