Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Ein Zirkus für die Sterne

Ein Zirkus für die Sterne

Titel: Ein Zirkus für die Sterne Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Barry B. Longyear
Vom Netzwerk:
gefüllte Karren aus der Grube an die Kippe. Sie ließ den Blick über das Gemüsebeet schweifen und schüttelte den Kopf. Seit dem Zuwachs durch die Zirkusfrauen und -kinder gab es so viele Münder mehr zu stopfen, und obendrein mußte ihnen alles gezeigt werden. Und diese Fette namens Blubber – sie konnte sich kaum rühren, und trotzdem aß sie jeden Tag so viel, wie eine normale Person an Gewicht auf die Waage brachte, wenn sie es zwischen die Finger bekam. Linda nickte. »Wir werden sie schon abspecken.«
    Sie hob das Werkzeug zum Unkrautjäten auf, drehte sich um und ging den Abhang hinunter auf das Geisellager zu. Als sie an die Straße kam, kreuzten die Männer aus der Kippe vor ihr den Weg. Ein paar nickten ihr zu, während sie unter den Gesichtern das von Tom suchte. Sie wußte, daß er im Lager der Grube war – oder gewesen war –, doch die Möglichkeit der Versetzung bestand immer. Sie blickte zum Wachtturm hoch, der hinter dem Karrenzug herrollte, und senkte die Augen, zum Warten verurteilt. Während sie die Prozession aus quietschenden Rädern und staubigen Füßen verfolgte, bemerkte sie, daß ein schwerer Umschlag in den Straßenstaub geworfen wurde. Die vorbeimarschierenden Füße bedeckten den Umschlag mit Staub, so daß er nicht entdeckt werden konnte, als der Wachtturm vorüberrollte.
    Linda ging hinter dem Turm über die Straße, ließ ihre Harke fallen und bückte sich, um sie wieder aufzuheben. Beim Aufrichten hob sie den Umschlag auf und verdeckte diesen Vorgang mit ihrem Körper. Sie ließ das Päckchen unter ihr Hemd gleiten, als sie die Straße verließ.
    Konnte es eine Nachricht von Tom sein? Linda zwang sich, den Weg ins Lager langsam zurückzulegen. Als die den mittleren Wachtturm erreichte, dröhnte Brummbaß’ Stimme los: »Was ist los, Linda?«
    Sie konnte nie ganz sicher sein, doch Linda hatte den Verdacht, daß der Wächter, den sie Brummbaß nannten, von seiner Aufgabe als Aufpasser genausowenig begeistert war wie sie. »Du siehst traurig aus.«
    »Natürlich, Geehrter. Ich bin traurig. Es liegt am Goatha.«
    »Stimmt schon, Linda, aber es ist ein so dürftiges Goatha. Man sollte deswegen nicht so leiden …« Linda lächelte innerlich, als Brummbaß sich selbst das Wort abschnitt bei seiner Kritik am Goatha der Kaiserlichen Familie. Selbst sie hatten also Angst, dachte sie. »Darf ich jetzt gehen, Geehrter?«
    Pause. »Was hast du von der Straße aufgehoben, Linda?«
    Linda fühlte das Blut in ihren Adern erstarren. »Meine Harke, Geehrter … ich habe sie fallen lassen.«
    Pause. »Weitermachen, Linda.«
    Als sie die Lagergrenze erreichte, wartete sie, immer noch den Rücken dem Wachtturm zugekehrt, bis sie die äußersten Baracken zwischen sich und Brummbaß gebracht hatte. Dann aber fuhr sie sofort mit der Hand unter ihr Hemd und zog den Umschlag hervor. Mit einem Hemdzipfel wischte sie den Staub ab und las mit zusammengekniffenen Augen den Namen: »Eisenkinn Jill«. Linda fühlte Tränen in den Augen brennen, als sie den Umschlag zurücksteckte und merkte, wie sehr sie doch auf eine Nachricht von Tom gehofft hatte. Aber das Päckchen war für diese herrische alte Frau vom Zirkus, die die Ballettmädchen kommandierte. Linda strich ihre Bluse glatt, als sie in das Sichtfeld des Lagerturms kam. Dann ging sie in den Schuppen hinüber und legte ihr Werkzeug weg. Im Schuppen zog sie den Umschlag heraus und überlegte, ob sie ihn wegwerfen sollte. Immerhin würde es Schocks bedeuten, wenn man sie damit erwischte. Sie sah noch einmal auf das Päckchen, nickte dann und stopfte es unter ihr Hemd zurück. So wenig sie auch für Jill übrig hatte, das konnte sie ihr nicht antun. Sie schüttelte den Kopf bei dem Gedanken, daß einem Mann genug an dem alten Zirkusweib liegen mochte, um die Schocks wegen einer Nachricht an sie zu riskieren.
    Linda trat aus dem Schuppen in die Sonne hinaus, drehte sich um und ging direkt auf ihre Baracke zu. Beim Eintreten sah sie die Frauen vom Zirkus wie gewöhnlich um Eisenkinn Jill versammelt und die Perlen der Weisheit auflesen, die das alte Klatschmaul waggonweise ablud. Linda trat näher, zog den Umschlag hervor und überreichte ihn. »Das ist für dich.«
    Während die alte Frau sich setzte und den Umschlag öffnete, kehrte Linda um und wollte zur Tür gehen. »Schätzchen?«
    Linda drehte sich um. »Ja?«
    Eisenkinn Jill hielt ihr einen Papierschnipsel entgegen. »Das ist für dich, von einem gewissen Tom.« Mit zitternden Händen griff Linda

Weitere Kostenlose Bücher