Eine Andere Welt
verständlich.«
Buckman schlug die Akte Jason Taverner auf und blickte auf einen 13x18-cm-Hochglanzabzug mit Stempel des Fotografen auf der Rückseite und der maschinengeschriebenen Bemerkung: ›Überreicht von der Jason-Taverner-Schau, jeden Dienstag 21:00 Uhr im NBC.‹
»Mein Go«, sagte Buckman. Herb Maime beugte sich vor und blickte ihm über die Schulter. Zusammen betrachteten sie wortlos das Werbefoto mit dem fotogenen Kopf Jason Taverners, bis Herb schließlich sagte: »Sehen wir uns an, was noch da ist.«
Buckman legte das Foto aus der Hand und las die erste Seite der Akte.
»Wie hoch ist die Einschaltquote?« fragte Herb.
»Dreißig Millionen«, sagte Buckman. Er drückte die Taste der Gegensprechanlage und sagte: »Peggy, rufen Sie das NBC-Fernsehstudio hier in Los Angeles an und verbinden Sie mich mit der Geschäsleitung, je höher, desto besser. Sagen Sie ihnen, daß wir es sind.«
»Ja, Mr. Buckman.«
Kurz darauf erschien ein verantwortlich aussehendes Gesicht auf dem Bildschirm des Telefons, und eine Stimme sagte: »Ja, Sir? Was können wir für Sie tun, General?«
»Strahlen Sie die Jason-Taverner-Schau aus?« fragte Buckman.
»Jeden Dienstagabend, seit drei Jahren. Beginn um neun Uhr.«
»Sagten Sie, daß Sie die Schau seit drei Jahren im Programm haben?«
»Ja, General.«
Buckman murmelte einen Dank und legte auf.
»Dann erhebt sich die Frage, was Taverner in Wa s verloren hae«, sagte Herb Maime. »Wozu besorgt sich ein Mann wie er falsche Ausweispapiere?«
»Wir konnten nicht mal eine Geburtsurkunde von ihm auftreiben«, sagte Buckman. »Wir fragten alle existierenden Datenspeicher ab, alle Archive. Sagen Sie, Herb, haben Sie jemals von der Jason-Taverner-Schau gehört? Dienstag abends um neun im NBC?«
»Nein«, sagte Herb zögernd.
»Sie sind nicht sicher?«
»Wir haben so o über Taverner gesprochen ...«
»Ich habe nie von dieser Schau gehört«, erklärte Buckman. »Und ich sehe jeden Abend zwei Stunden lang fern. Zwischen acht und zehn.« Er wandte sich der nächsten Seite zu und fegte das erste Bla beiseite; es fiel zu Boden, und Herb hob es auf.
Auf der zweiten Seite befand sich eine Liste der Plaenaufnahmen, die Jason Taverner im Laufe der Jahre gemacht hae, komple mit Titeln, Erscheinungsdaten und Verkaufszahlen. Er starrte auf die Liste, bis die Zeilen zu tanzen begannen: sie ging neunzehn Jahre zurück.
Nach einer Weile sagte Herb: »Er sagte uns, daß er Sänger sei. Und unter seinen falschen Papieren war eine Mitgliedskarte der Musikergewerkscha. Dieser Teil stimmt also.«
»Es stimmt alles«, sagte Buckman mit heiserer Stimme. Er blätterte weiter. Die nächste Seite gab Aufschluß über Jason Taverners Vermögensverhältnisse, die Quellen und die Höhe seines Einkommens. »Unglaublich«, grunzte Buckman. »Was ist dagegen ein Polizeigeneral? Der Kerl verdient weit mehr als wir beide zusammen.«
»Er hae eine Menge Scheine bei sich, als er uns von Las Vegas überstellt wurde. Und er zahlte Kathy Nelson ein Schweinegeld für die falschen Papiere. Erinnern Sie sich?«
»Ja, Kathy erzählte es McNulty; ich weiß es aus seinem Bericht.« Buckman grübelte und knickte Eselsohren in die Ecke der fotokopierten Akte. Dann blickte er plötzlich auf und sah Herb Maime an.
»Was ist?« fragte Herb unbehaglich.
»Dies hier sind Fotokopien. Die Originalunterlagen werden in der Datenzentrale verwahrt und nie herausgegeben; nur Kopien werden verschickt.«
»Aber man muß die Akte herausnehmen, um sie zu fotokopieren.«
»Eine Sache von fünf Minuten«, sagte Buckman. »Wenn überhaupt.«
Herb schüelte zweifelnd den Kopf. »Ich weiß nicht. Verlangen Sie keine Erklärung von mir. Ich weiß nicht, wie lange es dauert.«
»Natürlich wissen Sie es. Wir wissen es alle. Jeder von uns hat hundertmal dabei zugesehen. Die Kopiermaschine läu den ganzen Tag.«
»Dann muß ein Irrtum des Computers vorliegen.«
Buckman grunzte, als er zum nächsten Bla überging. »Es existierten nie irgendwelche politischen Mitgliedschaen; er ist völlig sauber. Gut für ihn. Stand eine Zeitlang mit dem Syndikat in Verbindung. Trug eine Schußwaffe, hae aber Erlaubnis beantragt und erhalten. Wurde von einem gewissen Artemus Franks aus Des Moines wegen Verletzung von Urheberrechten verklagt, aber Taverners Anwälte gewannen den Prozeß.«
Er las da und dort, ohne etwas Bestimmtes zu suchen. »Von seiner letzten Plae wurden über zwei Millionen Stück verkau. Haben Sie schon mal Schlager von Jason Taverner gehört?«
»Ich
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