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Eine Andere Welt

Eine Andere Welt

Titel: Eine Andere Welt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Philip K. Dick
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Einzelheiten mit seltsamer Klarheit und Verlangsamung; unter ihren Schreien schien alles zu gefrieren. Die mit Gabeln und Löffeln hantierenden kauenden Gäste – alles kam zum Stillstand, und es blieb nur das schreckliche, häßliche Geräusch.
Und sie stieß Worte hervor, vulgäre Worte, als lese sie obszöne Grafi i von irgendeinem Breerzaun, einer Pissoirwand ab. Kurze, peinliche, zerstörerische Worte, die jeden Anwesenden trafen und verletzten, besonders aber ihn.
Der Besitzer des Restaurants, dessen gewaltiger Schnurrbart drohend zuckte, nickte seinen Kellnern zu, und gemeinsam hoben sie Kathy von ihrem Stuhl und schleien sie durch das Restaurant und hinaus auf die Straße. Jason legte das Geld für die Zeche auf den Tisch und eilte ihnen nach. Am Eingang vertrat der Besitzer ihm den Weg und hielt die Hand auf. »Dreihundert Dollar«, sagte er.
»Wofür?« fragte Jason verdutzt. »Daß Sie sie hinausgeschlei haben?«
Der Restaurateur schüelte lächelnd den Kopf. »Daß ich die Polizei nicht verständige.«
Grimmig bezahlte er.
Die Kellner haen Kathy an der Straßenecke auf den Gehsteigrand gesetzt. Sie war jetzt still, hae die Fingerspitzen gegen die Schläfen gepreßt und schaukelte mit geschlossenen Augen vor und zurück, wobei ihr Mund lautlose Worte formte. Die Kellner standen bei ihr und betrachteten sie, offenbar im Ungewissen, ob sie weitere Schwierigkeiten machen würde oder nicht; schließlich nickten sie einander zu und kehrten ins Restaurant zurück. Jason und das Mädchen waren allein auf der Straße unter dem roten und weißen Neonschild.
Er kauerte neben ihr nieder und legte ihr eine Hand auf die Schulter. Diesmal versuchte sie sie nicht abzuschüeln. »Es tut mir leid«, sagte er, und es war ihm ernst. Er hae geglaubt, sie bluffe, und es hae sich gezeigt, daß es kein Bluff gewesen war. Sie hae gewonnen. Ich gebe auf, dachte er, von nun an soll es sein, wie du willst. Du brauchst es bloß zu sagen, aber mach es kurz, in Goes Namen. Laß mich so bald wie möglich aus diesem Spiel aussteigen.
Aber er ahnte, daß es nicht so bald sein würde.
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    H
    and in Hand schlenderten sie durch den Abend, vorbei an den einander überschreienden, blinkenden, rotierenden und pulsierenden Leuchtreklamen. Diese Art von Nachbarscha gefiel ihm nicht; er hae sie Tausende von Malen gesehen, überall auf der Erde. Schon früh in seinem Leben hae er alles darangesetzt, aus diesem Milieu herauszukommen. Und nun war er zurückgekehrt.
Er hae nichts gegen die Bewohner: er betrachtete sie als Gefan
    gene, die ohne eigenes Verschulden zum Bleiben gezwungen waren. Sie haen dies alles nicht erfunden; sie mochten es nicht; sie ertrugen es, weil sie keine Wahl haen. Anders als er. Wenn er in ihre grimmigen und verbierten Gesichter blickte und ihre hängenden Mundwinkel und unglücklichen Augen sah, fühlte er sich schuldig.
    »Ja«, sagte Kathy endlich, »ich glaube, ich habe mich wirklich in Sie verliebt. Aber es ist Ihre Schuld, es liegt an Ihrem starken magnetischen Feld, das Sie ausstrahlen. Wußten Sie, daß ich es sehen kann?«
    »Nicht möglich«, sagte er mechanisch.
»Es ist von einem samtigen Dunkelpurpur«, sagte Kathy und ergriff seine Hand mit ihren überraschend kräigen Fingern. »Sehr intensiv. Können Sie meins sehen? Meine magnetische Aureole?«
»Nein.«
»Das überrascht mich. Ich häe geglaubt, Sie könnten es sehen.« Sie schien jetzt ganz ruhig; der explosive Schreianfall war vorüber und hae eine relative Stabilität zur Folge. Eine beinahe pseudoepileptische Persönlichkeitsstruktur, dachte er. Das baut sich allmählich auf, Tag für Tag, bis es zum Ausbruch kommt ...
»Meine Aureole«, brach sie in seine Gedanken ein, »ist hellrot. Die Farbe der Leidenscha.«
»Das freut mich für Sie«, versicherte Jason.
Sie blieb stehen und spähte in sein Gesicht, um seinen Ausdruck zu entziffern. Er hoe, daß es die angemessene Undurchdringlichkeit zeigte. »Sind Sie böse mit mir, weil ich heig wurde?« forschte sie.
Er verneinte.
»Es hört sich aber so an. Ich glaube, Sie sind mir böse. Nun, vielleicht versteht mich nur Jack richtig. Und Mickey.«
»Mickey Quinn«, sagte er nachdenklich.
»Ist er nicht ein bemerkenswerter Mann?« fragte Kathy.
»Sehr.« Er häe ihr vieles erzählen können, aber es war sinnlos. Sie wollte es nicht wirklich wissen; sie glaubte alles schon zu verstehen.
Was glaubte sie noch? Was glaubte sie zum Beispiel über ihn zu wissen? Was über Mickey Quinn und Arlene Howe und alle die

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