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Eindeutig Liebe - Roman

Eindeutig Liebe - Roman

Titel: Eindeutig Liebe - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jessica Thompson
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die Ruhe im Auge des Orkans. Wenn die Sturmwinde des Lebens gegen mich anpeitschen, erscheint kein Problem mehr ganz so schlimm, wenn wir erst mal bei einer Flasche Wein darüber gesprochen haben.
    Sie ist eine hübsche blonde Rechtsanwaltsgehilfin mit einer niedlichen Nase und so attraktiv, dass es ihr fast schon zum Nachteil gereicht. Männer wollen ihr Superman sein und verstellen sich, wenn sie sie kennenlernen, dabei sucht sie eigentlich nur jemanden, der für sie da ist und keine Spielchen treibt.
    Sie hat bereits einen kleinen Sohn, der vor Kurzem drei geworden ist. Niemand hatte ihr gesagt, dass die Pille nicht schützt, wenn man sich übergeben muss. Als es passierte, waren wir noch keine achtzehn. Ich erinnere mich noch genau: Als sie mir davon erzählte, habe ich ihr die Wimperntusche von der tränennassen Wange gewischt und mir gedacht, dass sie dadurch reifen würde. Und ich habe recht behalten.
    Manchmal wird sie falsch eingeschätzt, aber sie gehört definitiv zu den intelligentesten, stärksten Menschen, die ich kenne, und ich bin jeden Tag froh darüber, ihre Freundin zu sein. Ich werde mit ihr noch einmal über die Sache mit Nick sprechen müssen, um ihr zu sagen, dass es nicht nachlässt. Sie wird wissen, was ich zu tun habe. Das weiß sie immer.
    Heute war ich noch nervöser als sonst, denn um eins sollte ich eine Besprechung mit meinem Boss haben, und ich wusste nicht, worum es dabei ging. Anthony hatte mich noch nie in eine Besprechung unter vier Augen gerufen, deshalb war ich den ganzen Vormittag über aufgeregt. Bei seinem Anruf heute Morgen hatte er sich irgendwie gestresst angehört. Es war das erste Mal gewesen, dass er mich vor neun Uhr anrief.
    Seit ich die Stelle angetreten habe, war ich immer fleißig, deshalb hoffte ich, er hätte mir etwas Positives zu sagen.
    Doch durch meine albernen Tagträumereien war ich auch oft nicht richtig da gewesen, also war es ebenfalls denkbar, dass er mich feuern wollte. Meine Probezeit war noch längst nicht zu Ende, und ich bewegte mich nach wie vor auf dünnem Eis.
    Dass dieses Gespräch bevorstand, hatte zur Folge, dass sich die Zeiger der Uhr besonders langsam bewegten, und jede Sekunde schien länger zu sein als die vorherige. Am liebsten wäre ich auf einen Stuhl gestiegen, hätte die Zeiger vorgeschoben und dabei zugesehen, wie in unserem Büro alles im Zeitraffer geschah.
    Ich versuchte, die Zeit schneller vergehen zu lassen, indem ich das Ziffernblatt meiner Schreibtischuhr in Richtung der geflochtenen Trennwand drehte, und ich verbarg sogar die Uhr auf meinem Computerbildschirm. Wenn ich sie nicht sehen konnte, so sagte ich mir, konnte ich sie auch nicht anstarren.
    Dann stellte ich einen Artikel über Laufschuhe fertig – was einen ordentlichen Brocken meiner Zeit verschlang – und machte so oft Tee, dass ich damit mindestens eine Stunde verbummelte.
    Eine Stunde vor der Besprechung begannen sich meine Gedanken um Pete zu drehen, den Obdachlosen. Vielleicht beruhigte es ja meine Nerven, wenn ich mich auf jemand anders konzentrierte. Wenn ich etwas Gutes tat. Das behauptet jedenfalls mein Dad immer: »Wenn du dir wegen irgendetwas zu viele Gedanken machst, dann tu etwas für jemanden, der echte Sorgen hat. Stell mit deiner Unruhe etwas Produktives an.« Seine Worte gingen mir nicht aus dem Kopf, und ich beschloss, seinen Rat zu befolgen.
    »Lydia?«, rief ich quer durch die Redaktion und lehnte mich zurück. »Du kennst doch den Obdachlosen da draußen, oder?«
    »Ja, Süße.« Ihre Antwort klang dumpf; offenbar kam sie von irgendwo weit weg.
    »Kann ich … äh … kann ich ihm etwas Tee rausbringen, was meinst du?« Sofort kam ich mir blöd vor. Was war nur in mich gefahren?
    Hinter einer Schreibtischtrennwand schob sich ein wilder Haarschopf hervor, gefolgt von einem Paar irre dreinblickender Augen und einem elektrisierend lächelnden Mund.
    »Hmm …« Sie blickte sich um, von links nach rechts. Wahrscheinlich suchte sie nach jemandem, der hier etwas zu sagen hatte. Dann beugte sie sich zu mir vor, sodass mir eine Wolke ihres fruchtigen Parfüms in die Nase stieg, und flüsterte so leise, wie ich es von ihr gar nicht kannte: »Tu das ruhig, aber offiziell habe ich nie was dazu gesagt.«
    Gleich darauf war sie wieder verschwunden und mit ihr das freche Grinsen.
    Also stand ich auf und ging zum Getränkeautomaten. Durch das Fenster sah ich hinaus auf den Parkplatz. Ja, da saß er auf der Bank – eine dünne, gebeugte Gestalt mit vier

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