Eine andere Art von Ewigkeit: Lilith-Saga: 2 (German Edition)
Geld kann er sich neu beschaffen.
Ein zweiter Schuss ertönt und die Lehne des Sessels, in dem Rudi sitzt, wird von einer klebrigen Substanz überzogen. Ich blicke auf die Stelle, an der Rudis Gesicht gewesen ist und mir wird übel. Mit Erstaunen registriere ich, dass der Anblick Sina nicht abstößt. Er lässt sie vollkommen kalt.
„Blöde Schwuchtel“, meint der Angreifer verächtlich und wischt die Diamanten mit seiner freien Hand zu Boden. Vor mir ist die übergroße Mündung der Pistole. Sie deutet genau zwischen meine Augen. Ich warte auf den Todesschuss und schicke mich an, den Körper rechtzeitig zu verlassen.
Wir schicken uns an, aus dem sterbenden Körper zu flüchten.
Nichts geschieht. Stattdessen ertönt ein metallisches Klirren. Ich blicke auf die Tischplatte. Der Angreifer hat ein paar Handschellen darauf geworfen.
„Leg dir die Dinger an, du Ausgeburt der Hölle“, befiehlt er.
Zögernd gehorche ich. Das Metall der Stahlbänder ist kalt an meinen Handgelenken und sie schmerzen, als ich sie schließe.
Ich hebe meine aneinandergefesselten Arme, um ihm zu zeigen, dass ich ihm gehorcht habe, dass von mir keine Gefahr mehr ausgeht, dass er mich nicht auch noch erschießen muss.
In meinen Gedanken arbeite ich unentwegt an meinen Optionen, mich zu befreien. Er ist ein gesunder junger Mann und ich weiß, dass ich attraktiv bin. Vielleicht bietet sich hier eine Möglichkeit, die ich nutzen kann. Ich muss nur eine Zeitlang mit ihm alleine sein. Alles andere wird sich von selbst finden. Dessen bin ich mir gewiss.
… Und wenn ich ihn habe, wo ich ihn haben will, wenn ich die Situation kontrolliere, wird er büßen. Ich werde ihn umbringen.
Wir beide
werden ihn umbringen - und jeden Moment seines Todeskampfes genießen.
Im Vorraum ertönen Schritte. Zwei andere Männer kommen herein. Sie bewegen sich ohne Hast direkt auf mich zu und bleiben vor mir stehen. Einer schiebt den Ärmel meiner Jacke nach oben und zerreißt meine Bluse, bis meine Armbeuge sichtbar wird. Der zweite nimmt eine Spritze aus einem Etui, klopft ein Luftbläschen aus der Kanüle, während er sie gegen das Licht hält. Dann rammt er mir die Nadel tief in meinen Arm und drückt den Inhalt in mich hinein.
Unverzüglich wird mein Arm heiß, die Hitze verteilt sich rasend schnell in mir, bis ich das Gefühl habe, innerlich zu verglühen. Ich verliere die Fähigkeit zu sprechen, ich verliere die Fähigkeit zu sehen, ich verliere die Fähigkeit zu hören und schließlich ist da nur noch das Nichts, das mich empfängt und fortreißt.
Das Wasser schwappte über.
Es klatschte auf meine bloßen Füße und brachte mich zurück.
Ich befand mich vor unserer Treppe und stierte hinauf. Oben stand Mozart in der offenen Tür, er hielt seinen Kopf schräg und wedelte mir verhalten entgegen.
Ich hielt mich krampfhaft an der Schüssel fest. Innen bewegte sich das verbliebene Wasser noch immer hin und her. Ich suchte Orientierung, während meine Gedanken rasten.
Sie hieß Sina van de Kerkhoff, sie handelte mit Diamanten und sie hatten sie gefangen. Ich konnte mir vorstellen, was auf sie wartete. Ich hatte es selbst am eigenen Leib erleben müssen. Niemand verdiente es, einer solch grausamen Folter unterzogen zu werden. Aber ich konnte Sina nicht helfen - so sehr ich mir das auch wünschte. Ich hatte keine Ahnung, wo sie sich im Moment aufhielt.
Mozart bellte leise.
„Ich komme ja schon“, sagte ich und stieg Schritt für Schritt die Treppe empor.
11
Cunningham war gegangen. Wie ein geprügelter Hund hatte er Elisabeth verlassen.
Elisabeth genoss die Einsamkeit.
Vor ihr in dem gigantischen Reagenzglas zuckte die Seele Hetmanns in Erinnerung der Schmerzen, die sie erlitten hatte. Ihr Todeskampf hatte bereits eingesetzt, sie zappelte ohne jede Kontrolle, kraft- und widerstandslos.
Der Anflug eines neckischen Lächelns umspielte Elisabeths Lippen. Sie setzte sich auf den Beobachtungsstuhl und tippte spielerisch auf den Hitzeregler.
Die Flammen schossen empor. Die Seele brüllte und warf sich in Agonie hin und her. Sie prallte gegen die Wände des Gefäßes, in dem sinnlosen Versuch, ihrem Gefängnis zu entkommen.
Elisabeth drosselte die Flammen, das surrende Geräusch des Feuers und die Laute der gequälten Seele wurden leiser.
Eine Zeitlang beherrschte sich Elisabeth, dann drehte sie die Anlage auf volle Leistung. Die Schreie drohten, das Glas zu zerbersten. Die Seele sprang wie ein Gummiball auf und ab, ihre Konturen
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