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Einarmig unter Blinden - Roman: Roman

Einarmig unter Blinden - Roman: Roman

Titel: Einarmig unter Blinden - Roman: Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Philipp Jessen
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arbeiten wir uns durch enge Gänge, Alkoholleichen und über schmale Treppen zu dem Partyraum. Ich bin zum ersten Mal nüchtern hier.
    Auf zwei Etagen, nur durch schmale Metalltreppen verbunden, wird gefeiert. Eine riesige Discokugel hängt von der Decke herab und wird von weißen Scheinwerfern angestrahlt. Rohre durchziehen, etwas über Kopfhöhe, die Location. Die Rohre schwitzen. Aus der oberen Etage werden Pappbecher heruntergeschmissen, volle und leere. Früher wurden noch Flaschen verkauft.
    Die Treppen werden wegen des Schweiß-, Bier- und Schuhdreckgemischs immer glitschiger. Ich bestelle ein Wasser und suche mir einen guten Platz. Speedy habe ich aus den Augen verloren.
    Plötzlich setzt sie sich auf mich.
    »Toll dich zu sehen! Stört es dich, wenn ich mich zu dir setze?« Ihre Augen sind glasig, aber trotz des milchigen Schleiers funkeln sie. sie hat eine Fahne – und einen neuen Freund, sie gibt mir einen Kuss. Nicht richtig auf die Wange und auch nicht richtig auf den Mund. Wie zufällig streift sie mit ihren Lippen meinen Mundwinkel. Mein Gehirn ist vollkommen ausgeschaltet. Ich bin erschrocken, ängstlich und glücklich. Ich bringe kein Wort heraus, sie redet. »Komm! Lass uns rausgehen. Hier kann man sich nicht unterhalten.«
    Wir gehen. Ich habe das Gefühl, dass jeder mich beobachtet. Soll ich stolz sein oder mich schämen?
    Wir sind auf der Treppe. Ich habe Angst, dass sie ausrutscht. Nicht, weil ich mich um ihre Gesundheit sorge; wir könnten uns dann nicht mehr unterhalten, wenn sie sich verletzen würde. Und ich will so verdammt mit ihr reden. Außerdem wäre ihr Freund in einer tollen Lage. Er könnte sich dann nämlich »total lieb« um sie kümmern.
    Kurz vor dem Ausgang zieht sie an mir. Hält mich am Arm fest. »Warte, ich bin gleich wieder da.« Ich zittere und habe den Drang, zur Toilette zu rennen. Ich lehne mich ans Geländer, warte.
    Ich will nicht auf sie warten.
    Natürlich will ich warten, bis sie wiederkommt.
    Es darf aber nicht nach »auf sie warten« aussehen.
    So sehr ich mich aber auch bemühe, ich entdecke niemanden, dem ich ein Gespräch aufdrücken könnte. Völlig paranoid versuche ich, Speedy per SMS zur Treppe zu lotsen.
    »Da bin ich wieder.«
    Hoffentlich hat sie nicht gesehen, was auf dem Display stand.
    »Ich habe uns was zu trinken besorgt.« sie hält eine Flasche Sekt in der Hand. »Komm, lass uns gehen.« sie ergreift mein Handgelenk und zieht mich hinter sich her. Im Eilschritt gehen wir auf das Deck und setzen uns auf eine Bank am Ende des Schiffes; Heck heißt das, glaube ich.
    Endlich sind wir alleine.
    Wir hören noch dumpf die Musik; die Bank vibriert leicht durch den Bass. Ich kann nur ein paar Sterne sehen. Dafür hat der Mond eine Sichelform, die man nur aus kitschigen Bilderbüchern kennt. Es ist eine kühle und schöne Nacht. Ich mag es, wenn ihr kalt ist. Dann zittert sie immer ein bisschen, das sieht man immer so schön an ihren Locken, sie wippen ganz leicht in einem bestimmten Takt. Aber wenn ihr jetzt kalt wird, dann geht sie vielleicht. Ich gebe ihr vorsichtshalber meine Jacke, sie hält mir die Flasche hin. Ich nehme einen großen Schluck.
    »Wie geht es dir denn so?«
    »Gut«, sage ich. »Und dir?«
    »Na ja. Ach, egal«.
    »Nein komm, erzähl schon.«
    »Meine Eltern streiten sich wieder so viel und Jan unterstützt mich überhaupt nicht.«
    Jan also. Der neue Stecher.
    »Er denkt nur an seinen Sport. Weißt du, da vermisse ich d…«
    Was?
    Was!
    »Was …«
    »Egal. Ich rede halt so gerne mit dir. Du kannst so toll zuhören. Hast du spucken geübt?«
    Ich lüge. »Ja.«
    »Das will ich sehen!« sie zieht mich zur Reling, diesmal an der Hand. »Leg schon vor!«
    Ich spucke. Der Wind schlägt ihr so ziemlich meine ganze Spucke zurück ins Gesicht. Mir ist das so was von peinlich! Aber sie lacht. »Wenn es von dir kommt, ist es nicht schlimm. Den Geschmack kenne ich ja noch.« sie ist dran. Bei ihr ist es natürlich windstill.
    »Na, so geht das!«
    sie trinkt einen Schluck. Ich nehme ihr die Flasche beim Absetzen aus der Hand. Nicht weil ich wild auf den Sekt bin. Ich will ihre Hand noch einmal berühren. Aber es klappt nicht.
    »Du weißt, dass ich dich immer noch sehr, sehr gerne habe, oder?«, sagt sie. »Wie geht es deinen Eltern eigentlich so?«
    Das interessiert mich gerade gar nicht. »Gut.«
    »Es war irgendwie schon ganz schön mit uns damals. Oh, warte mal!« Ihr Handy klingelt. »Wie? Ja, Jan. Bis gleich, Schatz! Was? Ja, ich freue

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