Eine andere Art von Ewigkeit: Lilith-Saga: 2 (German Edition)
schwitzen. Nach kaum zehn Schritten klebte mein Oberteil an meinem Rücken fest.
Wir waren nicht die einzigen Trauergäste, die mit einer Limousine gekommen waren. Zahlreiche vier- und sechstürige Nobelkarossen parkten unter den Eichen am Straßenrand. Chauffeure standen daneben und Bodyguards musterten unauffällig aber gründlich jeden Neuankömmling. Weiter vorne hatten sich Journalisten und Paparazzi postiert und schossen Bilder mit Fotoapparaten, die mit überdimensionalen Objektiven ausgestattet waren.
Ich konnte viele Politiker und VIPs erkennen. Mir stockte der Atem als ich inmitten einer Gruppe sich leise unterhaltender Persönlichkeiten die hohe schlaksige Gestalt von Dr. Cunningham erkannte. Er hatte auch uns bemerkt und grüßte mit einer höflichen Kopfbewegung. Asmodeo nickte kaum merklich in dessen Richtung und zog mich kommentarlos weiter.
Das Gelände war mit einer hohen Mauer aus Sandsteinquadern umfriedet. Wir liefen durch den gewölbten Torbogen über unebenes Kopfsteinpflaster. Der Weg führte leicht bergan bis er an einer alten Kapelle endete. Auch sie war aus Sandstein errichtet.
Ich wusste, dass links und rechts von uns zahllose Grabsteine in der Sonne glänzten. Ich konnte sie aber nur erahnen. Unzählige Trauergäste versperrten mir jegliche Sicht.
Schwarz war die Farbe des Tages.
Schwarz war die Farbe des Todes.
Wir kamen nur langsam voran, stiegen die Stufen zur kleinen Kirche empor, während die Totenglocke einsam erklang.
„Frage nie, für wen die Totenglocke läutet“, murmelte Asmodeo mehr zu sich selbst.
Ich versuchte, seine Augen hinter den Brillengläsern ausfindig zu machen. „Warum nicht?“
„Es bringt Unglück, sagt man, das ist alles“, antwortete er mit ebenmäßiger Stimme, die von seinen Gefühlen nichts preisgab.
Zwei große Kondolenzbücher lagen im Schatten des Gotteshauses aus. Wir reihten uns in eine der Schlangen. Zum Unterschreiben reichte mir Asmodeo einen Füller mit Goldfeder, den er aus der Innentasche seiner Jacke zog. Ich schrieb Lilith Stolzen unter Asmodeos Titel. Danach reichte ich ihm den Stift zurück.
Asmodeos Gesicht blieb eine ganze Weile auf unsere Namen gerichtet. Erst dann steckte er die Kappe auf den Füller und ließ ihn in seinem Jackett verschwinden.
Ich sah das Kreuz über der Eingangstür der Kapelle und fragte Asmodeo wispernd: „Kannst du denn da hineingehen? …Ich meine, ich bleibe mit dir auch gerne draußen, wenn du möchtest.“
„Du meinst, ob ich in die Kirche gehen kann?“ Asmodeo klang belustigt. „Ich bin doch kein windiger Vampir, Lilith. In die Kirche kann jeder. Außerdem bin ich – wie du vielleicht weißt - getauft.“
Dank des Sandsteins war es im Innenraum angenehm kühl, fast schon kalt. Es roch nach Weihrauch und sterbenden Blumen. Das Tageslicht, welches durch die farbigen Kirchenfenster fiel, hatte seine Kraft verloren und vermochte nur hier und da einen hellen Lichtfleck zu erzeugen.
Obwohl wir wirklich rechtzeitig gekommen waren, waren alle Sitzplätze belegt. Asmodeo nahm mich am Arm und wollte mit mir in den hinteren Teil der Kirche gehen.
Johannes hatte uns eintreten sehen. Er sprang von seinem Platz in der ersten Bankreihe auf und drängte sich eilends zu uns durch. Mit Stolz konnte ich feststellen, dass er sich fast wie früher bewegte. In seinem schwarzen Maßanzug machte er eine ebenso gute Figur wie Asmodeo.
„Lilith, Asmodeo“, sagte er mit gedämpfter Stimme. „Schön, dass ihr da seid.“
Asmodeo senkte ansatzweise seinen Kopf. Ich ergriff beinahe schüchtern die Hand von Johannes und drückte sie.
„Es wäre mir eine Ehre, wenn ihr neben mir sitzen würdet“, meinte er.
„In der ersten Reihe? Ist die nicht für die Familie reserviert?“, fragte ich zögernd.
„Für die Familie und deren engsten Freunde“, sagte Johannes.
Asmodeo und ich folgten ihm nach vorne. Verhalten grüßten wir seine Verwandten und nahmen rechts neben ihm Platz. Auf seiner linken Seite saß sein Vater, dann sein Bruder Clement mit Verlobter und schließlich seine Schwester Klara. Schräg hinter Clement entdeckte ich dessen Assistent, Julian Becker.
Die Totenmesse begann mit einem ergreifenden Musikstück, das von einem einzelnen Gitarrenspieler vorgetragen wurde. Die Klänge schwebten wie auf Schwingen durch das Kirchenschiff, klar, rein und vergänglich. Sie wirkten wie Tränen aus einer Melodie.
Die Eingangstür des Gotteshauses hatte man offen gelassen. Nach draußen wurde die Musik aus
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