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Eindeutig Liebe - Roman

Eindeutig Liebe - Roman

Titel: Eindeutig Liebe - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jessica Thompson
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mir selbst.« Drohend schwang sein Arm an seiner Seite, in der Hand hielt er eine neue Bierdose.
    Ich flitzte zurück in den Kopierraum und bat Sandra und Dave, mich kurz in Ruhe zu lassen. »Sandra, bestell den Sicherheitsdienst bitte ab. Es ist alles okay. Ich habe alles unter Kontrolle.«
    Sie machte »T-t-t« und ging weg. Dave flitzte mit einem zufriedenen Gesicht zum Lift zurück.
    Ich atmete tief durch, um mich zu beruhigen, nahm eine Schere und schnitt sorgsam das Foto aus. Dann schweißte ich es in Folie ein, kappte die Ränder und betrachtete die neue Version kritisch. Es war die Anstrengung wert gewesen: Jenny war wunderhübsch, und jetzt würde ihr Bild ewig halten. Der Kunststoff war extrahart und an allen Kanten verklebt. Die Erinnerung an sie würde nicht vom Regen fortgespült, nicht vom Frost gesprengt und nicht von der Sonne ausgeblichen werden.
    Die Freude darüber, etwas geschafft zu haben, wurde allerdings sehr schnell von dem Gedanken überschattet, dass mir meine Aktion wahrscheinlich ziemlich viel Ärger einbringen würde.
    Ich stieg über die Stapel mit den Kopien, die überall auf dem Boden lagen, eilte nach draußen und drückte ihm das alte Foto in die Hand. Er sah mich verwirrt an.
    »Pass auf, Pete, ich muss da sofort wieder rein, aber das ist für dich, okay? Sei nicht sauer auf mich. Ich wollte dir nur helfen.«
    Ich drückte ihm das harte laminierte Foto in die Hand, doch er sah noch immer sehr wütend aus, als er es sich vor das Gesicht hielt und es mit bebenden Nasenflügeln anstarrte. Er sagte nichts, und ich legte ihm sanft die Hand auf die Schulter und drückte sie; dabei bemerkte ich zum ersten Mal, wie knochig er war. »Wir sehen uns«, flüsterte ich leise, dann drehte ich mich um und ging davon. Ein Eichhörnchen saß auf meinem Weg.
    Als ich die Tür erreichte, drehte ich mich noch einmal um, bevor ich hineinging. Petes Rücken zitterte leicht; er hielt sich den Kopf. Einige Sekunden lang blieb ich stehen und sah ihn an. Dann drehte er sich unerwartet um und lächelte mit Tränen in den Augen.
    Freudentränen.
    Ich zog meine Karte durch das Lesegerät, damit ich wieder ins Haus kam, und ging an Sandra vorbei. Obwohl sie mir etwas zuschrie, beachtete ich sie überhaupt nicht. Stattdessen ging ich direkt zum Lift, der zum Glück weit offen stand.
    Dort blieb ich mit rasendem Herzen kurz stehen, doch dann drückte ich entschlossen den Knopf für den dritten Stock.
    Als sich die Türen öffneten, wartete Lydia schon auf mich. »Was zum Teufel hast du gemacht?«, fragte sie lächelnd, dabei hielt sie die Hände vor den Mund, die Handflächen gegeneinander gepresst, als ob sie betete.
    »Nichts, schon gut, lass es einfach gut sein«, entgegnete ich. In meinen Augen brannten Tränen.
    Nick
    Heute Morgen stand Amelia vor meiner Tür – als weinendes, schluchzendes Wrack. Zuerst dachte ich, auf der Veranda würde ein ausgesetztes junges Kätzchen oder ein Hund mit gebrochenem Schwanz heulen.
    »Was willst du?«, fragte ich. Die Tür war bloß einen Spalt weit geöffnet, und auch die Kette lag noch vor, weil ich außer meinen Boxershorts nichts anhatte. Ich habe mich immer an die Regel gehalten, für den Fall, dass mich einmal ein Fremder angriff, mehr als bloß eine Unterhose am Körper zu tragen.
    Amelia war eine Fremde geworden. Sie sah irgendwie anders aus. Ach ja, das war es: Ich liebte sie nicht mehr.
    Menschen sehen anders aus, wenn unsere Liebe zu ihnen erloschen ist. Allerdings war ich mir überhaupt nicht mehr sicher, ob ich wirklich Liebe für sie empfunden hatte – oder für sonst irgendjemanden. Seit ich Sienna kannte, fragte ich mich ständig, ob nicht alle meine bisherigen Beziehungen bloß eine Farce gewesen waren. Bevor ich Sienna begegnet bin, hatte ich noch nie dieses Kitzeln im Bauch. Wie wahre Liebe aussehen konnte, wusste ich nur aus Amelias pastellfarbenen Romanen, die sie neben der Toilette liegen ließ, aus massenproduzierten Popsongs im Radio und aus hirnlosen romantischen Komödien. Und so hatte ich die Symptome bei mir selbst ausgelöst wie eine Scheinschwangerschaft.
    »Bitte geh«, forderte ich unverhohlen, aber ruhig. Ich hatte gewusst, dass sie eines Tages wieder vor der Tür stehen würde, aber ich hätte nie gedacht, dass ich dann so kühl bleiben würde.
    »Aber Nick, bitte, ich kann alles erklären. Ich habe einen schrecklichen Fehler gemacht, und ich liebe dich …« Ihre Stimme versiegte, und sie schob eine ihrer weichen und doch knochigen

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