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Eine angesehene Familie

Eine angesehene Familie

Titel: Eine angesehene Familie Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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waren unruhig, die Finger trommelten auf die Theke oder glitten nervös über die polierte Fläche. Ihre großen Augen beobachteten Bollwitz, die Lippen hatte sie fest zusammengepreßt.
    »Wenn es Sie interessiert«, sagte Bollwitz betont, »können wir nachher die anderen Räume besichtigen. Auch das Schlafzimmer.«
    »Gern.«
    »Der Raum hat sogar eine Spiegeldecke!«
    »Toll!«
    »Und einen Fußboden aus Spiegelkacheln. Das gibt eine Wirkung …«
    »Glaube ich Ihnen!« Monika beugte sich etwas vor, ihre Brust kam Bollwitz entgegen. »Da kann es Perspektiven geben …«
    Bollwitz setzte die Champagnerflasche ziemlich hart auf die Platte und umklammerte sie mit beiden Händen, als müsse er sich an ihr festhalten. Das Kinn stützte er auf den noch vom Stanniol umkleideten Korken.
    »Was ist eigentlich mit Ihnen los, Monika?« fragte er. »Ich kenne Sie immerhin als Tochter meines Freundes Eduard. Wäre das nicht so, dann könnte ich denken, ich hätte mir ein junges Flittchen aufgerissen, das einmal ganz groß auf den Putz hauen will. Für zweihundert Mark bist du dabei …«
    »Fünfhundert!« sagte Monika ruhig und spielte mit ihrem Glas. »Über zwei Stunden das Doppelte.«
    Bollwitz schluckte. »Mit sowas macht man keine Witze, Monika!«
    »Ich habe von meinem Vater gelernt, daß Geldgespräche nie witzig sind.« Sie nahm Bollwitz die Flasche aus den Händen, entkorkte sie mit geübter Hand und goß sich und dem Fabrikanten ein. »Ich habe Ihnen gesagt, daß ich jetzt selbständig bin. Ich bin fort von zu Hause. Ich suche mir meinen eigenen Weg.«
    »Und ausgerechnet in dieser Richtung?«
    »Wollen Sie Moral predigen oder mit mir schlafen?« Sie trank einen Schluck und zog dann mit einem Ruck ihre Bluse aus. Mit entblößtem Oberkörper lehnte sie sich provozierend zurück, wobei sie sich an der Thekenkante festhielt. »Wenn Sie noch weiter fragen, können Sie mich gleich in die Stadt zurückfahren.« Das war auch ein Trick von Bibi. Damit hat sie immer das große Geld gemacht. Dreimal war ich ja dabei. Die Kerle wurden unruhig wie hungrige Wölfe, wenn man ihnen vom Weggehen sprach. »Oder ist Ihnen das einen Tausender wert?«
    »Monika!« Bollwitz atmete schwer. Sein an sich schon rotes Gesicht hatte sich purpurn verfärbt und schien anzuschwellen. Die Äuglein über den feisten Backen blickten auf ihre Brüste. Wenn Eduard das wüßte, dachte er. Du lieber Himmel, wenn er jemals erfahren würde, daß ich mit seiner Tochter … er schlägt mich tot! Da hat es auch keinen Sinn, beweisen zu wollen, daß seine Tochter damit angefangen hat, daß sie sich angeboten hat, daß sie sich wie ein Vollprofi benommen hat, und daß man's einem Mann nicht übelnehmen kann, wenn er bei einem solchen Angebot an nichts anderes mehr denkt als an dieses weißhäutige Körperchen, das zum Spiel bereit ist. Eduard, du solltest deine Tochter totschlagen, aber nicht mich! Aber du wirst es ja nie erfahren. Ich frage mich nur: Wie kommt ein Mädchen wie Monika zu diesem Leben?
    »Wenn du Geld brauchst, Monika«, sagte Bollwitz, »geb' ich dir auch zweitausend. Ja?«
    »Einverstanden.« Monika nickte kühl. Zweitausend – das sind vier gerettete Tage mit H 4. Vier Tage ohne Sorgen. Vier Tage mit sicheren Drucken. Vier Tage mit reinen Nadeln. Dafür kann man sich schon hinlegen und die Augen schließen. Nichts sehen von dem, was da mit einem geschieht. Versuchen, nichts zu fühlen, taub zu werden gegenüber allen Geräuschen, stumpf sein vor allen Gerüchen. Nur ein Stück Fleisch sein, etwas Weiches, das sich unter fremden Händen verformt, irgendein Gegenstand. Er sitzt auf einem Stuhl, er räkelt sich in einem Sessel, er wälzt sich auf einem Bett … Sei auch du nichts anderes als ein Möbelstück und denke nicht! Bloß nicht denken! Um Himmels willen nicht denken …
    Nach drei Stunden war der Alptraum vorbei.
    Sie hatte Bollwitz hundertfach in den Spiegeln gesehen, seinen schwabbeligen, nackten Körper mit dem Hängebauch. An der Decke, verkürzt auf dem Spiegelboden, von allen Seiten zurückgeworfen: das rote Gesicht, die Affenarme, die kleinen dicken Beine, das fleischige Gesäß … Und sie hatte, nur einen Moment lang, die Augen aufgeschlagen, als Bollwitz über ihr tobte, mit seinem Schweiß den Wald- und Erdgeruch noch verstärkend, und sie hatte das fürchterliche Spiegelbild angestarrt, über ihr, an der Decke, und es war ihr so übel geworden, daß sie Mühe hatte, Bollwitz nicht in das keuchende Gesicht zu

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