Eine andere Art von Ewigkeit: Lilith-Saga: 2 (German Edition)
Clement tatsächlich interessant. Er hat viel böses Potential, das er im Laufe der Jahre prächtig entwickelt hat. Das kann sehr kurzweilig sein.“
Ich antwortete Asmodeo nicht, sondern spürte seinen letzten Worten nach. Ich hatte meine Aussage, dass Clement faszinierend sei, anders gemeint. Sarkastisch. Aber jetzt gestand ich mir ein, dass von Clement tatsächlich eine unglaubliche Faszination ausging - eine abstoßende und abschreckende Faszination. So sehr mich Clement beunruhigte, so sehr er mich beinahe anwiderte, so sehr fühlte sich ein Teil von mir von ihm angezogen. Vergeblich versuchte ich, diese Diskrepanz meiner Emotionen, dieses Hin- und Hergerissensein zu begreifen und musste mir eingestehen, dass ich es nicht konnte.
Ich gähnte. „Asmodeo, ich bin wirklich todmüde.“
„Dann sehen wir uns heute Nacht nicht?“ Es war mehr eine Feststellung, denn eine Frage. Ich sah auf, suchte aber erfolglos nach Emotionen auf seinen Zügen, die mir bestätigt hätten, was ich meinte, aus seiner Stimme herausgehört zu haben.
„Nein“, antwortete ich schlicht.
Asmodeo senkte seinen Blick und sagte nahezu unbeteiligt - aber eben nur nahezu : „Du wirst mit Johannes träumen.“
Ich blieb still, gab ihm noch einen Kuss und machte, dass ich schleunigst aus dem Wagen kam. Ich wäre sonst mit zu ihm gefahren.
Ich sperrte die Eingangstür zu unserem Haus auf. Sogleich wurde ich von einem wild japsenden Ridgeback begrüßt. Mozart sprang an mir hoch und trommelte mit seinen dicken Pfoten gegen meine Schultern. Dabei versuchte er, mir das Gesicht zu lecken. Liebevoll klopfte ich ihn ab. Ich packte ihn am Halsband und gemeinsam sahen wir dem McLaren nach, der aus unserer Straße hinausfuhr.
9
Mozart war nicht der Einzige, der auf mich gewartet hatte. Gerti saß auf ihrem nagelneuen Bett und las im Schein einer nackten Glühbirne, die an einem Kabel von der Decke hing. Die Tür zu ihrem Schlafzimmer stand sperrangelweit offen, um mich beim Nachhausekommen nicht zu verpassen - als ob das bei der lauten Begrüßung von Mozart überhaupt möglich gewesen wäre.
Sie legte ihre Lektüre zur Seite, winkte mich hinein und ich wurde mit tausend Fragen gelöchert. Ich musste ihr in allen Einzelheiten das Aussehen und das Verhalten von Johannes Vater beschreiben. Sie wurde nachdenklich, als ich ihr berichtete, wie niedergeschlagen und verzweifelt der alte Mann gewirkt hatte.
Dann ließ sie sich von mir erzählen, was der Bruder von Johannes für einen Eindruck bei mir hinterlassen und wie ich seine Schwester empfunden hatte. Dazwischen glitt eine tiefe Traurigkeit über ihr Gesicht und ich wusste, dass sie in diesen Momenten an Tante Karin dachte, die beinahe ein Teil der Familie Hohenberg geworden wäre.
Es fiel mir nicht leicht, aber schließlich hatte ich ihren Wissensdurst gestillt, ich hatte ihr sogar haarklein das Buffet geschildert und endlich war ich entlassen.
Erschöpft kämpfte ich mich zu meinem neuen Reich empor, wo Mozart bereits neben meiner Isomatte Platz genommen hatte. Ich machte mich für die Nacht fertig, kroch in meinen Schlafsack und lauschte den regelmäßigen, leicht schnarchenden Atemzügen des Hundes, bis ich allmählich selbst wegschlummerte und in meinen Nebel hinein driftete.
10
Ich schritt kraftvoll aus, bewegte mich zielgerichtet durch die feuchten Schleier, die mich wissend umgaben. Zum zweiten Mal an diesem Tag betrat ich das Haus von Johannes, doch diesmal fand ich keine Trauergäste vor.
Johannes wartete im Kaminzimmer auf mich.
„Ich hatte gehofft, dass du heute Nacht kommen würdest“, begrüßte er mich und seine dunklen Augen leuchteten wie zwei schwarze Sterne.
„Ich musste dich einfach wiedersehen. Alleine“, gestand ich ihm. „…Und du brauchst dein Training.“
„Vor allem brauche ich dich“, gab er mir zur Antwort.
Ich ergriff ihn und zog ihn mit mir, heraus aus dem Zimmer, aus dem Haus, durch die Nebelschwaden bis wir in unserer Sporthalle standen.
Johannes sah sich um. In seinem Gesicht lag Freude aber auch eine Mischung aus Wehmütigkeit und Ungeduld. „Ich kann es kaum erwarten, bis ich hier in Wirklichkeit trainieren kann.“
Ich schlug ihm verhalten an die Schulter: „Hier ist auch Realität, nur eine andere. Und hier können wir sicher sein, dass uns niemand stört.“
Johannes begann, selbstsicher zu lächeln. „Kann es sein, dass du in dieser Realität im Taekwondo besser bist, als in der anderen Realität?“, zog er mich
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