Eine angesehene Familie
rausgeekelt!«
»Sie wollte gehen! Du hast geratzt wie ein Bock! Ich wollte sie hierbehalten, aber sie sagte: Lassen Sie ihn schlafen. Es tut ihm gut.«
»Ich liebe sie, Peter. Ich liebe sie wahnsinnig.«
»Bekannt!«
»Sie kommt morgen wieder.«
»Hoffentlich.« Roßkauf ging zum Tisch, goß sich den Rest Wein ein und stürzte ihn mit einem langen Schluck hinunter als sei er Wasser. Wie sage ich es, dachte er. Wie bringe ich ihm das bei? Als er das Glas absetzte, hatte er sich entschlossen, ohne Rücksicht die Wahrheit zu sagen. »Ist dir nichts aufgefallen?«
»Was?« Mahlert starrte ihn irritiert an. »An Monika?«
»Ja.«
»Sie ist schön wie ein Engel.«
»Ist es möglich, daß sie an der Nadel hängt?«
»Du bist komplett verrückt!« Mahlert wischte sich über die Augen. »Nur weil ich Monika in einer Disko getroffen habe, soll sie … Das ist hirnrissig! Dann müßten ja alle Diskobesucher potente Drücker sein! Gerade beim Diskopublikum triffst du die ziemlich selten.«
»Gewiß. Nicht alle haben Einstiche in der Armbeuge«, sagte Roßkauf ruhig. »Und nicht alle haben ein Spritzenhämatom neben der linken Armvene …«
Mahlert sah seinen Freund aus entsetzten Augen an. »Das ist nicht wahr …« sagte er tonlos. »Peter, das hast du bei Monika nicht gesehen!«
»Wenn sie morgen kommt, laß dir ihre Arme zeigen.«
»Das werde ich! Darauf kannst du Gift nehmen!«
»Aber sie wird nicht kommen! Denn sie wird nachher sehen, daß sich das Hämatom gebildet hat. Es ist ganz frisch! Junge, ich habe als Mediziner einen Blick dafür. Glaub' es mir doch! Während du geschlafen hast, muß sie sich einen Schuß gesetzt haben. Hier in der Wohnung!«
»Das wäre schrecklich!« Mahlert legte die Hände aneinander und schluckte mehrmals, als sei er einem Würgegriff entronnen. »Wenn du recht hast, Peter, haben wir einen wahnsinnigen Kampf vor uns …«
»… den wir verlieren werden!« Roßkauf starrte auf den Stuhl, auf dem Monika bei seiner Rückkehr gesessen hatte. »Die Chancen stehen 3 : 97! Ein verflucht eindeutiges Verhältnis.«
An diesem Abend registrierten die Streifenberichte in Frankfurt die Beobachtung von neun grünen Yamaha-Mopeds. Sieben wurden von jungen Männern gefahren, nur zwei von Mädchen, auf die eine Beschreibung der unbekannten Monika jedoch nicht zutraf. Nur eins war sicher – doch das konnte die Polizei nicht ahnen: Eines der neun grünen Mopeds gehörte Monika, und ein Dieb saß im Sattel. Er hätte Auskunft geben können, wo er es gestohlen hatte. Das weitere wäre dann sehr einfach gewesen.
So aber verlor auch das grüne Moped seinen Wert als brauchbare Spur.
Es blieb erstaunlicherweise alles ruhig im Umkreis der Familie Barrenberg.
Makaroff meldete sich nicht wieder, weder bei Maria Barrenberg noch bei Monika. Eine Woche lang hütete Maria das Telefon wie eine Glucke ihre Eier, vor allem, wenn Eduard im Haus war. Klingelte es, dann war Maria immer etwas schneller als ihr Mann und gab die Gespräche weiter. Eduard Barrenberg war viel zu ahnungslos, um in dieser Betriebsamkeit etwas Verdächtiges zu sehen. In den weiteren Tagen sagte er sogar: »Heb' du ab, Maria!« – blieb gemütlich in seinem Sessel sitzen, rauchte eine Zigarre, trank Bier oder Kognak, las die Zeitung, blätterte in den Fachpublikationen oder ärgerte sich maßlos über die Steuer. Meistens allerdings kam Eduard sehr spät nach Hause. Die Geschäfte gingen gut, sein Architekturbüro erstickte in Aufträgen, die Baufirmen, an denen er beteiligt war, stellten neue Arbeitskräfte ein, Barrenberg schwelgte in einem Bau-Boom, und jeder in der Familie begriff, daß er als Seele des Ganzen auch immer an den Brennpunkten des Geschäftes zugegen sein mußte. Man kannte das seit Jahren nicht anders.
Barrenbergs Hauptaufgabe war allerdings nicht die Überwachung der Baustellen, sondern die Einrichtung des Bungalows für Bettina Ahrendsen. Was schön und teuer war, trug er zusammen, ließ es auf Lager nehmen und schrie mit den Handwerkern herum, die noch in dem Neubau arbeiten und die Zeit von drei Wochen überzogen hatten.
Bettinas Ausstellung bei Bieringer war ein beachtlicher Erfolg. Zur Eröffnung drängten sich über zweihundert Besucher in der Galerie – alles geladene Gäste –, belagerten das große kalte Büffet, standen an der improvisierten Bar, ließen sich von den Zeitungsreportern knipsen und diskutierten über die Bilder der Ahrendsen.
Zwei Männer vermieden es, in die Kameras zu blicken:
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