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Eine Andere Welt

Eine Andere Welt

Titel: Eine Andere Welt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Philip K. Dick
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Wiedergeborenen Jehova, der in dieser Stunde neue Himmel und Erde erscha, daß man den früheren nicht länger gedenken wird, noch sie zu Herzen nehmen. – Jesaja 65, Vers 17.«
»Ein Polizeigeneral?« fragte Jason benommen.
»So heißt es«, antwortete der gefällige junge Jehova-Polizist. »Ich weiß nicht, was Sie getan haben, aber es ist klar zu sehen, daß Sie richtig getan haben.«
Ruth Rae schluchzte in der Dunkelheit.
»Wie Gras ist alles Fleisch«, intonierte der Jehova-Polizist. »Wie gemeines Unkraut ist es. Aber das Krumme soll gerade gemacht werden, und das Gerade stark ...«
»Haben Sie einen Joint?« fragte ihn Jason.
»Nein, mein Glaube bewahrt mich vor allen verderblichen Lastern. Aber vielleicht mein Kollege ...« Der bibelfeste Polizist klope an die vordere Metallwand. »He, Ralf, kannst du diesem Bruder hier einen Joint geben?«
Das kleine, vergierte Fenster zum Fahrerhaus wurde geöffnet, und ein Arm in grauem Ärmel reichte eine zerdrückte Packung durch.
»Danke«, sagte Jason, als er den Joint in Brand setzte. »Willst du auch einen?« fragte er Ruth Rae.
»Ich will Bob«, jammerte sie. »Ich will meinen Mann.« Jason stützte die Ellbogen auf die Knie und saß vornübergebeugt, rauchte und dachte nach.
»Geben Sie nicht auf«, sagte der Jehova-Polizist aus der Dunkelheit.
»Warum nicht?« fragte Jason.
»Die Zwangsarbeitslager sind nicht so schlimm. Während der Grundausbildung wurden wir durch eins geführt. Es gibt Duschen und Been mit Matratzen und Ausgleichsbeschäigungen wie Basketball, Malen und handwerkliche Beschäigungen. Sie wissen schon, handgemachte Kerzen und so weiter. Und Ihre Familie kann Ihnen viermal im Jahr ein Paket schicken, und einmal im Monat können Sie Besuch empfangen.« Er fügte nach einer Weile hinzu: »Und Sie können Goesdienste der Religionsgemeinscha Ihrer Wahl besuchen.«
»Meine Wahl ist die freie, offene Welt«, sagte Jason. Danach herrschte Schweigen, unterbrochen nur von Ruth Raes gedämpem Schluchzen, bis sie den Flughafen erreichten.

14
    S
    teif kleerte Jason Taverner aus dem Polizeihubschrauber, blickte vorsichtig in die Runde, schnüffelte die stinkende, smoggesäigte Lu, blickte zu den aufgelockerten, giigen Wolken
auf und sah den schmutziggelben Widerschein der größten Stadt
Nordamerikas, und wandte sich nach hinten, um Ruth Rae herauszuhelfen, aber der freundliche junge Jehova-Polizist hae das
bereits getan.
Eine Gruppe von Polizisten aus Los Angeles hae sich um den
gelandeten Hubschrauber gesammelt. Die Männer wirkten entspannt, neugierig und heiter. Keinem von ihnen war auch nur eine
Spur von Bösartigkeit anzumerken. Wenn sie einen haben, sind
sie freundlich, dachte Jason. Nur solange sie einen jagen, sind sie
hinterhältig und grausam, denn in der Situation besteht noch die
Möglichkeit, daß man ihnen entwischt. Hier und jetzt gibt es keine
solche Möglichkeit.
»Hat er einen Selbstmordversuch unternommen?« fragte ein
Sergeant den Jehova-Polizisten.
»Nein, Sir.«
Darum also hae er Jason und Ruth begleitet.
»In Ordnung«, sagte der Sergeant zu den Polizisten aus Las
Vegas. »Von nun an nehmen wir die beiden Verdächtigen in
Gewahrsam.«
Die aus Las Vegas nickten, salutierten, bestiegen ihren Hubschrauber und knaerten in nordöstlicher Richtung davon, zurück
nach Nevada.
»Hier entlang«, sagte der Sergeant mit einer knappen Kopfbewegung. Die Uniformierten aus Los Angeles kamen Jason ein
wenig schroffer, härter und älter vor als ihre Kollegen aus Las Vegas. Oder vielleicht bildete er es sich nur ein; vielleicht steckte dahinter nur ein Anwachsen seiner Angst.
Er fragte sich, was er dem Polizeigeneral sagen sollte. Es war schwierig, und um so schwieriger, als alle seine Theorien und Erklärungen über ihn selbst fadenscheinig geworden waren und er sich eingestehen mußte, daß er nichts wußte, nichts glaubte, und der Rest verborgen war. So ergab er sich resigniert in sein Schicksal und bestieg mit den Polizisten und Ruth Rae einen Aufzug. Im vierzehnten Stock stiegen sie aus.
    Ein Mann mit blitzender randloser Brille stand vor ihnen, gut gekleidet, einen Mantel über dem Arm. Er trug spitze schwarze Halbschuhe und hae, wie Jason sofort bemerkte, zwei Goldkronen. Er mochte Mie der Fünfzig sein, eine staliche, aufrechte Erscheinung, grauhaarig und mit einem Ausdruck echter Wärme im gutgeschnienen, aristokratischen Gesicht. Er sah nicht wie ein Polizist aus.
    »Sie sind Jason Taverner?« fragte der Mann. Ohne die Antwort abzuwarten,

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