Eine andere Art von Ewigkeit: Lilith-Saga: 2 (German Edition)
zu töten. Ich hatte ihn in Brunners Burg verwundet. Diesmal würde ich ihn nicht verfehlen. Diesmal würde ich es zu Ende bringen.
Über dem kurzen, blauschwarzen Lauf sah ich die glühenden Kohlen seiner Augen. Ich senkte den Revolver, bis die Kimme auf seine schwarze Brust zeigte.
Der Rabe schlug mit den Flügeln und blieb in der Luft stehen. Er bewegte sich rückwärts, aus der Reichweite meiner Schusswaffe heraus. Er ließ sich auf einem Baumstumpf nieder. Er war zu weit weg, meine Kugel hätte ihn nicht erreichen können.
Trotz der Entfernung konnte ich seine Wut spüren. Seinen unbezähmbaren Hass auf mich. Der Rabe bewegte erneut seine Flügel und erhob sich rasend schnell hoch in die Luft. Seine Konturen verschwammen, bis er sich im Nichts auflöste.
Er hatte sich dafür entschieden, nicht mit mir zu kämpfen. Er hatte seine Mordlust gezügelt. Ich wusste warum: andere würden kommen, um seine Arbeit zu übernehmen.
Unbeirrt setzte ich meinen Weg fort.
15
Elisabeth Le Maas–Heller hatte Amsodeo eingeladen und er war nach Frankfurt gekommen.
In der Lobby des Gebäudes wurde Asmodeo von einem Sicherheitsmann in Empfang genommen. Dieser filzte ihn sorgfältig, fand aber außer Asmodeos Einhandmesser nichts, was er ihm abnehmen musste.
Jetzt folgte Asmodeo dem Bodyguard durch schier endlos wirkende Gänge bis zu einem Aufzug. Mit Hilfe einer Codekarte entriegelte der Mann den Lift und sie fuhren hinauf zum Penthaus.
Wieder ging es durch Flure. Eine Tür wurde geöffnet und sie betraten ein großes, durch heruntergelassene Außenjalousien abgedunkeltes Zimmer. Auf einem auffälligen Bronzeschild stand
Warteraum H .
Hier waren Asmodeo und sein Bewacher nicht allein. Asmodeo zählte ein halbes Dutzend Männer, die ihn alle unverhohlen musterten. Sie trugen Jacketts. Alle waren bewaffnet.
Asmodeo ging bis in die Mitte des Zimmers, wo ihm ein Fleck auf dem Boden auffiel. Mit der Spitze seines Schuhs kratzte er daran und eine rostrote trockene Substanz löste sich.
Asmodeo lächelte, als er in die stummen Gesichter sagte: „Hier ist es, wo ihr die Leute umbringt, nicht wahr?“
Er erhielt keine Antwort.
Ein Summer ertönte und eine breite Eichentür ohne Griff, die sich am anderen Ende des Raumes befand, sprang einen Spaltbreit auf. Niemand rührte sich.
Asmodeo schritt auf sie zu, öffnete sie ganz und ging hindurch. Die Tür schloss sich hinter ihm.
Vor ihm lag ein Saal mit sicherlich dreihundert Quadratmetern. Der Blick auf die Stadt verschlug einem den Atem. Die Sonne schien von einem dunkelblauen Himmel und tauchte alles in gleißendes Licht.
Er konnte die Silhouette einer Frau erkennen, die mit dem Rücken zu ihm kerzengerade auf einem Stuhl saß und durch die bodentiefen Fenster nach außen blickte. Eine unirdische Anmut ging von ihr aus, gepaart mit einer ganz besonderen Energie, die ihm seltsam vertraut vorkam.
„Wie viele Jahre ist es her“, sagte die Frau zur Begrüßung. Sie drehte sich nicht um.
Erneut hatte Asmodeo das Gefühl, diese Frau irgendwoher zu kennen. Er konnte sie aber nirgends einordnen.
Sie erhob sich und wandte sich ihm zu. Ihre Blicke trafen sich.
Zunächst war sie ihm fremd. Er hatte sie noch nie gesehen. Doch dann, mit einem Mal, sah er durch ihre Hülle hindurch und er erkannte sie. Er erkannte sie, als wären sie nicht seit Jahrhunderten getrennte Wege gegangen.
„Du bist es, Samael!“, sagte er zu Elisabeth Le Maas-Heller.
Sie lächelte spöttisch: „Aber, aber Asmodeo! Du hast es wirklich nicht gewusst? Dabei hättest du nur meinen jetzigen Nachnamen betrachten müssen!“ Sie machte eine theatralische Pause. „Le Maas – Stell die Buchstaben ein wenig um und du wirst sehen, ich habe mir nicht einmal die Mühe gegeben, mich anders zu nennen. Jeder, der nur ein bisschen nachdenkt, weiß, dass er es mit dem Teufel persönlich zu tun hat, wenn er sich mit mir einlässt. Aber die meisten wollen das Böse ja nicht wahrhaben. Und auch du warst zu sehr abgelenkt.“ Sie lachte, wie über einen gelungenen Scherz.
Asmodeo lachte nicht. „Was willst du von mir? Wir haben uns seit langer Zeit nichts mehr zu sagen.“
Elisabeth spielte mit ihrem Medaillon. „Ich habe dich hergebeten, um dir ein Märchen zu erzählen. Ein ganz besonderes Märchen. Ein Märchen mit einem richtigen Happy End. Hast du Zeit?“
Asmodeo wirkte beherrscht, jede Spur von Aufregung war von ihm gewichen. „Mach es kurz.“
Elisabeth neigte ihren Kopf, als Zeichen dafür,
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