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Eine angesehene Familie

Eine angesehene Familie

Titel: Eine angesehene Familie Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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Max Rolle in diesen Minuten. Der hatte keine Sorgen, die Fleischfabriken liefen auf Hochtouren, er konnte sich in Argentinien herumdrücken, Argentinien war berühmt für seine schönen Frauen und Max Rolle wiederum war berühmt dafür, daß er, obgleich durchaus nicht mit Schönheit gesegnet, immer die tollsten Frauen hatte, was andere Männer verwirrte und mit Komplexen belud. Seine Liebschaften kannte jeder, auch Ljuba Antonowna, aber sie war tolerant und schwieg. Ein beneidenswerter Mann, der nur nicht wußte, daß Ljubas Toleranz sich aus dem innigen Verhältnis mit einem Opernsänger in Wiesbaden erklärte. Der Mann war Bassist und hatte sogar schon bei drei Konzerten im Hause Barrenberg gesungen.
    Er rief Bettina an, aber sie meldete sich nicht. Sie war anscheinend noch in Offenbach. Barrenberg lief in seinem Zimmer unruhig hin und her, setzte sich dann vor das Fernsehgerät, ärgerte sich über die linkslastige Sendung, rief dann noch einmal zu Hause an, bekam das neue Hausmädchen ans Telefon und hörte, daß die Gnädige Frau fortgefahren sei. Fräulein Monika, nein, die sei auch nicht da.
    Wie spät war es denn schon? Eine Stunde vor Mitternacht. Barrenbergs Unruhe, aber auch sein Zorn steigerten sich von Minute zu Minute. Genau um 23 Uhr überwand er den letzten inneren Widerstand, bezwang seinen Stolz und rief Holger Mahlert an. Der wohnte schon seit über zwei Monaten wieder im Elternhaus, nachdem seine Stichverletzung endlich ausgeheilt war. Auch hier meldete sich ein Hausangestellter, ein Butler. Barrenberg strich sich über die Augen. Total vornehmer Pinkel, dachte er. Ob Monika weiß, daß ihr Holger von einem Butler betreut wird? Auch das gibt es noch in Deutschland. Ein Butler, der sagt: »Ich werde den jungen Herrn verständigen …«
    Mahlert meldete sich sofort. Seine Stimme klang besorgt. »Wenn Sie mich so spät anrufen, Herr Barrenberg, ist es nichts Gutes!« sagte er hastig. »Was ist los?«
    »Sie scheinen mich für einen Chaoten zu halten!« Barrenberg lehnte sich in dem tiefen Ledersessel zurück und schloß die Augen. »Ich hatte Ihnen bei unserem letzten Gespräch versprochen, daß wir mal zusammenkommen. Ich habe mir gedacht, daß …« Er zögerte, holte dann tief Atem und preßte die Finger um den Telefonhörer. »Nein! Das ist alles Quatsch! Holger, ich brauche Sie! Ich will nicht drum herumreden. Ich brauche dringend Ihre Hilfe! Monika ist weg …«
    »Weg? Was heißt weg?« stotterte Mahlert.
    »Das, was es bedeutet: Monika hat mich beschimpft, ich habe ihr eine Ohrfeige gegeben, und da ist sie auf und davon. Sie will kein Abitur mehr machen, will nicht mehr wiederkommen, sagt sich von uns los!«
    »Um Gottes willen!«
    »Hier hilft kein Gott, Holger, hier müssen wir ran! Ich weiß nicht, was in das Mädchen gefahren ist. Sie ist völlig verändert. Aufsässig, frech, renitent, spricht plötzlich in einer Sprache, aus der die Gosse stinkt! Ich bin völlig geschlagen. Wenn ich Ihnen das gestehe, können Sie ermessen, was bei mir los ist! Monika ist heute morgen fort und bis zur Stunde noch nicht zurückgekommen. Meine Frau weiß noch von nichts, ich möchte sie so lange wie möglich schonen. Aber Sie, Holger – von Ihnen nehme ich an, daß Sie meine Tochter mögen …«
    »Ich liebe sie, Herr Barrenberg.«
    »Dann helfen Sie mir! Ich weiß nicht einmal, in welchem Verhältnis meine Tochter zu Ihnen steht …«
    »In keinem – Verhältnis, wenn Sie in dieser Richtung denken. Wir haben wenig über die Zukunft gesprochen, und wenn, dann wich Monika immer aus. Aber ich liebe sie, ich möchte sie heiraten, sobald ich meinen Diplom-Chemiker habe.«
    »Wo kann Monika um diese Zeit noch sein?« fragte Barrenberg heiser. »Glauben Sie, bei einer Freundin?«
    »Wohl kaum …«
    »Sie wissen mehr?« schrie Barrenberg. »Holger, sagen Sie mir sofort alles, was Sie wissen!«
    »Ich habe es auch nicht gesehen …« Holgers Stimme klang brüchig. »Roßkauf, mein Freund, ein Mediziner, hat mich darauf gestoßen, aber ich habe es immer abgelehnt, so etwas zu glauben …«
    »Was, zum Teufel, was, Holger?!«
    »Monika muß süchtig sein.«
    »Das ist unmöglich!« Barrenberg starrte gegen die Zimmerdecke. Seine Augen brannten, als würden sie von innen verätzt. »Das ist völlig unmöglich.«
    »Sie – sie spritzt sich …«
    »Holger, das ist nicht wahr!« Barrenbergs Stimme zerbröckelte, sie hatte keinen Ton mehr. Er spürte sein Herz, diesen beengenden Druck, dieses Abwürgen, eine Zange,

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