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Einarmig unter Blinden - Roman: Roman

Einarmig unter Blinden - Roman: Roman

Titel: Einarmig unter Blinden - Roman: Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Philipp Jessen
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ist schon ziemlich genervt von mir. Er riecht nach Schweiß. Er wird mich bescheißen. Eines der wenigen Dinge, die ich zurzeit sicher weiß.
    Wir fahren los. Ich merke, wie mir die letzte Woche im Knochen steckt. Ich nehme viel zu viel Medizin, um Schmerzen zu lindern: Habe jeden Tag Abschied gefeiert. Mit Leuten, die mich vermissen, und mit Leuten, denen ich völlig egal bin.
    Am Dienstag war ich mit meiner Lieblingscousine Trixi Essen. Sie ist ein wunderbarer Mensch. Wir waren im Zraik. Ich hatte ihr die Wahl des Lokals überlassen und wurde nicht enttäuscht. Das Zraik ist kühl chromorientiert eingerichtet, mit offener Küche. Ein sehr nettes Restaurant. New York-mäßig.
    Wir aßen Austern und tranken viel Wein. Es war ein Abend wie ein heißes Bad mit einem Buch von Ulf Poschardt. Bei Trixi hatte ich seit langer Zeit das Gefühl von Heimat. Ich glaube, dass sie mich wirklich mag. Mich vollständig akzeptiert. Dass, egal was ich jemals für Mist bauen werde, sie für mich da sein wird. Wir haben den gleichen Humor. Sie ist wirklich unglaublich lustig. Nicht wie eine amüsante Frau, sondern wie ein durchgeknallter Typ. Sie ist mit der liebenswürdigste Mensch, den ich kenne. Eine, die alles verlangen darf – denn sie ist eine der wenigen, die alles geben kann.
    Sie bestand darauf, zu bezahlen.
    Danach fuhren wir in die Tower -Bar. Als ich mit der Parkplatzsuche begann, tönte Lenny Kravitzs Again aus dem Radio. Wir stellten fest, dass er zehn ganz schlimme Lieder produzieren muss, um dann ein geiles zu machen. Sie drehte laut und fing an zu singen. Ich machte mit.
    In der Tower -Bar waren wir mit Damian (Fotograf) verabredet, um in seinen Geburtstag reinzufeiern. Ich finde, Fotografen sind die Prinzen der Neuzeit. Früher war der Traum aller Mädchen, von einem Prinzen gerettet zu werden. Heute träumen die modernen Aschenputtel davon, von einem Fotografen entdeckt zu werden. Ich bestellte die erste Runde. Bier, Wodka, Wein.
    Die Bar ist loungig, gut eingerichtet mit blutroten Wänden, beigen Sitzkissen und verstecktem DJ-Pult. Ich unterhielt mich mit Damian übers Promi- und Partyboxen, also ab wann man Leute schlagen darf. Wir waren uns schnell über unsere niedrige Hemmschwelle einig. Wir tranken weiter. Damian ist klasse. Ein absoluter Mädchenschwarm. Markantes Gesicht, kurze dunkle Haare, stechender Blick. Muskeln. Nicht zu viel, nicht zu wenig. Egal in welches Land, in welche Stadt, in welche Bar man mit ihm geht: Er kennt dort die drei hübschesten Mädchen. Und mit zwei von denen war er im Bett.
    Als das Tower schloss, zogen wir noch durch ein paar andere Bars. Bis ich irgendwann total stoned in meinem Bett landete. Ich kotzte noch kurz in eine braune Plus-Papiertüte, von der ich keine Ahnung hatte, woher sie kam, schmiss mir zwei abgelaufene Paracetamol ein und kollabierte selig. Ein wundervoller Abend.
    Sonntag war ich mit meinen Jungs zum Saufen verabredet. Um acht traf ich mich mit Tom, Trixis Freund. Auch ein ausgezeichneter Mensch und einer meiner besten Freunde. Tom ist wie eine Mischung aus Tim Taylor, Jonny Knoxville und Alf. Ehrlich, direkt, witzig. Wir gingen ins Better Night. Eine sehr coole Kneipe in der Innenstadt, direkt neben dem Rathaus. Das Better Night ist eine Mischung aus Brooklyn- und Westernbar. Romantisch, morbide, geeignet für Typen, die sich schlicht, aber stilecht einen reinstellen wollen. Das Publikum setzt sich aus Möchtegernrockern, Journalisten und A/B-Promis zusammen. Die Bedienungen haben alle große Brüste.
    Ich orderte eine Flasche Wodka. Iris setzte sich an unseren Tisch. Sie ist Bedienung im Better Night. Und scharf. Leider ist sie außerdem sehr laut und liebt Benjamin von Stuckrad-Barre. Sie hält ihn für einen genialen Denker und sich für seine Seelenverwandte: »Die eine Stelle in seinem Buch, wo er im Bus sitzt und über die Leute nachdenkt, genauso war das auch mal bei mir«, wird regelmäßig ungefragt mit 840 Dezibel verkündet. Ich habe ihr schon oft erklärt, dass ich Benjamins Talent, seine Bücher und vor allem seine Fähigkeit Bilder und Gedanken so in Worte zu fassen, dass man sich vollkommen in ihnen wieder findet und einfach nur noch laut GENAU! brüllen will, sehr schätze – es aber nichts Besonderes ist, diese Gedanken auch zu haben. Danach war sie immer tierisch eingeschnappt: »Schreib du doch so was, wenn du das alles besser kannst!« Ich mag sie.
    Heute erzählt Iris irgendwas über Ben und Marius Müller-Westernhagen. Dass die beiden

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