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Eine angesehene Familie

Eine angesehene Familie

Titel: Eine angesehene Familie Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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legte.
    »Bist du behämmert?« schrie Freddy. »Was war 'n das?!«
    »Ein Stich! Anders bis du nicht wach zu kriegen.«
    »Wer hat das Fenster aufgemacht? Fenster zu!«
    »Es bleibt auf!«
    »Soll ich 'ne Lungenentzündung kriegen?«
    »Hier stinkt es!«
    »Es sind schon viele erfroren, aber noch keiner erstunken.«
    »Dann wärst du vielleicht der erste gewesen.« Sie setzte sich neben ihm auf den Boden, weil es keine andere Möglichkeit gab, und warf die beiden Bierbüchsen aus dem Fenster.
    »Jetzt warte mal ab«, sagte Freddy und grinste. »Das ist 'n Fenster zur Straße. Gleich meldet sich einer, dem se auf die Birne gefallen sind.«
    Aber von der Straße kam kein Protest.
    »Was willst du hier?« fragte Freddy. »Wie kommste überhaupt hierher?«
    »Ich hab' Flügel!« sagte Monika.
    »Natürlich. Hab' ich ganz vergessen. Der Engel … Saus wieder ab in 'n Himmel! Bei mir haste dich verirrt.«
    »Ich war in ›Number Sex‹. Ein Typ an der Theke hat mir deine Adresse gegeben.«
    »Das war Julius, das Kamel. Wir nennen ihn Juliane, weil er schwul ist. Der kann mit 'ner flachen Hand 'ne Hose bügeln, so heiß ist der. Im Winter wird er ausgeliehen als Ofen.« Freddy lachte schrill, hob die Knie an und zog die Decke über seinen Unterkörper. »Mensch, mach 'ne Fliege! Guck nicht so dämlich hin! Morgens bin ich immer scharf wie Negerpfeffer.«
    »Ich muß mit dir sprechen, Freddy«, sagte Monika leise.
    Er verstand ihren Unterton, begriff, daß sie etwas bedrückte, und kraulte sich mit beiden Händen die strähnigen Haare. Der Riß an seiner Stirn hatte sich verkrustet und würde wohl eine Narbe bleiben, weil sich keiner darum gekümmert hatte.
    »Was willste mir schon sagen!«
    »Mein Vater geht fremd«, sagte sie mit ganz kleiner Stimme. »Er hat eine Geliebte. Ich – ich habe ihn beobachtet. Es ist so schrecklich, Freddy.«
    »Und da kommste zu mir?!«
    »Du bist der einzige, dem ich das sagen kann, ohne mich zu schämen.«
    »Weil ich selbst eine Sau bin.«
    »Ja.«
    »Eine dreckige, arme Sau!« Er schloß die Augen, seine Lippen zitterten. Die Hände blieben auf seinem Kopf liegen und krallten sich in seine Haare. Seine Stimme wurde weinerlich. »Manchmal möchte ich abkratzen, verstehst du? Wenn ich mich ansehe, könnt' ich mich ankotzen! Und du kommst zu mir und heulst mir vor: Mein Alter geht fremd …«
    »Ich heule ja gar nicht«, sagte Monika leise. »Ich muß es nur jemandem sagen, ich muß es aussprechen, ich muß mich davon befreien, indem ich es höre: Mein Vater betrügt meine Mutter!«
    »Okay!« Freddy stieß den Atem pfeifend durch die Lippen. »Wenn ihm das gut tut! Also: Dein Vater ist ein Riesenbumser!«
    »Was soll ich machen?«
    »Ihm nicht den Spaß verderben.«
    »Mehr kannst du dazu nicht sagen?«
    »Nun mach nicht in Weltschmerz! Das ist doch ganz normal.«
    »Normal? Wenn man seine Frau betrügt?«
    »Wie lange sind sie verheiratet?«
    »Dreiundzwanzig Jahre.«
    »Kannste dreiundzwanzig Jahre lang nur Blutwurst essen?«
    »Du bist gemein, Freddy!« Sie wehrte sich dagegen, aber es war nichts zu machen; Tränen schossen ihr in die Augen und rollten die Wangen hinunter.
    »Leck mich doch! Jetzt macht die 'n Faß auf!« sagte Freddy und stieß sich von der Wand ab. »In welcher Welt lebst du denn? Dein Alter will mal an jungem Kohl schnabbern. Macht doch jeder Karnickelbock. Wie alt ist se denn, deine Mama? Fünfundvierzig, Fünfzig oder noch drüber? Ist doch 'ne alte Puffe!«
    Monika saß wie erstarrt. Dann beugte sie sich vor, holte weit aus und gab Freddy eine schallende Ohrfeige. Sein Kopf flog zur Seite, er verlor das Gleichgewicht, kippte auf die Matratze und blieb dort liegen. Mit großen Augen sah er Monika an, ungläubig, ratlos, ergeben.
    »Das wollt' ich nicht. Verzeihung!« sagte Monika. Ihr Mund zuckte. »Aber wer Mama beleidigt …«
    Freddy schob sich wieder an die Wand. Er legte die Decke um seinen nackten Oberkörper und zog sie vor der Brust zusammen. »Willste 'ne Zigarette?«
    »Hasch, was?«
    »Nur 'n bißchen. Das macht dich frei. Hinterher ist dir alles scheißegal.«
    »Mir wird danach übel.« Monika schüttelte den Kopf. Sie sah sich suchend um. Aber da war nichts als Leere, schimmelige Wände, herunterhängende Tapete, abbröckelnder Deckenputz, verbogene Leitungen. Und Freddys nasser Anzug am Nagel. »Hast du nichts zu trinken?«
    »Ich kann dir von nebenan 'ne Cola holen.« Er versuchte aufzustehen, zog die Beine an, fiel aber kraftlos auf die Matratze

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