Eindeutig Liebe - Roman
Licht, Kichern und der Geruch seines Rasierwassers, das mich nach ihm gieren ließ.
Er war albern. Komisch. Sogar richtig lustig. Je mehr wir tranken, desto amüsanter wurde es. Ich forderte ihn auf, die Zitronenscheibe zu essen, die in seinem Drink schwamm. Er tat es und verschlang sie mitsamt Schale. Dann forderte er mich auf, in seinen Schuhen zur Toilette zu gehen und dabei ernst zu bleiben. Ich tat es.
Weil ich nach dem langen Tag müde war, trug er mich huckepack eine lange gerade Straße entlang, die von teuer aussehenden Platzkübeln gesäumt wurde, in denen Blumen wuchsen. Wir wussten beide nicht, wie spät es war. Es kam uns vor, als würde der Mond auf uns herabschauen und lächeln.
Ich versuchte, mich zu revanchieren, aber Nick war schwerer, als ich gedacht hatte, sodass meine Beine unter seinem Gewicht und meinem Gelächter nachgaben. Nach etwa dreißig Sekunden und einem Meter Torkeln landeten wir beide kreischend auf dem Asphalt und schlugen uns die Knie auf. Eines seiner Beine hing in einem Blumenkübel fest. Ich konnte nicht mehr atmen, während ich laut kichernd auf dem kalten Stein lag.
Mir dämmerte, dass sich eine echte Freundschaft zwischen uns entwickelte. So sehr hatte ich mich noch zu keinem Mann hingezogen gefühlt. Doch obwohl ich ihn so sehr begehrte, war das Gefühl nicht ungetrübt, denn ich war mir sicher, dass Nick für mich nicht das Gleiche empfand. Mir dämmerte schon in diesem frühen Stadium, dass ich mich vielleicht in ihn verlieben könnte. Dann käme es möglicherweise wieder zu einem Sturz, aber statt zu lachen, würde ich dann weinen. Diese Vorahnung machte mir Angst. Ich hatte so etwas noch nie empfunden, und es erfüllte mich mit einem Entsetzen, das genauso groß war wie mein Entzücken. Ich war noch nie verliebt gewesen. Ich wusste auch nicht, wie es sich anfühlte, geliebt zu werden. Liebe machte mir Angst. Nähe machte mir Angst. Das hier machte mir Angst.
Deshalb traf ich noch während unserer Geschäftsreise eine Entscheidung: Mir war klar geworden, dass ich diese Herzensangelegenheit ganz für mich behalten musste – zu meinem eigenen Schutz. Die Freundschaft zu Nick hatte das Potenzial, zu einzigartig zu werden, als dass ich sie durch den Schmerz fehlgeleiteter romantischer Absichten hätte zerstören dürfen. Außerdem arbeiteten wir im gleichen Verlag. Es wäre bloß ein riesiges Durcheinander. Während ich ihm einerseits das Hemd mit den Zähnen herunterreißen wollte, sehnte ich mich zugleich danach, dass er auf Dauer zu meinem Leben gehören würde. Doch wenn ich das wollte, durfte er niemand sein, dem ich aus dem Weg ging, weil er mich verletzt hatte. Und wenn wir einfach gute Freunde wären, hätte ich dennoch etwas ganz Besonderes. Wenn es dazugehörte, dass ich meinen Stolz herunterschluckte und ihm eine starke Schulter bot, wenn er verletzt wurde, oder ihm zuzuhören, wenn er wütend war, so war ich bereit, es zu tun – und zwar mit Würde.
Sicher würde die körperliche Anziehung sich mit der Zeit verlieren. Frauen würden kommen und gehen, aber unsere Freundschaft würde bleiben. Ich hatte soeben begriffen, wie unglaublich glücklich ich mich schätzen konnte, ihn überhaupt kennengelernt zu haben. Und wenn ich klug war, riss ich mich zusammen und machte mir das immer wieder klar.
Ich traf eine Entscheidung: Ich musste meine Gefühle zügeln, und zwar sofort. Jawohl, sofort.
»Ich liebe deine Tochter. Ganz furchtbar.«
Nick
Nun liegt es über ein Jahr zurück, dass Sienna in mein Leben getreten ist und es auf den Kopf gestellt hat. Und jedes Mal, wenn ich sie zu Gesicht bekomme, verehre ich sie mehr. Das habe ich ihr aber noch nie gesagt, und inzwischen habe ich zu viel Zeit verstreichen lassen. Wie oft sind mir die Worte im Hals stecken geblieben; nie haben sie den Weg nach draußen gefunden, und jetzt haben wir dieses entsetzliche Verhältnis zueinander: ein freundschaftliches. Komplett mit Umarmen, Luftküsschen, Haarezerzausen – und einer Armeslänge Abstand.
Sie geht mit völlig unpassenden Typen aus, Feiglingen, die mit ihr nicht umgehen können, Idioten und Lügnern, die sie hinhalten. Aber weil sie stets versucht, das Gute in den Menschen zu sehen, landet sie immer bei Männern, die sich niemals ändern werden, und am Ende ist sie jedes Mal enttäuscht. Zudem hat Sienna keine Ahnung, wie schön sie ist – was wahrscheinlich sogar ganz gut ist, denn wenn sie es wüsste, wäre sie nicht mehr das Mädchen, das ich so sehr mag. Das
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