Eine andere Art von Ewigkeit: Lilith-Saga: 2 (German Edition)
seinen Hals mit leicht gesenktem Kopf vorstreckte und behutsam einen Fuß vor den anderen setzte. Er wedelte nicht, sondern witterte stattdessen ausgiebig in ihre Richtung.
Sina bemerkte meinen Blick, machte einen Schritt auf Mozart zu und streckte ihren Arm aus, um ihn zu tätscheln. Im gleichen Moment zog Mozart seinen Kopf zurück und ich vernahm ein tiefes Grollen aus seiner Kehle. Sein Rückenfell stellte sich auf. Rückwärts laufend entfernte er sich von Sina, wobei er sie nicht aus den Augen ließ. In größerer Entfernung setzte er sich hin und fuhr fort, Sina zu beobachten.
Ich wollte zu einer Entschuldigung ansetzen und Sina beteuern, dass Mozart an sich ein ganz lieber Hund war. Doch sie zuckte nur gleichgültig mit ihren Schultern.
„Lass gut sein, das ist o.k. für mich. Ich kenne die Rasse. In Südafrika, wo ich herkomme, sind Ridgebacks so häufig anzutreffen, wie in Deutschland Schäferhunde. Und Ridgebacks suchen sich ihre Leute immer selbst aus. Da kann man nichts erzwingen. Wenn mich dein Hund nicht mag, mag er mich eben nicht. Ich habe damit kein Problem.“
Sina begann, sich ausgiebig zu stretchen. Fasziniert sah ich ihrem Muskelspiel zu. „Du trainierst viel“, stellte ich fest.
Sina warf mir einen kurzen prüfenden Blick zu, bevor sie mit ihren Dehnungsübungen fortfuhr. „Du trainierst auch.“
Ich freute mich, dass sie mir meinen Sport ansah, denn ich war in ihrer Gegenwart auf dem besten Wege gewesen, Minderwertigkeitskomplexe zu entwickeln.
„Schon“, antwortete ich. „Ich jogge viel und übe mehrmals in der Woche Taekwondo. Aber du scheinst wesentlich intensiver an dir zu arbeiten.“
„Taekwondo, sagst du?“, merkte Sina etwas undeutlich aus einer Rumpfbeuge heraus an. „Ich bevorzuge Karate. Das ist meiner Meinung nach wesentlich direkter und aggressiver. Das kommt mir entgegen.“
Sie richtete sich auf. „Aber um auf deine Frage zu antworten: Training ist wichtig. Ich kann es nicht leiden, mich gehen zu lassen. Mein Körper muss in Bestform sein. Ich muss auf alles vorbereitet sein, um auf etwaige Angriffe entsprechend reagieren zu können.“
Sina unterbrach kurz, ging in einen Spagat, griff mit beiden Händen nach ihrem linken Fuß und legte ihren Oberkörper auf dem Bein ab. Die gleiche Prozedur wiederholte sie mit ihrer rechten Seite. Danach stand sie auf, zog das Handtuch von ihrem Nacken und tupfte sich den Schweiß von ihrem Gesicht, ihren Oberarmen und ihrem Dekolleté.
„Ich hasse es, dass ich euch nicht helfen konnte, diese Verbindungsschweine fertigzumachen“, sprach sie weiter und ihr Tonfall hatte eine bedrohliche Qualität angenommen. „Wenn ich die Mistkerle lebendig in die Finger bekommen hätte, hätte ich sie für all das, was sie mir angetan haben, büßen lassen. Wenn du mich frägst, sind die viel zu leicht gestorben. Ich hätte sie lange und grausam leiden lassen!“
Ich sah in die dunkelbraunen Augen der Dämonin. Sie erschienen mir wie Gletscherberge – von gewaltiger Kraft, einsam und uralt.
„Lilith! Schön, dass du da bist!“, hörte ich eine samtweiche Stimme hinter mir.
„Asmodeo“, sagte ich, während ich mich nach ihm umdrehte.
Mozart kam angerannt, er wedelte mit seinem gesamten Hinterteil, sprang überschwänglich an Asmodeo hoch und versuchte, ihm japsend und jaulend zu vermitteln, wie sehr er sich freute, ihn wiederzusehen.
Asmodeos Augen blieben noch für einen kurzen Moment auf mir haften, aufmerksam und leicht forschend, dann richtete er seinen Blick auf den Hund und begrüßte ihn ebenso überschwänglich, wie das Tier ihn willkommen geheißen hatte.
Sina stand noch immer beim Boxsack. Sie betrachtete die Szenerie mit ihrer gewohnten Miene – neutral und indifferent. Nur für eine kurze Sekunde meinte ich, etwas Ähnliches wie Unsicherheit, wie Unverständnis aus ihrem Gesicht ablesen zu können.
„Deine Kleidung ist eingetroffen, Sina“, meinte Asmodeo. „Der Lieferant hat sie nach oben ins Gästeappartement gebracht.“
„Danke“, antwortete Sina lächelnd. „Du hast etwas gut bei mir.“
„Nichts zu danken“, winkte Asmodeo ab. „So kannst du ja wohl kaum draußen herumlaufen.“
Erneut sah ich Sina an, ihren perfekten Körper und ihr ebenmäßiges, schönes Gesicht. Dann wechselte ich zu Asmodeo. Auch er betrachtete Sina, während er mit ihr sprach. Doch mit Erstaunen, in das sich rasch eine Welle großer Erleichterung mischte, registrierte ich, dass sie ihm völlig gleichgültig war. Er
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