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Einarmig unter Blinden - Roman: Roman

Einarmig unter Blinden - Roman: Roman

Titel: Einarmig unter Blinden - Roman: Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Philipp Jessen
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davon haben.
    Als Erstes sterben die Zellen, die dich traurig machen, und du fängst an zu grinsen. Dann sind die Schweigezellen dran, also fängst du an, ganz wild und ohne Grund loszureden. Aber das ist gut so, denn als Nächstes sterben die dummen Zellen, und du sagst nur noch kluge Sachen.
    Zum Schluss sind die Erinnerungszellen dran. Aber die Saubande stirbt nicht so leicht.«
    rannulph junuh (matt damon) in die legende von bagger vance
    Als ich aufstehen will, drückt mich ein Bild wieder auf meine Matratze. Ich sehe sie vor mir. Wie sie mit ihrem neuen Stecher frühstückt, natürlich im Bett. Die beiden essen Erdbeermarmelade-Toasts. Ihm bleibt etwas an der Lippe kleben, sie küsst es weg.
    Ich will jetzt nicht mehr aufstehen. Wenn ich einen Fuß raussetze, den Boden berühre, beginnt der Tag. Dann wäre das alles real. Vielleicht schlafe ich ja auch noch? Vielleicht träume ich das alles. Jeanette Biedermann war nur der Anfang. Ganz doll hoffentlich!
    Frauen und Männer sind verschieden. Das ist nichts Neues. Eine Situation, bei der es sich mit am Extremsten zeigt, ist, wenn der oder die Ex was Neues hat. Frauen bleiben meistens cool. Sagen Dinge wie: »Die werden nie das haben, was wir hatten« oder »Ich weiß, was für eine wichtige Rolle ich in seinem Leben gespielt habe.« Und meinen das sogar genau so.
    Männer sind anders. Egal, ob Sie oder Er Schluss gemacht hat, sobald die Ex auch nur in die Nähe eines anderen Kerls kommt, sieht der Mann sie mit ihm im Bett. Genauer gesagt: mit dem Penis des Neuen in ihrem Mund – die absolute Killervorstellung für jeden Mann. Alles, was war, ist egal. Die schönen Zeiten der Beziehung? Vergessen. Die schlimmen? Erst recht. Das Einzige, was zählt: Ein anderer darf sie anfassen. Das kann einen in den Wahnsinn treiben.
    In ganz seltenen Fällen kommt es bei Jungs zu einer komplett gegenteiligen Reaktion – einer »Sexgrenze«. In diesem Fall baut sich der Junge seine eigene Realität, in der seine Ex keinen Sex hat. Niemals wieder. Und er findet immer abstrusere Gründe, warum kein Geschlechtsverkehr mit dem neuen Typen stattfindet. (Sie hat bestimmt ihre Regel. Monatelang schon. Die Hormone, das ist keine schöne Sache.) Fällt diese Sexgrenze aber irgendwann, wird es doppelt schlimm. Ich kannte jemanden, der fing wie ein Verrückter an zu heulen, als er hörte, dass seine Ex mit ihrem Neuen in den Urlaub fahren wollte – obwohl sie sich schon vor einem halben Jahr getrennt hatten und seine Ex mit dem Typen seit vier Monaten zusammen war. Er meinte: »Da müssen sie in einem Bett schlafen! Vorher kann immer was dazwischengekommen sein. Jetzt ist es klar.«
    Frauen dagegen wissen, dass der Mann sofort nach Ende der Beziehung bereit ist, mit anderen zu vögeln. Ihnen ist das Fummeln ihres Ex nach der Beziehung komplett egal. So sind sie eben.
    Ich bin zu traurig zum Weinen. Irgendwas stirbt. Ich sehe mich kurz von oben. Dann schalte ich den Fernseher ein. Wie immer: Daily-Talk-Wiederholungen. Und natürlich überall das Standardthema: »Du Machoschwein hast mich verarscht.« – Oder so ähnlich.
    Was bei Sonja, Britt, Türck, Vera und den anderen Talkshow-Frauen passiert, grenzt an Gleichschaltung. Der Mann ist das Böse – Frau will nur einen lieben, netten, treuen Weggefährten. Sonst nichts. Und wenn sie ihn verlassen oder betrogen hat? Dann ist sie irgendwie auch im Recht.
    Es ist nicht abzustreiten, dass viele Männer sich in die Betten der Frauen hineinlügen. Doch bei ernsthaften Beziehungen ist eigentlich stets der Mann emotionaler gebunden.
    Er latscht ohne Plan durch sein Leben. Den Weg kennt nur Schatzi. Trotzdem hält er sich für komplett autark – weil ihn seine Frau nicht an die Leine gelegt hat. Nur begreift er nicht, dass seine Kleine statt einer altmodischen Leine hinter ihrem Rücken einen subtilen Beziehungs-Infrarot-Joystick hat, mit dem sie alle seine Bewegungen lenkt.
    Ich drehe die Fernsehlautstärke auf volle Kraft. Die Dezibel sollen die bösen Gedanken vertreiben. Es klappt nicht. Bei Vera krakeelt eine Michelle, dass sie ihren Ex-Thorsten »total« gerne mag. Ihn deshalb auch regelmäßig sehen will. Derzeit-Freund Ronny kann und will das nicht verstehen. »Einmal im Jahr isch ok, sach isch«, sagt er, »aber nisch mehr.« Irgendwie verständlich. Aber warum wollen Männer nicht, dass die Freundin ihren Ex trifft? Nicht nur, weil die Sex hatten. Hauptsächlich, weil sie dieses Bedürfnis nicht nachvollziehen können. Wenn Jungs

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