Ein Zirkus für die Sterne
einer Strafe und wegen ihrer Schrecken. Unsere früheren Erfahrungen mit dem Gesetz, wie Sie es formuliert haben, ließen uns die Notwendigkeit einer geregelten, friedlichen Gemeinschaft erkennen und auch, daß die Exekutive unbestechlich sein muß. Es gibt keine unehrlichen Polizisten auf Doldra, und Bestechung ist ein schweres Vergehen. Unser System kennt drei Strafen: Sühne, Folter und Tod. Die Strafe für Bestechung ist Folter, die Dauer der Folter hängt von der Höhe der Bestechungssumme ab.« Sarrat grinste: »Es ist sehr bedauerlich, daß Ihre Auftraggeber so großzügig sind.«
»Sarrat, Sie können nicht …«
»Führen Sie ihn ab.« Der Beamte schleppte den schreienden Tensil aus dem Raum. Oberwachtmeister Sarrat drückte einen Knopf auf seinem Schreibtisch, und sofort trat ein anderer Beamter ins Zimmer. »Marchon.«
»Was gibt es, Oberwachtmeister?«
Sarrat schürzte die Lippen und runzelte die Stirn: »Dieser Zirkus am Stadtrand muß überprüft werden, glaube ich. Möglicherweise gibt es einige Verletzungen des Kinder-Export-Statuts.«
Nach dem Ende der Nachmittagsvorstellung kam Tyli, noch ganz geblendet und mit klingenden Ohren, aus dem Haupteingang des Spielzeltes. Emile zupfte sie am Ärmel. »Los, Tyli, wir müssen uns auf den Rückweg machen.«
Sie runzelte die Stirn und schaute ihren Freund an. »Was? Ich hab’ nicht zugehört.«
»Wir müssen zurück. Alle Kinder gehen nach Hause.«
»Kann sein. Aber war das nicht toll?« seufzte sie.
»Tyli!« Beim Klang der Stimme ihres Onkels Chaine erstarrte Tyli. Sie sah ihn beim Eingang auftauchen, das Gesicht hochrot und vor Ärger verzerrt.
»Diesmal bringst du mich besser um, Onkel Chaine, denn wenn du’s nicht tust, bring’ ich dich um!«
Ihre Stimme war kalt und ruhig. Chaines Hand zitterte einen Augenblick, dann ballte er sie zur Faust und ließ sie sinken. »Du undankbares Balg! Wegzulaufen, ohne deine Arbeit zu machen, und das, nachdem Diva und ich dich aufgenommen, für dich gesorgt und dir Kleider umgehängt haben …«
Tyli hielt ihre schwieligen Hände hin. »Sieh sie dir an, Onkel! Ich habe für alles, was ich von euch bekommen habe, hundertmal mehr bezahlt. Ich habe nicht darum gebeten, auf der Adoptionsliste ausgesucht zu werden und auf eurer Farm Sklavendienste verrichten zu müssen.« Tränen quollen aus ihren Augen. »Ich habe meine Eltern nicht darum gebeten, in eurer dämlichen Revolution zu sterben!«
Chaine griff sie beim Arm und drehte sie zum Ausgang hin. »Glaubst du, jeder würde ein Balg wie dich adoptieren? Und das bei deinem Alter?« Sie kamen aus dem Geschiebe der Menge heraus, und Chaine spie auf den Boden. »Umbringen willst du mich? Der einzige Grund, weswegen ich dich nicht auf der Stelle durchgeprügelt habe, waren die vielen Leute. Aber wenn ich dich nach Hause bringe …« Heftig schüttelte er ihren Arm und drückte hart zu. Tyli biß sich auf die Lippe, um nicht laut aufzuweinen.
»Ich schwöre, Onkel, wenn du mich noch einmal schlägst, bringe ich dich um.« Die Worte stürzten unter ihren Tränen hervor: »Ich schwör’s, Onkel!«
Chaines Augen wurden schmal. »Was, du …« Er spürte, wie sich eine sehr schwere Hand auf seine Schulter legte. »Was?« Die Hand drehte ihn um, und Chaine blickte auf das Kinn eines menschlichen Berges. Tyli schlug die Hände vor das Gesicht, um ihre tränenverschmierten Wangen zu verbergen. Der große Mann lachte.
»Aber, Herzblatt, sei nicht so schüchtern, stell mich deinem Freund vor!«
Tyli schnüffelte und deutete mit dem Kopf auf Chaine. »Das ist mein Onkel Chaine – nicht wirklich mein Onkel. Er …« Sie wimmerte unter Chaines Griff. »Er ist mein Vormund. Onkel, das ist Entenfuß Tarzak. Er ist der Zeltboß dieser Show.«
Chaine
Weitere Kostenlose Bücher