Eine andere Art von Ewigkeit: Lilith-Saga: 2 (German Edition)
mir einen kurzen forschenden Blick zu und als ihm meine Miene sagte, dass ich keine Ruhe geben würde, antwortete er mir.
„Um zu spüren, dass er lebt und dass er grenzenlose Macht besitzt, begibt er sich vorsätzlich in extreme Situationen. Situationen, in denen er sein Leben aufs Spiel setzt, sein gesamtes Kapital, seinen Ruf, meinetwegen auch seine Gesundheit. Erst in diesen Momenten fühlt er sich vollkommen lebendig und kostet sie mit einer grenzenlosen Genusssucht aus.“
Seine Worte riefen bei mir eine Gänsehaut hervor.
„Wenn ich dich so reden höre, denke ich fast, dass du ihn in diesen besonderen Momenten bereits mindestens einmal begleitet hast“, bemühte ich mich, seine Antwort zu interpretieren.
Asmodeo verzog seinen Mund zu der Andeutung eines Grinsens. „Ich war nicht immer ein braver Junge. Bevor ich dich kennenlernte, war mir häufig langweilig .“
„ Langweilig ?“
Verlegen blickte mich Asmodeo an, doch da war außerdem der Anflug eines dämonischen Funkelns in seinen Augen.
„Na du weißt schon. Wenn du fast alles gesehen und fast alles erlebt hast, wenn es kaum mehr etwas gibt, was du noch nicht besessen oder zerstört hast. Dann wird es dir langweilig und du suchst nach Abwechslung und Zerstreuung .“
Bei seiner derartig ungeschminkten und rigorosen Ehrlichkeit musste ich gegen meinen Willen lächeln. „Und, ist dir im Moment auch langweilig?“
Asmodeo runzelte die Stirn und gab sich den Anschein, krampfhaft nachzudenken.
„Ich bin mir nicht sicher“, sagte er mit seiner samtenen Stimme, in die er leisen Zweifel legte.
Ich beugte mich zu ihm herüber und küsste ihn flüchtig auf den Mund.
„Vielleicht ist mir auch öde“, flötete ich zuckersüß.
„Touché“, gestand er, ein spitzbübisches Lächeln im Gesicht. Mit einem Ruck zog er mich an sich und unsere Lippen trafen sich zu einem langen, intensiven Kuss.
Uns beiden war eindeutig nicht langweilig.
8
Ich schmiegte mich an Asmodeo, hatte die Augen geschlossen und hing meinen Gedanken nach. Mein Kopf, der auf Asmodeos Oberkörper lag, wurde von jedem seiner Atemzüge sanft hin- und hergeschaukelt.
„Clement begibt sich in Extremsituationen?“, fragte ich nach einer Weile.
Es dauerte, bis Asmodeo reagierte. Ich dachte schon fast, dass er mich nicht gehört hatte und wollte meine Frage wiederholen. Als er mir schließlich doch antwortete, klang seine Stimme kalt und schneidend. „Er spielt mit dem Tod und dem Verderben, wenn du es genau wissen willst.“
„Weiß Johannes davon?“
Diesmal kam seine Erwiderung prompt. „Das kann ich mir nicht vorstellen. Clement ist sehr diskret. Er ist immer darauf bedacht, seine - nennen wir es einmal – Süchte unter Ausschluss der Öffentlichkeit auszuleben.“
„Aber bei dir hat er eine Ausnahme gemacht“, stellte ich fest. Mein Bauchgefühl hatte mich nicht getäuscht. Asmodeo hatte zumindest in früheren Zeiten eine engere Beziehung zu Clement gepflegt.
Asmodeo schnaubte. „Ich bin ja auch der Teufel in Person. …Aber dennoch hat er es heute zutiefst bedauert, dass ich die dunklen Seiten seiner Persönlichkeit kenne. Ob er das auf Dauer hinnimmt, ist mehr als fraglich.“
Ich hörte in meinem Kopf Johannes Worte, als er von den Unregelmäßigkeiten in den Bilanzen des Konzerns berichtet hatte. Laut sagte ich: „Du hast vorhin angedeutet, dass sich diese Grundeinstellung von Clement auch in seinen Geschäften niederschlägt.“
Asmodeo strich mir durchs Haar und wickelte eine meiner Haarsträhnen um seinen Zeigefinger. „Clement ist der geborene Spieler. Und sein Lieblingsspiel ähnelt im übertragenen Sinne dem russischen Roulette. Er setzt alles auf eine Karte, riskiert mehr als jeder andere. Er spielt stets auf Leben und Tod. Und seltsamerweise hat er damit immer Erfolg.“
Meine Bedenken wuchsen und ich sprach sie aus. „Was passiert aber, wenn er einmal scheitern sollte? Wenn seine Glückssträhne zu Ende geht?“
Asmodeo gab meine Locke frei. „Clement würde das nicht akzeptieren können. Für ihn wäre das eine persönliche Beleidigung. Und er würde sich mit Gewalt holen, was ihm seiner Meinung nach zusteht.“
„Welch faszinierender Bursche“, kommentierte ich und bemühte mich um Sachlichkeit, auch wenn meine Gedanken um die Frage kreisten, ob Clement rücksichts- und hemmungslos genug wäre, notfalls auch gegen Johannes, seinen Bruder, vorzugehen.
Asmodeo schien meinen inneren Tumult nicht zu bemerken. „Früher fand ich
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