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Eindeutig Liebe - Roman

Eindeutig Liebe - Roman

Titel: Eindeutig Liebe - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jessica Thompson
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wünscht sich, dass ich verschwinde, vielleicht sogar bei irgendeinem verrückten Skiunfall sterbe, aber ich weiche keinen Schritt zurück. Und auf die Skipiste gehe ich auch nicht.
    Es war ein warmer Samstagmorgen. Ich zog gestreifte Shorts an, dazu Sandalen und ein T-Shirt, dann machte ich mich auf den Weg zu Sienna.
    Je länger die Hitze über London lag, desto mehr junge Mädchen waren zu sehen, die gleichzeitig immer weniger trugen. Das gefiel mir. Die Sonne vollführte ihre kleinen Wunder, indem sie den Frauen wunderschöne kleine Sommersprossen in die Gesichter zauberte und sie dazu brachte, Miniröcke und hauchdünne Tops zu tragen. Überall war Haut zu sehen – lange sexy Beine, die die Straßen entlangstolzierten, wohlgeformte Hinterteile und tief ausgeschnittene Kleider. Mich trieb das in den Wahnsinn.
    So frustrierend ich die Situation mit Sienna auch fand, ich genoss mein Singledasein wirklich, auch wenn ich schon achtundzwanzig war.
    Nick. Single. Achtundzwanzig. Das klang nicht schlecht. Mir jedenfalls gefiel es.
    Ein paar Verabredungen hatte ich gehabt, und einige davon waren großartig gewesen. Abende voller Lachen und Flirts mit hübschen Frauen, die manchmal in hemmungsloser Leidenschaft endeten. Ich hatte ganz vergessen, was für einen Spaß es machte, Single zu sein. Tiefe Gefühle hatte ich für keine dieser Frauen empfunden – es war immer nur der berühmte Spaß für eine Nacht gewesen.
    Mit der U-Bahn sind es nur zwei Stationen bis zu Sienna, aber in dem ganzen Jahr seit Beginn unserer Freundschaft habe ich noch keinen Schritt in das Mietshaus gesetzt, in dem sie wohnt. Ich fand es immer sehr merkwürdig, dass sie mich nie hineinbat, zumal sie so sehr an die Wohnung gefesselt zu sein scheint. Manchmal erhielt sie einen Anruf und musste dann dringend nach Hause, aber sie sagte mir nie, wieso.
    Dan war übers Wochenende mit seinen Freunden – die genauso albern waren wie er – nach Amsterdam gereist, und Sienna hatte am Tag zuvor bei der Arbeit davon gesprochen, dass sie den Tag zu Hause verbringen und alte Filme sehen wollte. Deshalb fand ich, es wäre eine gute Idee, sie zu überraschen und ihr die CD zu bringen.
    Ich ging langsam zu ihrem Haus und hoffte, dass ich das Richtige tat.
    Die Sonne knallte auf mich runter, und meine Hände wurden ein bisschen feucht. Ich drückte auf den Klingelknopf und wartete.
    »Hallo?«, hörte ich eine männliche Stimme aus der Gegensprechanlage.
    »Äh, hi …«, begann ich und bereute sofort, was ich da tat. Wer war dieser Kerl? Ihr Vater vielleicht? Woher sollte ich das wissen – sie hatte immer so ein Geheimnis darum gemacht.
    »Hier ist Nick. Ich möchte Sienna besuchen.«
    Der Mann zögerte kurz. »Oh, hallo, kommen Sie rauf.«
    Dann hörte ich ein Summen, und die schwere Haustür öffnete sich. Ich schob die CD hinten in den Hosenbund und ging die Treppe hinauf. Das Treppenhaus war düster und roch nach Chlor. Alles war sehr sauber, weiß und funktional.
    Der Mann erwartete mich an der Wohnungstür. »Nick. Wie schön, Sie kennenzulernen«, begrüßte er mich mit einem freundlichen Lächeln. Es wirkte fast, als würde er mich bereits gut kennen. Die Begrüßung ließ Panik in mir aufsteigen – ich musste ihm eine sehr peinliche Frage stellen.
    »Entschuldigen Sie bitte, aber wer sind Sie?«, fragte ich und fuhr mir nervös durchs Haar.
    Er wirkte etwas erstaunt, wie er da in seiner karierten Pyjamahose und einem ausgebeulten Pullover vor mir stand. »Ich bin Siennas Vater«, erklärte er. Ein Hauch von Enttäuschung lag in seiner Stimme. »Ich heiße George.«
    Er war ganz anders, als ich ihn mir vorgestellt hatte. Und ich war froh, endlich den Mann kennenzulernen, der Sienna großgezogen hatte. Wenn er eine Tochter wie sie hatte, musste er ein höllisch netter Kerl sein. Allerdings war ich von seinem Anblick ein bisschen entsetzt. Der Mann vor mir war blass, zerbrechlich und sah älter aus, als er war. Die Haut in seinem Gesicht wirkte irgendwie durchscheinend, als wäre sie aus Papier – so, als wäre er schon sehr lange nicht mehr draußen gewesen. Ich konnte mir nicht erklären, wie das sein konnte.
    Das dünne Haar auf seinem Kopf war silbern, seine Lippen schmal und runzlig. An seiner Stirn entdeckte ich eine tiefe Narbe.
    Vielleicht hatte er gestern Abend einfach ein bisschen zu viel getrunken, oder ich hatte mich verhört, als Sienna mir sagte, er sei erst sechsundvierzig. Aus irgendeinem Grund hatte ich erwartet, dass er eine große

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