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Eindeutig Liebe - Roman

Eindeutig Liebe - Roman

Titel: Eindeutig Liebe - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jessica Thompson
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Hals.
    »Okay, das reicht. Ich habe genug.« Er stellte sich vor seinen Vater, der jedoch an ihm vorbeisah. »Was zum Teufel soll das, Dad? Ich habe Sienna mitgebracht, damit sie dich und Mum kennenlernt. Sie ist unglaublich toll, und du bist einfach nur unmöglich. Sie arbeitet hart und ist geduldig und freundlich, und du hast keine Ahnung, was sie durchmacht!«, brüllte er. Mit jedem Wort näherte er sich seinem Vater einen Schritt mehr, bis er schließlich Nase an Nase vor ihm stand. Sein Atem ging rasch, und seine Nasenflügel flatterten. Das hier schien sich zu einer größeren Szene auszuwachsen.
    »Lass ihn doch«, bat ich und zog ihn von dem herablassenden Mann im Sessel weg. Das alles war ein wenig beängstigend. Lucy war in der Zwischenzeit in die Küche geflohen.
    Was für ein Desaster, dachte ich. Schlimmer hätte es kaum kommen können. Wieso hatte Ben mich hierhergebracht, wenn er doch genau wusste, wie sein Vater sich benehmen würde? Ich hatte so viele Fragen. Auf Zehenspitzen schlich ich mich in die Küche und überließ meinen Freund und seinen Vater ihrem Streit.
    Nachdem ich die dicke Holztür hinter mir geschlossen hatte, war das Gebrüll kaum noch zu hören. Lucy saß in einer Ecke und zitterte am ganzen Körper, so sehr belastete sie das Ganze. Ich setzte mich vorsichtig neben sie. »Lucy, bitte machen Sie sich keine Gedanken. Bitte«, flehte ich sie an und legte meine Hand auf ihre. Ihre Haut war weich, runzlig und so dünn, dass man darunter die Adern erkennen konnte.
    »Es tut mir so leid, Sienna. Ich glaube, wir werden ihn bald verlieren«, sagte sie und schniefte.
    »Was soll das heißen, Sie werden ihn verlieren?«
    »Ich glaube, er hat ein paar ernste seelische Probleme. Er benimmt sich erst in letzter Zeit so – das ist ganz neu. Er ist auch nicht immer so – manchmal ist er lieb und nett, und dann benimmt er sich plötzlich wieder so. Das ist nicht mehr der Mann, den ich einmal geheiratet habe.« Sie warf verzweifelt die Arme in die Luft.
    »Also kommt es nicht vom … Alkohol?«, hakte ich zögernd nach.
    »Na ja, das Zeug spielt sicher eine große Rolle«, sagte sie und fuhr mit dem Finger an einer Serviette entlang. »Aber dass er sich in alles Mögliche hineinsteigert und wütend jeden zusammenbrüllt, das ist neu. Vor ein paar Jahren wäre so etwas niemals vorgekommen, Sienna, nie. Er hätte Sie willkommen geheißen und für Sie gekocht. Er wäre der Mann gewesen, der er früher einmal war. Er hätte Sie angebetet – Sie sind wunderhübsch«, fügte sie hinzu und sah mich hoffnungsvoll an.
    »Es tut mir sehr leid, dass es ihm nicht gut geht, Lucy. Ich weiß, wie es ist, mit jemandem zusammenzuleben, der keine Kontrolle mehr über sich hat.« Ich stand auf. »Hätten Sie gern einen Tee?«, fragte ich.
    »Ja, bitte, meine Liebe.«
    Wir blieben nur noch zwei Stunden. Lucy und ich aßen zusammen zu Mittag, während Ben sich mit seinem Vater auseinandersetzte und herauszufinden versuchte, was zum Teufel mit ihm los war. Was hatte sich in dessen Kopf verändert? In den wütenden Äußerungen seines Vaters und in dessen Mienenspiel fahndete er nach Hinweisen und suchte nach Antworten. Das Ganze musste ihm sehr zusetzen.
    »Sienna, es tut mir furchtbar leid, was da eben passiert ist«, sagte Ben, sobald wir im Auto saßen. Inzwischen war es dunkel geworden, aber mein Schuh war noch immer feucht.
    »Ben, bitte, hör auf. Ich weiß, dass er es nicht so meint. Es tut mir nur für dich leid. Sehr leid.« Ich wandte mich ihm zu und konnte im Mondlicht die Linien seiner wunderbaren Nase erkennen.
    »Ich kann es einfach nicht fassen. Ich komme nicht so oft nach Hause zurück, aber so schlimm war es noch nie. Wenn ich ehrlich bin, habe ich geglaubt, dass Mum übertreibt, als sie am Telefon davon sprach, und deshalb habe ich es völlig vergessen.« Er blickte schuldbewusst auf seinen Schoß.
    Die Heimfahrt verbrachten wir schweigend. Wegen der Dunkelheit konnte ich die Gänse auf den Feldern nicht sehen, aber ich stellte sie mir vor. Ich begriff plötzlich, dass ich in einer richtigen Beziehung war, einer beängstigenden noch dazu, mit »Ich liebe dich« und komplizierten Familienkatastrophen. Ich hatte Angst davor gehabt, wie es sein würde, eine normale Familie kennenzulernen, doch nun sah ich ein, dass es normale Familien wahrscheinlich gar nicht gab. Stattdessen versuchten sehr viele Menschen, ohne ein wichtiges Element zu funktionieren. Mum, Dad, die Kinder und der Hund. Ich dachte an

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