Eine andere Art von Ewigkeit: Lilith-Saga: 2 (German Edition)
konnte, reichte er ihr ein kompaktes, aber extrem leistungsstarkes Fernglas.
Sie riss es ihm beinahe aus der Hand, setzte es an ihre Augen und blickte hindurch. „Tausende von Jahren“, flüsterte sie. „Millionen von Nächten warte ich bereits. Und jetzt, jetzt ist es soweit. In ein paar Minuten hat mein Warten ein Ende und ich werde die Meinen bei mir haben.“
Cunningham strich ihr über den Rücken. Auch das erlaubte sie ihm.
Elisabeth suchte die gesamte Anlage mit dem Fernglas ab. Kein Detail wollte sie missen. Sie wollte ihren Triumpf bis ins Letzte auskosten.
Plötzlich hielt sie inne und schwenkte ein Stück zurück. Schroff schüttelte sie Cunninghams Hand ab. Sie hantierte am Fernglas und zog scharf die Luft ein.
Sie hatte sich nicht getäuscht. Auf dem verwaisten Gelände hatte sie eine Bewegung entdeckt. Sie vergewisserte sich und sah eine Gestalt auf das Hauptgebäude der Anlage zuhumpeln. Die Person trug eine zerfetzte Lederjacke. Sie hatte rote Haare.
„Lilith!“, entfuhr es ihr. Elisabeth schwankte und fiel gegen Cunningham, der sie auffing.
Cunningham nahm ihr das Fernglas aus den plötzlich kraftlosen Fingern und blickte selbst hindurch.
„Was soll ich tun, Charles?“ schluchzte sie auf, während er mit fassungsloser Miene beobachtete, wie Lilith durch den Haupteingang in dem Gebäude verschwand.
Elisabeth riss sich von Cunningham los. Sie stieß ihn zurück, so dass er beinahe gestürzt wäre. „Ich muss hinunter. Der Rabe muss hinunter. Der Rabe wird sie aufhalten.“
Cunningham hatte sein Gleichgewicht zurück. „Nein!“, schrie er, packte sie an beiden Armen und hielt sie fest. Er blickte in ihre Augen, die voller Verzweiflung und Hass weit aufgerissen waren. „Wenn du jetzt hinunter gehst“, flüsterte er, „wirst du in der Explosion umkommen.“
Sie wehrte sich, doch Cunningham lockerte seinen eisernen Griff nicht. „Nein, ich lass dich nicht gehen! Niemals! Wenn dir etwas passiert… Das würde ich nicht…, ich könnte nicht…“ Er holte tief Luft und sein Blick bohrte sich in ihren. „Dring in ihren Verstand ein! So kannst du sie stoppen und bleibst selbst in Sicherheit.“
Elisabeth hielt inne. Der Ausdruck ihres Gesichtes, der noch eben voller Furcht und Hilflosigkeit gewesen war, veränderte sich. Er strahlte Härte, Unnachgiebigkeit und Entschlossenheit aus.
Sie wandte ihren Kopf in Richtung des Forschungsgebäudes, in das Lilith gerade verschwunden war. Ihr Blick wurde leer, ihr gesamter Körper wurde leblos, als sie sich auf Lilith konzentrierte.
Cunningham beobachtete ihr Profil und hielt sie im Arm. Er kostete diesen einzigartigen Moment der Zweisamkeit aus. Er genoss jede einzelne Sekunde ihrer Verletzlichkeit, die Elisabeth dazu zwang, sich ganz auf ihn zu verlassen – unendlich erleichtert, dass er sie hatte aufhalten können, dass es ihm gelungen war, sie zu überzeugen.
Ein unmerkliches Zittern durchlief Elisabeth. Ein Staunen glitt über ihre Züge. Dann schrie sie auf, ein einziges Mal, voller Schmerz und Furcht. Ihr Körper wurde von einer unsichtbaren Kraft gegen seinen geschleudert, so dass er mit ihr im Arm mehrere Meter nach hinten stolperte, bevor sie beide von der Kabine des Hubschraubers aufgehalten wurden.
Elisabeths Augen brannten vor Panik. „Ich war bei ihr im Aufzug. Aber ich komme nicht durch! Sie wehrt mich ab! Sie wird meinen Plan durchkreuzen! Ich kann sie nicht aufhalten!“
Cunningham strich Elisabeth das wirre Haar aus dem Gesicht, bevor er liebevoll, aber doch bestimmt, den Kopf schüttelte. „Hörst du es denn nicht, Elisabeth?“
Von der Anlage drang ein leises Summen zu Ihnen herauf. Es schwoll an.
„Die Zerstörung wurde gestartet. Die Anlage beginnt, sich zu überladen. Niemand kann das mehr beenden. Auch du hast das weitere Geschehen nicht mehr in der Hand. Alles, was wir tun können, ist abzuwarten. Und dann wird die reinigende Explosion nicht nur deine Familie zu dir bringen, sondern sogar auch Lilith töten.“
Elisabeth gewann mühsam ihre Fassung zurück. Sie nickte ein paar Mal. Ihre Hände krampften sich um ihr Medaillon. Sie führte es zu ihren Lippen und rührte sich nicht mehr, sondern blickte regungslos zu der Anlage.
In der Ferne schlug eine Kirchturmuhr bedächtig zwölf Mal.
Zwei Schüsse ertönten.
Das Brummen der Anlage war nun überall und brachte das Böse mit sich.
22
Asmodeo fuhr mit seinem McLaren auf den Parkplatz der Remanenten-Anlage. Mit quietschenden Reifen kurvte er
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