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Eine Andere Welt

Eine Andere Welt

Titel: Eine Andere Welt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Philip K. Dick
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Gruppenführer. »Ein Schwuler ist einer, der sich mit homosexuellen Absichten an junge Männer heranmacht, vorzugsweise aber an Minderjährige. Nicht ungesetzlich, aber moralisch verwerflich. Was machen Sie tagsüber?«
»Ich bin Gebrauchtwagenhändler.«
»Und wenn Ihre Kunden wüßten, daß Sie ein Schwuler sind, würden sie ihre Wagen nicht bei Ihnen kaufen, nicht wahr? Nicht wenn sie sich vorstellen, wo diese haarigen weißen Hände, die ihnen gerade die Bedienung des Wagens zeigen, außerhalb der Arbeitszeit herumfingern. Stimmt‘s, Mr. Mufi? Selbst ein Gebrauchtwagenhändler kann dem moralischen Vorwurf, ein Schwuler zu sein, nicht entgehen. Selbst wenn es nicht länger verboten ist.«
»Meine Muer war schuld«, sagte Mufi zerknirscht. »Sie beherrschte meinen Vater, der ein Pantoffelheld war.«
»Wie viele Jungen haben Sie in den letzten zwölf Monaten verführt?« fragte der Gruppenführer. »Es ist mein Ernst. Holen Sie sich jede Nacht einen anderen, oder wie geht das vor sich?«
»Ich liebe Ben«, sagte Mufi, der unverwandt geradeaus starrte und die Lippen beim Sprechen kaum bewegte. »Später, wenn ich finanziell besser gestellt bin und für ihn sorgen kann, möchte ich ihn heiraten.«
Der Gruppenführer wandte sich wieder dem Jungen zu. »Möchtest du, daß wir dich hier herausholen und zu deinen Eltern zurückbringen?«
»Er lebt hier«, sagte Mufi mit einem verschämten Lächeln.
»Ja, ich will hierbleiben«, sagte der Junge mürrisch. Er zog fröstelnd die Schultern zusammen. »Könnten Sie mir die Decke wiedergeben?«
»Hauptsache, Sie treiben Ihre Schweinereien hier drinnen nicht zu laut«, sagte der Gruppenführer, resigniert den Rückzug antretend. »Mein Go. Und diese Troel haben den Paragraphen gestrichen!«
»Wahrscheinlich«, sagte Mufi mit auommender Selbstsicherheit, als er die Polizisten aus seinem Schlafzimmer gehen sah, »wurde der Paragraph deshalb gestrichen, weil manche von diesen übergewichtigen Polizeioffizieren selbst mit Jungen ins Be steigen und nicht eingelocht werden wollten. Der Skandal wäre ihnen unerträglich gewesen.« Sein Lächeln dehnte sich zu einem anzüglichen Grinsen.
»Ich hoffe«, sagte der Gruppenführer angewidert, »daß Sie sich eines Tages eines Vergehens schuldig machen und ich im Dienst bin, wenn Sie eingeliefert werden. Damit ich Ihre Reise in den Steinbruch persönlich für Sie buchen kann.« Er räusperte sich, dann spuckte er Mr. Mufi ins Gesicht.
Schweigend troete die Gruppe durch das Wohnzimmer mit den überquellenden Aschenbechern und den halbleeren Whiskygläsern, dann durch die Diele und hinaus in den Korridor. Der Gruppenführer schloß die Wohnungstür, stand einen Augenblick fröstelnd der öden Freudlosigkeit seiner Gedanken ausgeliefert, dann zog er die Mieterliste aus der Brusasche, hielt sie unter die Lampe und sagte: »Zweihundertelf. Mrs. Ruth Gomen. Es ist die letzte Wohnung, also muß dieser Taverner bei ihr sein, wenn er überhaupt im Haus ist.«
Er klope an die Wohnungstür und stand wartend, den bleigefüllten Schlagstock einsatzbereit, aber auf einmal lustlos und gleichgültig. »Wir haben Mufi gesehen«, sagte er, halb zu sich selbst, »nun wollen wir sehen, wie diese Mrs. Gomen ist. Hoffentlich besser. Viel mehr von diesen Schweinereien kann ich nicht ertragen.«
»Schlimmer kann es kaum werden«, sagte einer der Polizisten düster. Die anderen nickten und scharrten mit den Füßen, hielten sich bereit für die zögernden Schrie jenseits der Tür.
13
    I
    ch bin überzeugt, daß ich mit wenigstens vierundzwanzig, wahrscheinlich aber mit achtundvierzig Stunden rechnen kann«, sagte Jason Taverner. »Also muß ich nicht sofort von hier
verschwinden.« Und wenn meine Annahme richtig ist, dachte
er, dann wird sie die Situation zu meinem Vorteil verändern. Ich
werde vor der Polizei sicher sein.
»Ich bin froh«, sagte Ruth. »Möchtest du noch was zu trinken?
Scotch und Cola, vielleicht?«
›Die Theorie verändert die Wirklichkeit, die sie beschreibt‹. »Nein, danke«, sagte er und durchwanderte ziellos das Wohnzimmer. Er ertappte sich dabei, daß er horchte ... auf was, wußte
er nicht. Vielleicht war es die Abwesenheit von Geräuschen, die
ihn aufmerken ließ. Kein Gemurmel von Fernsehgeräten, keine
dumpfen Schrie über ihnen. Nicht einmal die verwehten Klänge
von Musik. »Haben diese Wohnungen dicke Wände?« fragte er
Ruth.
»Ich höre nie etwas.«
»Kommt dir irgend etwas seltsam vor? Außergewöhnlich?« Sie schüelte den

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