Eine Andere Welt
weiß nicht«, sagte Herb unsicher.
Buckman lehnte sich zurück und blickte eine Weile unverwandt zu ihm auf. »Ich habe nie etwas dergleichen gehört. Das ist der Unterschied zwischen Ihnen und mir, Herb. Sie sind nicht sicher. Ich bin es.«
»Sie haben recht«, sagte Herb. »Aber ich weiß es wirklich nicht, wenn Sie mich so fragen. Ich finde diese Geschichte einigermaßen verwirrend, und wir haben anderes zu tun; wir müssen uns über Ihre Schwester und den Obduktionsbefund Gedanken machen. Wir sollten so bald wie möglich mit dem Leichenbeschauer und dem Polizeiarzt sprechen. Die beiden sind wahrscheinlich noch immer bei Ihnen zu Haus; ich werde sie anrufen, und Sie können dann ...«
»Taverner«, sagte Buckman sinnend, »war bei ihr, als sie starb.«
»Ja, das ist erwiesen. Chancer kann es bezeugen. Sie fanden es nicht so wichtig, aber ich denke, wir sollten ihn vorladen und verhören, und sei es nur des Protokolls und der guten Ordnung halber. Warum nicht hören, was er zu sagen hat?«
»Könnte Alys ihn von früher her gekannt haben?« sagte Buckman, und er beantwortete seine Frage selbst mit einem Ja. Alys hae immer Sechser gemocht, besonders solche aus der Unterhaltungsbranche. Leute wie Heather Hart. Im vorletzten Jahr hae sie mit dieser Hart drei Monate lang ein Liebesverhältnis gehabt ... eine Affäre, die ihm nur auf Umwegen zu Ohren gekommen war. Sie waren sehr um Geheimhaltung bemüht gewesen, die beiden. Vielleicht das einzige Mal, daß Alys wirklich dichtgehalten hae.
Dann fand er in Jason Taverners Akte eine Erwähnung der Sängerin Heather Hart. Fasziniert überflog er den Absatz. Heather Hart war mindestens ein Jahr lang Taverners Geliebte gewesen.
»Nun ja«, murmelte er. »Schließlich sind beide Sechser.«
»Taverner und wer?«
»Heather Hart. Die Sängerin. Diese Akte ist auf dem neuesten Stand; hier steht, daß Heather Hart vor zwei Wochen in Jason Taverners Schau aurat. Als besonderer Studiogast.« Er stieß die Akte von sich und wühlte in den Jackentaschen nach Zigareen.
»Hier.« Herb streckte ihm die eigene Packung hin.
Buckman rieb sich das Kinn, dann sagte er entschlossen: »Wir nehmen uns diese Hart auch vor. Zusammen mit Taverner.«
»In Ordnung.« Herb nickte und machte eine Notiz auf seinen Block.
»Der Täter war Jason Taverner«, sagte Buckman sinnend, wie zu sich selbst. »Er tötete Alys aus Eifersucht. Nachdem er von ihrem Verhältnis mit Heather Hart erfahren hae.«
Herb Maime runzelte die Stirn.
Buckman blickte zu ihm auf, beobachtete ihn. »Ist das nicht richtig?«
»Könnte hinhauen«, sagte Herb Maime nach einiger Zeit.
»Also haben wir ein Motiv und eine Gelegenheit. Außerdem einen Zeugen: Chancer, der aussagen kann, daß Taverner in sehr aufgeregtem Zustand aus dem Haus rannte und versuchte, die Schlüssel von Alys‘ Wagen an sich zu bringen. Und dann, als Chancer, mißtrauisch geworden, im Haus nach dem Rechten sah, flüchtete Taverner und entkam. Chancer sah ihn noch davonlaufen und gab Warnschüsse ab, die Taverner jedoch nicht beachtete.«
Herb nickte.
»Das ist es«, sagte Buckman.
»Soll er gleich festgenommen werden?«
»So bald wie möglich.«
»Wir werden alle Kontrollstellen verständigen. Wenn er noch in Los Angeles ist, können wir ihn vielleicht mit einer Durchsage dazu bringen, sich zu melden.«
Buckman nickte.
»Wollen wir sagen, daß Taverner an ihren Orgien beteiligt gewesen sei?«
»Es gab keine Orgien«, sagte Buckman.
»Holbein und sein Anhang werden ...«
»Das sollen sie erst einmal beweisen«, sagte Buckman. »Hier vor einem kalifornischen Gericht. Wo wir die Jurisdiktion haben.« »Warum eigentlich Taverner?« sagte Herb.
»Jemand muß es doch sein«, sagte Buckman, halb zu sich selbst. Er legte die Hände mit ineinander verschränkten Fingern vor sich auf den mächtigen alten Eichenschreibtisch. »So ist es immer«, sagte er. »Jemand muß es sein, und Taverner ist genau der Richtige für uns; eine bekannte Persönlichkeit aus der Unterhaltungsbranche. Genau, was sie schätzte. Das ist auch der Grund, warum sie ihn mit nach Hause nahm; sie zog diese halbseidenen Berühmtheiten allen anderen Typen vor.«
Er blickte fragend auf. »Und warum nicht? Er kommt uns wie gerufen.«
26
N
achdem er Mary Anns Wohnung verlassen hae, ging Jason Taverner beschwingten Schris die Straße hinunter. Sein Geschick hae sich gewendet. Alles war zurückgekommen, alles, was er verloren geglaubt hae.
Ich bin der glücklichste Mensch auf der ganzen verdammten
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