Ein Zirkus für die Sterne
der linken Hauswand ignorierte.
15. Mai 2144
Der Direktor hat uns berichtet, daß die Premiere ausverkauft und daß bei der Abe-Show kaum ein Viertel der Plätze besetzt war. Etwa zur selben Zeit begann die Abe-Show-Konkurrenzbrigade damit, uns den Vorrang auf den Gehwegen streitig zu machen. Die Kriegsadler wurde sehr beschäftigt. Es gab kaum eine Stadt, die nicht eine Schlacht der Konkurrenzbrigaden zu sehen bekam. Plakat klebte über Plakat, wurde wiederum überklebt und am Ende noch mal zugekleistert. Horden von knüppelschwingenden Zeltarbeitern streiften durch die Städte, in denen die Reklame lief, und es blieb kaum ein Platz, wo nicht ein halbes Dutzend oder mehr Männer mit zu Brei geschlagenen Gesichtern, gebrochenen Knochen oder eingeschlagenen Köpfen im örtlichen Spital landeten.
19. Mai 2144
Wir haben gehört, daß die Kommission des Quadranten (KIPS9Q) beide Shows aufgefordert hat, mit dem Spaß Schluß zu machen. Die Kommission befürchtet, daß unser Benehmen einen Aufstand auf Wallabee auslösen könnte. Da die Plakatschichten auf einigen Gehwegen stellenweise so dick waren, daß der Verkehr behindert wurde, schien die Warnung der Kommission wenig Erfolg zu haben. In Stoatludop wurden wir aus unbekannten Gründen nicht von der Abe-Show-Konkurrenz erwartet. Sie übersprang die Stadt und begab sich auf den nächsten Platz.
19
24. Mai 2144
Ich war auf der Schlachtschwert, dem dritten Wagen, und wir überklebten die von der Abe-Show überklebten Plakate, die die Donnervogel überklebt hatte. Die neuesten Gerüchte klangen ermutigend. Für die Abe-Show entpuppte sich das Gleichziehen mit der Alten (so nannten wir O’Haras Show) als ökonomische Katastrophe. Die Nithads mochten unterdrückt und mit ihren Revolutionsplänen beschäftigt gewesen sein, aber sie erkannten immer noch den Unterschied zwischen einem richtigen Zirkus und einem wandelnden Schrotthändler.
Als die Schlachtschwert in Hymnicon ankam, fanden wir unsere Anschläge auf den Gehwegen unversehrt vor, und wir nahmen an, daß die Gegenseite entweder aufgegeben hatte oder, wie zuvor, uns vorausgeflogen war. Beides stellte sich als falsch heraus.
Abends, während die Vorstellung lief, bekam die Schlachtschwert Wind davon, daß die Abe-Show ihre Konkurrenzbrigade auf die Show selbst loslassen wollte. Natürlich schäumten wir vor Wut, weil es gegen jede Zirkusethik ist, am Platz zu kämpfen, es sei denn, die Angreifer sind Einheimische. Ein Zirkus greift den anderen nie auf dem Platz an, weil möglicherweise Besucher dabei verletzt werden könnten. Trotzdem kam uns diese Absicht zu Ohren, und die Kriegsadler sammelte unsere Konkurrenzbrigade ein, nachdem sie die Brigade der Donnervogel schon an Bord hatte.
Die gesamte Einheit begab sich auf den Platz zurück, und als wir in der Nähe waren, sahen wir, daß die Irische Brigade schon mit der Abe-Show-Konkurrenz im Gefecht lag. Dazwischen und drumherum waren lauter Nithads, die aus der Vorstellung kamen. Wir landeten am Rande des Platzes, ergriffen unsere Stangen, stürzten ins Freie und warfen uns in die Schlacht. Wir sahen, wie ein paar der Abe-Show-Leute mit Fackeln zum Hauptzelt und zur Menagerie liefen. Das Gewebe des Zeltes selbst war nicht brennbar, aber zwischen den Sitzen im Spielzelt und dem Stroh im Tierzelt gab es Grund genug, die Nithads, die im Weg standen, umzurennen, um die Feueranbeter zu schnappen.
Die Ethik einer Konkurrenzbrigade erlaubt nur genau die Menge an Kraftanwendung, die nötig ist, um die eigene Seite zum Sieg zu führen. Das heißt, daß immer ein gewisses Maß an Zurückhaltung waltet, wenn Knüppel und Fäuste fliegen. Es ist angemessen, den Gegner ins Krankenhaus zu befördern, wohingegen das Leichenschauhaus nicht angemessen ist. Bei der Schlacht von Garatha gab es diese Zurückhaltung nicht. Zirkusleute sabotieren einander nie, schon gar nicht, wenn dabei das Publikum gefährdet sein könnte. Da jedoch die Abe-Show diese Regeln in den Wind geschlagen hatte, taten wir dasselbe.
Körper fielen zu Boden, als bluttriefende Stangen durch die Nacht pfiffen und auf Schädeln und zerbrechlichen Beinen landeten. Das Pferdezelt ging in Flammen auf, und als die Tierwärter die Kaltblüter und Zirkuspferde durch das Feuer herausführten, warf sich der Rest von uns auf die Kerle von der Abe-Show. Innerhalb von Sekunden befanden sich Artisten, Büromenschen, Arbeiter – der Direktor selbst – auf dem Platz und schlugen Köpfe ein.
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