Eindeutig Liebe - Roman
eine Hose über, damit mein Ständer nicht mehr zu sehen war.
Mein Oberkörper war noch immer frei. Verdammt! Wo war mein T-Shirt? Ich fischte am Fußboden herum und fand eins. Doch als ich mich wieder aufrichtete, stieß ich mir an einer offenen Schranktür den Schädel. Ich hätte auf das hören sollen, was meine Mutter mir immer zu offenen Schranktüren gesagt hatte. Das hier war die Art von Schmerz, bei der man sich fragte, ob einem der Schädel gespalten worden war, sodass das Gehirn einen kleinen Spaziergang machen konnte.
»Mist!«, brüllte ich. Es hatte wirklich verdammt wehgetan. Ich biss die Zähne so fest aufeinander, dass ich Angst bekam, sie könnten abbrechen und mir aus dem Mund fallen wie Pennys aus einem zerbrochenen Sparschwein.
»Nick! Komm her!«, rief Sienna, als ich ins Bad stürmte und die Tür hinter mir schloss. Ich setzte mich auf den Toilettendeckel und krümmte mich zusammen. Dabei presste ich die Hände auf meinen Kopf, um den pochenden Schmerz zu lindern. Atme. Komm schon, atme einfach nur. Mich erfüllte ein demütigender Zorn. Tränen des Schmerzes und der Frustration traten mir in die Augen. Ich fühlte mich wie ein Idiot und empfand eine Mischung aus Wut und tiefer Enttäuschung. Dabei wusste ich nicht mal, was mehr wehtat – das oder mein Kopf. Himmel, sie hatte nur den Arm um mich gelegt, und ich plante schon den Wochenendeinkauf mit ihr. Was war ich nur für ein Blödmann! Für jemanden, der auf die dreißig zuging, konnte ich manchmal wirklich furchtbar naiv sein. Das war es. Das war mein Weckruf gewesen. Es wurde Zeit, sich der Wirklichkeit zu stellen.
Sanft klopfte es an die Tür, als wollte ein kleiner Engel herein. Eine so vernichtende Wut konnte man Sienna gegenüber kaum lange aufrechterhalten, aber meine Verlegenheit zog die Bitterkeit, die ich ihr gegenüber empfand, in die Länge. Sie brannte wie eine frische Schnittwunde und ging nicht weg.
»Nick! Bitte komm heraus. Ich mache mir Sorgen um dich …« Es folgte eine lange Pause, in der ich überlegte, ob die Situation überhaupt noch schlimmer werden konnte.
»Nick?«, fragte sie leise.
Ich musterte mich im Spiegel und sah einen Idioten mit blutunterlaufenen Augen. Mein Haar war auf dem Schädel ziemlich platt gedrückt, nur ein paar Stacheln standen am Hinterkopf ab wie Radioantennen. Ich versuchte, die Trümmer meines männlichen Stolzes – die ringsum verstreut herumlagen – einzusammeln, und ging zur Tür. Langsam öffnete ich sie und lugte durch den winzigen Spalt zwischen dem Rahmen und der Tür aus knorriger Kiefer.
Sienna schob den Arm durch den Spalt und zog mich zu sich. Das war ein Angriff aus dem Hinterhalt, den ich nicht abwehren konnte. »Komm her«, bat sie und drückte mich fest. Ich versuchte ihre Arme wegzuschieben, aber das klappte nicht.
Dann fuhr sie mit den Fingern vorsichtig über meinen Kopf. Ein heftiger Schmerz trieb mir die Tränen in die Augen, als sie die empfindliche Stelle fand. Ich hatte am ganzen Körper Gänsehaut und fühlte mich geradezu exponiert.
»Ach, Bärchen, das gibt eine Beule«, sagte sie und zog mich noch näher zu sich heran.
Ich musste einfach kichern, da konnte ich mich so sehr aufs Schmollen konzentrieren, wie ich wollte. Diesen Kosenamen hatten wir einmal im Zug gehört, und ich hätte fast gebrüllt vor Lachen. Jetzt baute er langsam den Schmerz ab, den mein arg mitgenommenes Ego erlitten hatte.
»Es ist schon okay, Si. Du brauchst mich nicht zu bemuttern«, entgegnete ich. Ich tat noch immer so, als hätte ich ihren Arm nicht bemerkt. Wenn ich nicht mal mit einer kleinen Beule zurechtkam, würde meine Männlichkeit noch viel stärker leiden.
»Bist du sicher?« Sie straffte ihre Haltung und sah mich an. Ich konnte die Angst in ihren Augen sehen. Sie wusste, dass ich es wusste. Ich wusste, dass sie es wusste.
Obwohl wir gestern gesoffen und gequalmt hatten, sah sie ganz frisch aus. Ich war mir ziemlich sicher, dass ich aussah wie ein gebrauchter Teebeutel – und auch so roch. Ein paar dunkle Haarsträhnen fielen ihr ins Gesicht, sodass es aussah, als betrachte sie mich durch die spitzen, dicken Blätter einer tropischen Pflanze. Sie war furchtbar schön.
Ein paar Sekunden lang standen wir voreinander und starrten uns an. Und das war der Moment, in dem sich alles änderte. Dieser Moment zwischen mir und Sienna war der Beginn einer Veränderung in unserer Beziehung. Ich musste aufhören, sie zu lieben.
»Ist es nicht Zeit, dass du ... na ja ...
ihn
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