Eine andere Art von Ewigkeit: Lilith-Saga: 2 (German Edition)
Sie klammerte sich wie eine Ertrinkende fest. Ihre Finger gruben sich tief in meine Oberarme und in die Wunde, die mir Daniels Waffe zugefügt hatte. Der Streifschuss brannte entsetzlich, doch ich ignorierte es.
Nach und nach beruhigte sich Sina. Sie begann regelmäßiger und ruhiger zu atmen.
„Es ist vorbei, es ist vorbei“, murmelte ich wie eine Beschwörungsformel wiederholt in ihr Ohr und strich ihr dabei über den Rücken.
Anfangs hörte sie mich nicht, aber schließlich drangen meine Worte in ihr Bewusstsein. Ihre Umklammerung lockerte sich, sie lauschte sichtbar angestrengt auf den Klang meiner Stimme und endlich antwortete sie mit einem leichten Nicken.
„Ich nehme jetzt die Decken weg“, kündigte ich ihr an. Für einen kurzen Moment bohrten sich ihre Nägel erneut in mein Fleisch. Dann atmete sie durch und nickte fast unmerklich ein weiteres Mal.
Ich schlug die Lumpen zurück und half ihr, sich aufzurichten. Ihr Blick glitt über Asmodeo und Johannes und ich fühlte, wie sie unter meinen Händen erstarrte.
„Das sind Freunde“, sagte ich. „Du kannst ihnen trauen.“
Sina sah mich mit stumpfen Augen an.
„Ich vertraue ihnen hundertprozentig“, beantwortete ich ihre stumme Frage.
Ich legte Sinas rechten Arm um meinen Nacken und wir schafften gemeinsam ein, zwei Schritte. Johannes stützte sie von der linken Seite und Sina ließ es zu.
Wir durchschritten den dunklen Gang und gelangten in die Vorgrotte. Sina blieb wie angewurzelt stehen.
Uns bot sich ein Bild des Todes. Die Leichen der fünf Männer lagen so, wie sie gefallen waren. Teilweise hielten sie noch ihre Waffen in den Händen, doch ihre Augen waren längst gebrochen. Das verschüttete Blutsalz hatte sich auf dem dunkel glänzenden Boden verteilt, wo es eine zähe Haut gebildet hatte und an einigen Stellen unregelmäßig geklumpt war.
Sina war nicht mehr weiterzubewegen. Sie sog jedes Detail das sich ihr bot, begierig ein. Ihr Körper straffte sich, sie zog ihren Arm von meinem Nacken zurück, taumelte ungestützt los und fiel vor der Leiche des Maestros auf die Knie. Mit unartikulierten Lauten und mit einem Ausdruck grenzenlosen Hasses hob sie ihren rechten Arm und schlug mit der Handkante in das Gesicht ihres Peinigers.
Wir waren zunächst erstarrt, während sie immer wieder zuschlug. Dann packte ich ihren Arm, hielt ihn fest und zog sie sanft aber bestimmt zu mir hoch. Sie wehrte sich nicht gegen mich und wir verließen die Höhle.
Draußen erwartete uns ein milder Sommerabend. Grillen zirpten und aus dem nahe gelegenen Wald drang das Gezwitscher von Vögeln. Die Luft roch frisch, sauber und süß.
Wir halfen Sina in den Wagen und setzten sie vorsichtig auf einen der Rücksitze.
„Ich muss den Jungs helfen“, erklärte ich ihr. „Wir müssen die Spuren beseitigen. Verstehst du das?“
Sina bewegte bejahend ihren Kopf, legte ihn an ihre Rücklehne und war sofort eingeschlafen.
Ich schloss die Tür, verriegelte den Wagen per Funk und kehrte zur Grotte zurück.
21
Der Wächter vom Eingang war verschwunden. Ich fand ihn bei seinen Kumpanen liegend - Johannes und Asmodeo hatten ihn hineingeschafft.
Meine Männer sammelten die Waffen und Schulterholster der Toten ein und entfernten alle Verbindungsringe sowie den ein oder anderen Ausweis. Wir warfen die Beweismittel auf eine der Decken und knoteten sie zu einem Bündel zusammen, das Johannes nach draußen zum Wagen schaffte.
Die Leichen schleiften wir kurzerhand in die Hauptgrotte, rissen eine weitere Decke in Streifen und banden damit die Toten an dem Pfahl fest.
Asmodeo und Johannes nahmen die Pumpenanlage intensiv unter die Lupe. Sie diskutierten miteinander, wie man sie am besten sabotieren könnte. Etwas ratlos blickten sie sich an, dann griff Asmodeo kurzerhand nach seinem Revolver und leerte eine Trommel in einen Kasten, der die Mechanik zu beherbergen schien. Es gab ein kreischendes, kratzendes Geräusch, das sich vielfach in dem Raum brach und dann war alles still. Die Pumpen hatten ihre Arbeit eingestellt.
Wir lauschten in die Ruhe, bis wir eine andere Art von Beben vernahmen. Das Wasser strömte zurück zur Grotte und begann, sie unaufhaltsam in Besitz zu nehmen.
Der kleine Tümpel vergrößerte sich zunehmend, die Wasserlache erreichte den Pfahl, umspielte die Toten, kroch auf uns zu.
Wir verließen die Grotte ein letztes Mal. Ohne uns umzublicken, stiegen wir draußen in unseren Geländewagen.
Bald lag das kleine Tal hinter uns.
Auf der
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