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Eine angesehene Familie

Eine angesehene Familie

Titel: Eine angesehene Familie Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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eher lästig war. Sie glitt unter seinen Händen weg, kniete sich neben das Bett und wehrte seine Hände ab.
    »Gleich kommt dein Freund wieder«, sagte sie.
    »Erst wenn es dunkel ist.«
    »Ihr habt da also schon etwas eingeplant?!« Sie setzte sich auf einen Stuhl außerhalb der Reichweite seiner Arme und kämmte sich mit gespreizten Fingern das Haar. »Ihr seid doch alle gleich! Man trifft sich zufällig, sieht sich an und denkt von diesem Augenblick an nur noch ans Bumsen. Die große, alles umfassende neue Weltanschauung: Die Alleinherrschaft des Unterleibs! Der Horizontalismus!«
    »Ich liebe dich, Monika!« sagte Mahlert laut, gegen die Musik aus dem Plattenspieler anschreiend.
    »Das ist ein dummes Wort, Holger!« Sie drehte den Ton leiser und blieb neben dem Gerät stehen. »Was ist Liebe? Mein Vater hat eine Geliebte. Auch in diesem Wort steckt ›Liebe‹! Aber ist das wirklich Liebe? Und wenn du meinen Vater fragen würdest, ob er meine Mutter, seine Frau, liebt, wird er fast beleidigt antworten: Natürlich liebe ich sie! – Überall nur Liebe! Im Ehebett, im Hurenbett … Findest du nicht auch, daß gerade das Wort Liebe das verlogenste ist, das wir Menschen überhaupt aussprechen können?! Wäre es nicht ehrlicher, zu sagen: Ich will mit dir ins Bett, das macht Freude, dir und mir, und hinterher geben wir uns die Hand, sagen: Schön war's! – und gehen weiter unsere getrennten Wege, bis wieder mal so ein Körperchen die Straße kreuzt und wir ihm zurufen: Halt! Stehenbleiben! Auf dich habe ich gerade Appetit! –« Sie sah Holger Mahlert mit unruhigen Augen an. »Wäre das nicht viel besser – und ehrlicher?«
    »Nein! Mein Gott; Monika, du redest daher, als gäbe es keine Ideale!«
    »Gibt es die wirklich?«
    »Gibt es keine Silbernen und Goldenen Hochzeiten? Warum bleiben zwei Menschen 25 oder 50 Jahre zusammen?«
    »Aus Gewohnheit! Aus Trägheit! Es ist ja so bequem, jemanden zu haben, der putzt und kocht, wäscht und stopft und immer vorhanden ist als Müllplatz der Launen. Den man zu jeder Tages- und Nachtzeit benutzen kann, ohne extra dafür zu zahlen oder mit Geschenken um diese Gunst zu betteln. Meine Eltern feiern in zwei Jahren ihre Silberne Hochzeit! Man sollte meinen Vater fragen, wie oft er in diesen 25 Jahren meine Mutter betrogen hat! Dann sollte man zusammenzählen, wieviel treue Tage oder Monate es in diesen 25 Jahren gegeben hat. Entweder würden die Gäste weglaufen oder Beifall klatschen! Die Männer vor allem würden applaudieren! Und dann sollte man weiter fragen: 25 Jahre Ehe – ist das Liebe? Bei dieser Rechnung?! – Nein! Man hat nur 25 Jahre lang eine Hafengebühr bezahlt, um sicher und ruhig zu ankern. Die reichen Fischgründe aber liegen weit draußen, anderswo …«
    »Du haßt deinen Vater …« sagte Mahlert gepreßt.
    »Das wäre ja auch ein Gefühl! Nein – ich mißachte ihn! Ich verabscheue ihn. Er hat die treueste Frau der Welt.«
    »Das widerspricht voll deiner These von den ständig wechselnden Kopulationswünschen.«
    »Mama? Nie! Undenkbar!«
    »Also gibt es doch noch ›das Gute‹ im Menschen! Also gibt es doch noch Liebe! Und ich liebe dich …« Mahlert sank in die Kissen zurück. Das Sprechen strengte ihn ungemein an, eine neue Schwäche überfiel ihn und das Gefühl, schwerelos zu werden, wie vor kurzem, als Roßkauf ihm nach einer Infusion ein starkes Schmerzmittel eingeflößt hatte, das seine Brust von dem versengenden Schmerz befreit hatte. »Bist du nicht wie deine Mutter?«
    »Niemand kann so sein wie sie.«
    »Hast du Angst vor dir selbst?«
    »Ich glaube nicht.« Sie kam näher, setzte sich wieder auf sein Bett und küßte ihn mit Zärtlichkeit, aber ohne fordernde Erotik. »Ich habe mit Freddy geschlafen«, sagte sie plötzlich.
    »Das habe ich angenommen.«
    »Aus Mitleid habe ich mit ihm geschlafen.«
    »Natürlich!« Er zog sie zu sich und streichelte über ihr Gesicht. »Du siehst so erwachsen aus und bist doch nur ein kleines Schaf! Hast du geglaubt, Freddy damit von der Nadel zu ziehen?«
    »Ja …«
    »Und was tut er? Er drückt sich den Goldenen Schuß!«
    Sie antwortete nicht, stellte nichts richtig, brach ihre Beichte ab. Sie sagte nur: »Man muß auch Fehlinvestitionen verkraften können. – Ein Satz von meinem verlogenen Vater.«
    Dann stand sie auf, ging in das kleine Badezimmer, zog sich aus, wusch sich und kam nackt ins Zimmer zurück. Nachdenklich, aber nicht enttäuscht, blieb sie vor dem Bett stehen und sah auf Holger

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