Eindeutig Liebe - Roman
dass ich vielleicht ein bisschen erwachsener reagieren sollte. Immerhin werde ich dieses Jahr dreißig, du meine Güte! Ich muss es einfach schaffen, damit umzugehen. Und wenn ich nicht damit umgehen kann, dass eine so wunderschöne junge Frau wie Chloe mit mir zusammenwohnen möchte, dann stimmt wohl wirklich etwas nicht mit mir.
An den meisten Abenden der Woche kommt sie vorbei und bleibt dann über Nacht, was ich zuerst als schwierig empfand, aber mittlerweile gefällt es mir sehr gut. Ich glaube, ich bin ein wenig selbstsüchtig geworden, während ich allein gelebt habe. Man will tun, was man will, wann man es will und wie man es will. Aber ich liebe es einfach, die ganze Nacht lang ihre Wärme neben mir zu spüren und aufzuwachen, wenn sie den Kopf an meine Brust schmiegt. Sie ist wunderschön, und ich hoffe, wir schaffen es. Außerdem fahre ich wirklich voll auf sie ab.
Trotzdem gibt es ein großes Problem bei der ganzen Sache: Sienna. In letzter Zeit war sie der Gegenstand von mehreren heftigen Streits. Sie selbst ahnt nicht im Geringsten, was da los ist. Das spektakulärste Feuerwerk dieser Art ging heute Abend los, und das kam ungefähr so:
»Sienna und ich überlegen, am nächsten Samstag auf diese Straßenkunstausstellung zu gehen, Chloe. Ich kann es kaum erwarten. Bleibt es dabei, dass du an dem Wochenende mit den Mädels unterwegs bist?«, fragte ich unschuldig, während wir durch Balham fuhren.
Chloe hatte ein Wellnesswochenende mit ihren Freundinnen geplant, von denen ich die meisten nicht ausstehen kann. Ich hatte mir schon ausgemalt, wie ein paar von ihnen in einer Sauna eingeschlossen werden und deutlich kleiner und stiller wieder herauskommen. Natürlich nicht Chloe …
Sofort verdunkelte sich das Gesicht meiner Freundin und nahm denselben zornigen Ausdruck an wie jedes Mal, wenn Siennas Name fällt. Aber dafür gibt es wirklich keinen Grund. Ich bin über Sienna hinweg – ganz und gar –, und außerdem ist nie etwas zwischen uns passiert.
»Ja, bin ich«, antwortete sie knapp und sah aus dem Fenster. Dabei verdrehte sie jedoch ihren Hals so sehr, dass nicht zu übersehen war, dass sie versuchte, etwas zu verbergen. Außerdem spielte sie mit einem der Ringe an ihren Fingern – das war nie ein gutes Zeichen. Das machte sie nur, wenn sie richtig sauer war.
Während wir aus Balham heraus und nach Westlondon hineinfuhren, herrschte zwischen uns eisiges Schweigen.
»Chloe, komm schon. Du weißt genau, dass wir so etwas gerne machen. Wo ist das Problem?«, fragte ich schließlich. Ich bemerkte, wie sie vor unterdrückter Wut die Füße in den Fußraum stemmte.
Schweigen. Noch mehr Schweigen.
Ich fuhr an den Straßenrand und hielt. Das musste jetzt ein für alle Mal geklärt werden. Ich war den stillen Protest leid, der jedes Mal folgte, wenn ich den Namen meiner besten Freundin erwähnte.
»Chloe, ich denke, wir müssen darüber reden«, begann ich, atmete tief durch und spielte an dem birnenförmigen Lufterfrischer, der am Rückspiegel baumelte.
»Ich will nicht darüber reden«, erwiderte sie. Es klang, als fletsche sie die Zähne.
»Bitte sieh mich an, Chloe. Wo ist das Problem?« Ich drehte mich zu ihr und berührte ihren Arm. Doch sie riss ihn heftig weg und steckte ihn in die Strickjacke von Zara, die ich ihr zum Geburtstag geschenkt hatte. Eigentlich hatte ich das Ding nicht gekauft, damit sie sich darin versteckte, wenn sie sauer auf mich war.
»Na, wir fahren aber nirgendwohin, bevor wir das geklärt haben«, sagte ich, legte die Hände auf das Lenkrad und stellte den Sitz zurück in eine bequemere Stellung. Das hier konnte eine Weile dauern.
Regen schlug gegen die Scheiben. Ich sah zu, wie die Tröpfchen zur Unterkante des Glases jagten. Der Anblick nahm mich gefangen. Sekunden verstrichen, Minuten …
Peng. Die Beifahrertür war heftig zugeknallt worden; die Duftbirne schwang ängstlich hin und her. Als ich neben mich sah, war der Sitz, auf dem Chloe gesessen hatte, leer. Im Leder war eine leichte Beule, und man spürte dort noch ihre Wärme. Sie war ausgestiegen und stürmte die Straße entlang; ein Stück weiter sah ich kurz ihr blondes Haar aufblitzen. Mist!
Ich sprang aus dem Wagen, schlug die Tür hinter mir zu, verriegelte sie per Fernbedienung und hetzte hinter Chloe die Straße entlang. Es regnete jetzt stärker, und ich spürte, wie meine Jeans nass wurde. Meine Turnschuhe klatschten auf den glänzenden Asphalt, mein Hemd klebte an meinem Bauch. Chloe ging trotz
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