Eine Andere Welt
hae er ihre Besorgnisse zerstreut; sie fühlte sich seiner sicher. Und davon hing sein Leben ab ... oder vielleicht nicht? War es nicht eher so, daß er vor ihrer pathologischen Denkweise kapitulierte? Er wußte es nicht.
»Hören Sie«, sagte er stockend, »ich will Ihnen was sagen und möchte, daß Sie mir jetzt gut zuhören: Sie gehören in eine geschlossene Abteilung für kriminelle Geisteskranke. Haben Sie mich verstanden?«
Sie reagierte nicht; sie sagte kein Wort. Es war beängstigend.
»Und ich werde mich so weit wie nur möglich von Ihnen fernhalten«, sagte er. Mit einem Ruck entzog er ihr die Hand, machte kehrt und ging in die Richtung davon, aus der sie gekommen waren. Er blickte nicht zurück und ließ sich von der Menge treiben, die sich in unauörlichem Strom die unsauberen, neonerhellten Gehsteige dieses unerfreulichen Stadeils entlangwälzte.
Ich bin sie los, dachte er, und mit ihr habe ich wahrscheinlich mein verdammtes Leben verloren. Was nun? Er blieb an einer Ecke stehen und sah sich um. Trage ich einen Miniatursender mit mir herum, wie sie sagte? Gebe ich mich mit jedem Schri, den ich tue, der Polizei preis?
Er dachte an den fröhlichen Charley und daß er ihm den Rat gegeben hae, Heather Hart aufzusuchen. Und wie jedermann im Fernsehland weiß, irrt der fröhliche Charley sich nie.
Aber wenn Al Bliss und Bill Wolfer ihn nicht erkannt haen, warum sollte Heather ihn erkennen? Aber Heather, dachte er, ist ein Sechser wie ich. Der einzige andere Sechser, den ich kenne. Vielleicht macht das einen Unterschied.
Er fand eine öffentliche Telefonzelle, ging hinein, schloß die Tür gegen den Verkehrslärm und warf eine Münze in den Schlitz. Heather Hart hae mehrere Anschlüsse, die in keinem Telefonbuch standen. Für geschäliche Anrufe, für persönliche Freunde und einen für – um es unumwunden zu sagen – Liebhaber. Er kannte natürlich diese Nummer, nachdem er für Heather gewesen war, der er gewesen und noch immer war, wie er hoe.
Der kleine Bildschirm wurde hell. Verwischte Bewegungen im Hintergrund sagten ihm, daß sie den Anruf in ihrem Wagen annahm.
»Hallo«, sagte Jason.
Heather beschirmte die Augen mit der Hand, um ihn deutlicher zu sehen, dann sagte sie ärgerlich: »Wer zum Teufel sind Sie?« Die grünen Augen blitzten. Das rote Haar schimmerte.
»Jason.«
»Ich kenne keinen Jason. Wie sind Sie zu dieser Nummer gekommen?« Ihre Stimme klang beunruhigt, aber auch rauh. »Gehen Sie aus meiner Leitung! Wer hat Ihnen diese Nummer gegeben? Ich will seinen Namen.«
»Du hast mir die Nummer vor sechs Monaten selbst gegeben, als du sie einrichten ließest. Die privateste deiner Privatnummern, nanntest du sie damals.«
»Wer hat Ihnen das erzählt?«
»Du selbst. Wir waren in Madrid. Du warst bei Außenaufnahmen, und ich gönnte mir sechs Tage Urlaub, nicht weit Von deinem Hotel. Jeden Nachmiag um drei pflegtest du mit dem Wagen herüberzukommen. Stimmt‘s?«
Heather schwieg einen Moment lang, dann sagte sie schnell und zornig: »Sind Sie von einem Magazin?«
»Nein«, sagte Jason. »Ich bin dein Geliebter Nummer Eins.«
»Mein was?«
»Liebhaber.«
»Sind Sie ein Fan? Ja, das muß es sein, Sie sind ein Fan, ein verdammter Prolet, der nichts Besseres zu tun hat, als unsereinem nachzuspionieren. Wenn Sie mich nochmals belästigen, hetze ich Ihnen die Polizei auf den Hals!« Es knackte; das Bild erlosch. Heather hae aufgelegt.
Er steckte eine weitere Münze in den Schlitz und wählte ein zweites Mal. »Schon wieder der Proletenfan«, sagte Heather. Sie schien jetzt mehr gefaßt. Oder war es Resignation?
»Du hast einen falschen Zahn«, sagte Jason. »Wenn du mit einem deiner Liebhaber beisammen bist, klebst du ihn mit einem besonderen Kunstharzzement fest, den du bei Harney kaufst. Aber bei mir nimmst du den Zahn manchmal heraus und tust ihn in ein Glas, zusammen mit Doktor Slooms Reinigungsschaum. Das ist das Reinigungsmiel, welches du bevorzugst, weil es dich an die Zeiten erinnert, als Bromo Seltzer noch überall zu haben und kein Schwarzmarktartikel war, den die Leute im Keller zusammenbrauen ...«
»Wie sind Sie zu diesen Informationen gekommen?« unterbrach ihn Heather. Ihr Gesicht war wie eine Maske, ihre Stimme klang hart und direkt. Er kannte diesen Tonfall. Heather verwendete ihn bei Leuten, die sie verabscheute.
»Rede nicht in diesem Ton mit mir«, sagte er ärgerlich. »Dein falscher Zahn ist ein Backenzahn, und du nennst ihn Andy. Richtig?«
»Ein Proletenfan weiß alles das über
Weitere Kostenlose Bücher