Ein Zirkus für die Sterne
Tyli den Direktor, der vor dem einzigen Fenster des Raumes stand und seinen Gedanken nachhing. »Mr. John?«
Er drehte sich um und sah das Mooshaarige Mädchen an. In der Mitte der gewaltigen Kugel aus weißem Haar suchten zwei weite, erschreckte Augen nach Hoffnung im Gesicht des Direktors. »Sieht gar nicht gut aus, was, Herzblatt?«
Tyli blickte auf den rauhen Bretterboden. »Es tut mir leid. Ich weiß, daß Entenfuß Sie meinetwegen in diese Sache verwickelt hat.«
O’Hara kam herüber und blieb neben ihr stehen. »Sieh mich an!« Tyli sah in sein Gesicht und erblickte den finstersten Ausdruck, den sie je irgendwo gesehen hatte, vielleicht mit der Ausnahme von Gorgo, dem Gorilla. »Ich bin John J. O’Hara. Niemand verwickelt mich in irgendeine Sache, in die ich nicht verwickelt werden will!«
»Ja, Mr. John.« O’Hara schritt zurück ans Fenster und fiel wieder in seine Gedanken. »Mr. John?«
Ohne sich zu rühren, antwortete er: »Was ist?«
»Wer ist Anthony Sciavelli?«
»Der Richter.«
»Ich weiß das, aber wer ist er? Ich habe bemerkt, wie Sie ihn angesehen haben, so als würden Sie ihn kennen.«
Der Direktor senkte den Blick, schürzte die Lippen und sah dann zum Nachthimmel auf. »Ich glaube, daß du von Sciavelli gehört hättest, wenn du bei den Fliegenden Menschen versteckt worden wärst. L’Uccello. Das bedeutet ›der Vogel‹ – so wurde er vor fünfundzwanzig Jahren genannt: L’Uccello. « Der Direktor sah Tyli an: »Du hättest ihn am Trapez sehen sollen, wenn er wie flüssiges Feuer durch die Luft wirbelte. Ein Vogel ist eine plumpe Kreatur im Vergleich zu Sciavelli unter dem Dach des großen Zeltes!«
»Er war bei Ihrer Show auf der Erde?«
Der Direktor nickte und drehte sich wieder um. »Anthony, seine Frau Clia und sein Bruder Vito waren die Fliegenden Sciavellis. Die beiden Spielzeiten, die sie bei uns waren, sind die besten gewesen, die die Show je gesehen hat. Alles andere war nur Füllmaterial. Die Leute kamen nur, um die Fliegenden Sciavellis zu sehen.« O’Hara rieb sich das Kinn, während er weiter aus dem Fenster starrte. »Anthony und Clia waren ein vollkommenes Liebespaar. Wenn nicht wegen ihrer Nummer, so wären sie wahrscheinlich berühmt geworden, weil sie sich so sehr liebten.« O’Hara drehte sich um und zuckte mit den Schultern. »Es ist eine sehr alte Geschichte.«
»Vito hat sich in Clia verliebt?«
Der Direktor nickte. »Vito war der Fänger. Als Clia ihm also klarmachte, daß sie ihn nicht liebte und seine Annäherungsversuche beleidigend fand, schmiedete Vito einen Plan, um Anthony loszuwerden. So jedenfalls haben es sich die meisten Zirkusleute zusammengereimt. Die Sciavellis arbeiteten nie mit einem Netz. An jenem Abend waren sie mitten bei ihrer Drunter-und-Drüber-Routine; Vito hing an seinen Knien und bereitete sich auf den Abtausch vor. Clia hing erst an der anderen Stange, schwang einige Male hin und her, ließ die Stange los und packte Vitos Handgelenke. Dann, beim nächsten Schwung, kam Anthony, und im selben Moment, da er die Stange losließ und Vito entgegenwirbelte, ließ Clia los und flog auf die Stange zu. Das machten sie sechs oder sieben Male schnell hintereinander.«
Der Direktor wandte sich wieder dem Fenster zu. »Vielleicht war Vito durcheinander und hat die Signale verwechselt, vielleicht wollte er Clia umbringen. In jedem Fall, sie fiel. Ich erinnere mich noch, wie Anthony und Vito an ihren Stangen hingen, hin und her schwingend, wie sie auf das Sägemehl blickten, während die Menge zu Clias Körper lief. Sie kamen beide zusammen die Strickleiter herunter, dann ging Anthony ruhig auf Vito zu, packte ihn beim Hals und brach ihm das Genick. Vito starb auf der Stelle. Wir taten alles, was wir konnten, aber wir
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