Eindeutig Liebe - Roman
ist es ja gerade, was mir so an ihr gefällt – dass sie es nicht weiß.
Schlecht ist, dass sie furchtbare Musik hört, The Kooks und die Pussycat Dolls. Ich glaube, ich habe sogar einmal was von den Backstreet Boys auf ihrem iPod gefunden … Diese Musikfrage, dieses Elend, steht heute auf meiner Tagesordnungsliste. Ich habe eine neue CD gekauft, und jedes Mal, wenn ich sie höre, muss ich an Sienna denken; deshalb finde ich, sie muss sie auch hören. Natürlich werde ich ihr nicht verraten, dass die Liedtexte und die sanften Gitarrenmelodien in mir genau das gleiche Gefühl wecken wie sie, wenn sie bei mir ist. Trotzdem hoffe ich, dass sie auch jedes Mal diese Wärme spürt, wenn sie die CD abspielt. Ich hoffe, sie macht Sienna glücklich.
In letzter Zeit ist sie nicht mehr ganz sie selbst, nicht mehr so aufgedreht. Sie wirkt ein bisschen müde und abgespannt, und das bereitet mir Sorgen. Ich glaube, das liegt an der Pfeife, mit der sie im Moment ausgeht.
Offen gesagt: Er ist ein Idiot. Jedes Mal, wenn wir uns auf einer Party treffen, muss ich ganz kumpelhaft mit ihm umgehen – und das, obwohl ich ihm am liebsten mit dem Cocktailspieß ein Auge ausstechen würde. Er hat eine ekelhaft selbstgefällige Art und behandelt Sienna nicht so, wie sie es verdient.
Er heißt Daniel House und ist Grundschullehrer, aber gleichzeitig auch Rockband-Heini.
Ich kann ihn nicht ausstehen. Er ist fünfundzwanzig, gelt sich sein wirres dunkles Haar so, dass es in albernen Winkeln absteht, und trägt prätentiöse alte T-Shirts mit Slogans, die er gar nicht versteht.
Daniel House ist ein weiterer Grund dafür, dass ich weiß, dass Sienna nie für mich empfinden könnte, was ich für sie empfinde, denn wir könnten unterschiedlicher gar nicht sein. Seine Jeans sind so eng, dass er davon Durchblutungsprobleme bekommen muss, aber dafür gucken seine Boxershorts am Hintern raus. Am liebsten möchte ich das Ding packen, es herauszerren und ihm dann über beide Ohren ziehen. Seine Freunde nennen ihn Housey, meine Güte … Jeder Mann, der sich regelmäßig mit dem Nachnamen anreden lässt, kommt entweder von einer Privatschule oder ist ein Idiot – oder, noch wahrscheinlicher, beides.
Ich verstehe nicht, was sie an ihm findet. Ehrlich nicht. Klar, er sieht ganz gut aus – für einen Kerl, meine ich. Trotzdem begreife ich es nicht. Ich weiß nicht, was sie in ihm sieht, aber natürlich kapiere ich, was er von Sienna will. Sie ist so schön, dass die Männer sie umschwärmen; aber dann wissen sie nie so genau, was sie mit ihr anfangen sollen, wenn es darauf ankommt.
Dans Gigs sind ebenfalls großer Mist. Ich bin bei einigen seiner Auftritte gewesen und habe mich verzweifelt bemüht, nicht laut zu lachen, wenn er auf der Bühne stand. Doch dann habe ich mich umgedreht und gesehen, wie Sienna ihn anhimmelte. In dem Moment habe ich begriffen, dass ich es einfach wie ein Mann nehmen und die Schnauze halten muss.
»Also magst du Che?«, fragte ich ihn einmal, als wir in einem Pub zu Mittag aßen, und zeigte auf das zum Sinnbild gewordene Gesicht, das auf seinem T-Shirt prangte.
»Wen?«, fragte er zurück und sah verwirrt an sich hinunter.
»Na, Guevara, der Kerl auf deinem T-Shirt?« Ich musterte ihn von oben bis unten und hoffte um Siennas willen, dass an dem Burschen mehr war als nur teure Kleidung und gemeißelte Jochbeine. Gleichzeitig wollte ich sein Gesicht in eine große Schüssel Reis drücken.
»Ach so, ja, das ist einer meiner Lieblingsgitarristen«, erwiderte er völlig ahnungslos.
Fast wäre ich an einem Stück Wurst erstickt.
Aber damit nicht genug! Er versetzt sie regelmäßig und schenkt ihr nicht die Aufmerksamkeit, die sie verdient – mit seinen sogenannten Bandkollegen verbringt er mehr Zeit als mit ihr.
Natürlich himmelt sie ihn an. Aber die Frauen fahren ja immer auf die Rebellen ab, von denen sie mies behandelt werden, oder?
»So ist er eben, Nick«, protestiert sie, wenn ich ihr sage, dass er der größte Drecksack ist, dem ich je begegnet bin.
»Wie? Ein Arschloch?«
»Nein, kein Arschloch, er hat nur … wenig Zeit«, entgegnet sie dann. Normalerweise sieht sie mich danach nicht mehr an, denn wir wissen beide, dass sie bloß nach Ausflüchten sucht. Zwei-, dreimal habe ich auf Partys erlebt, wie sie weinend an der Garderobe stand, während er den Arm um ihre Taille geschlungen hatte und beschwichtigend auf sie einredete.
Seine Zeit ist langsam vorbei, und das weiß er auch. Ich bin mir sicher, er
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