Eine andere Art von Ewigkeit: Lilith-Saga: 2 (German Edition)
Barkeeper herbeizurufen. Das Spiegelbild zeigt mir eine ausgeprägte, wenn auch durchaus weibliche Armmuskulatur. Die Frau trainiert mehr als ich. Wesentlich mehr.
Vor mir steht ein Caipirinha. Der Zucker haftet dick am Rand des Glases, glitzert einladend im schummrigen Licht, und das Gemisch aus Zuckerrohrschnaps und Limettensaft schmeckt herrlich frisch und stark. Ich bin erschöpft und begrüße den Alkohol, der sich hochprozentig in meinem Körper verteilt. Die Aufregung und die Angst verlassen mich, als die Wärme in mich zurückkehrt.
Die Frau im Spiegel entspannt sich. Ich entspanne mich. Ihr tief gebräuntes Gesicht wird weicher, sie fährt sich durch ihr feuchtes Haar und zupft es sich mit zwei Fingern zurecht, wobei sie sich prüfend im Barspiegel betrachtet. Sie hebt ihr Glas und wir prosten uns zu. Wir sind attraktiv. Sehr attraktiv. Und das wissen wir.
Es ist ein gutes Gefühl, bei einem derartigen Wetter in einer warmen Bar zu sitzen, den vertrauten Geräuschen zu lauschen, sich treiben zu lassen und Spaß zu haben.
Apropos Spaß: Ein gutaussehender junger Mann steht zwei Barhocker links von mir. Er trägt einen teuren Businessanzug. Ich taxiere ihn kurz. Er ist wirklich gutaussehend, hat das gewisse Etwas. Sein Gesicht sagt mir, dass er weiß, was er will. Ein Alpha-Mann. Das entspricht meinem Beuteschema.
Er fängt meinen Blick auf und kommt unverzüglich zu mir herüber. Er hat braune Augen und ein kantiges, männliches Kinn. Sein markanter Adamsapfel bewegt sich, wenn er redet.
Wir sprechen viel. Wir lachen. Er reißt Witze und wir trinken. Er bestellt mir einen weiteren Caipirinha und er besteht darauf zu bezahlen. Er ist charmant und aufmerksam.
Wir beide wissen, dass wir das gleiche Ziel vor Augen haben. Eine nette, prickelnde Abwechslung, ohne Verpflichtung und ohne tiefere Bedeutung. Wir genießen das Vorgeplänkel, das unser Begehren steigert und unsere Phantasie anheizt. Nette Belanglosigkeiten werden gewechselt, während unsere Augen dem jeweiligen Gegenüber die wirklich wichtigen, eindeutigen Botschaften vermitteln.
Das Licht in der Bar verändert sich. Mein neuer Bekannter kommt mir näher. Er redet weniger, seine braunen Augen mustern mich ohne Unterlass. Sein Bild verschwimmt mehrmals vor mir. Er riecht gut, als ich mich an ihn lehne.
Er ergreift meine Hand und ich lasse mich von ihm führen. Er nimmt mich mit nach draußen und flüstert mir zauberhafte Unanständigkeiten ins Ohr. Die Tür schließt sich hinter uns. Ich habe meinen Blazer hängen lassen, aber das ist mir gleichgültig.
Ein großer dunkler Wagen kommt vor uns zum Stillstand. Mein Bekannter öffnet mit einer Hand die hintere Tür, mit der anderen umfasst er meine Hüfte und stützt mich. Verwundert stelle ich fest, dass ich schwanke. Doch er lacht nur.
Ich krieche schwerfällig auf den Rücksitz des Wagens und versinke unbeholfen im Polster. Mein Bekannter setzt sich neben mich, schließt die Tür und legt seine Hand auf meinen Oberschenkel. Darauf habe ich gewartet.
Als der Wagen losfährt, ziehe ich seinen Kopf zu mir heran. Ich spüre seine Zunge in meinem Mund und seine Hand, die entlang meines Oberschenkels höher gleitet. Ich stöhne. Meine Ungeduld wächst und auch er hat es eilig. Ich schließe meine Augen und überlasse mich meinen Gefühlen. Ich genieße seine raue Berührung.
Unvermittelt bricht er ab. Verwundert öffne ich meine Augen und habe Probleme, sie zu fokussieren. Mein neuer Bekannter hat sich leicht von mir zurückgezogen. Ein sonderbares Lächeln spielt um seine Lippen. Dann verschwindet es aus seinem Gesicht, das hart und feindselig wird. Seine Faust saust auf mich zu, trifft mich hart an der Schläfe.
Dunkelheit.
Es rattert und rauscht. Kaltes Plastik hämmert gegen meine linke Kopfhälfte.
Ich bin blind.
Ich versuche, etwas zu erkennen und sehe nur schwarz. Ich rücke mein Gesicht weiter nach hinten. Ich habe Schwierigkeiten zu atmen. Die Luft wird mir abgedrückt.
Ich bekomme Angst.
Ich bin vom Sitz gerutscht und mein Kopf berührt den Boden des Fußraumes. Meine Hände sind hinter dem Rücken gefesselt. Die Fesseln schneiden in meine Handgelenke ein und schmerzen. Die Caipirinhas steigen brennend in meiner Speiseröhre nach oben. Ich erbreche mich fast, schlucke die Flüssigkeit aber wieder nach unten.
Mein Atem geht schnell und unregelmäßig.
Das ist nicht die Wirkung von Alkohol.
Drogen arbeiten in mir.
Meine Angst steigert sich zu lähmender Panik.
Jetzt kann ich
Weitere Kostenlose Bücher