Eine angesehene Familie
zurück. Sein Lächeln sah ein wenig blöd aus. Der Mund verzog sich, die Mundwinkel hingen nach unten. »Verdammt, ich hab 'nen mächtigen Bock auf 'ne Nadel!« Er grinste verzerrt. »Ist gleich vorbei, Baby. Hol mal aus der Tasche den kleinen Blechkasten. In der Jacke.«
»Nein!«
»Sei kein blödes Loch und hol ihn! Ich kann mir's auch allein holen, aber ich will, daß du es holst! Was ist nun? Willste oder willste nicht? Wenn nicht – dann schwirr ab! Ich hab' dich nicht gerufen. Ich komme prächtig mit mir allein aus. Ich brauch' keinen, der mich mitleidig anglotzt. Holste nun den Kasten?«
Monika stand auf, ging zu dem nassen Anzug und fand in der linken Jackentasche eine kleine verbeulte Blechdose. In ihrem Inneren rollte etwas hin und her, als sie die Dose schüttelte.
»Vorsicht!« schrie Freddy. »Das ist 'ne Ampulle! Vierzig Eier haben sie verlangt. Mach die bloß nicht kaputt! Ist 'n ganz scharfer Dope!«
»Mein Gott!« Monika blieb mitten im Zimmer stehen. »Hast du den Afghanen schon verbraucht?!«
»Noch eine Nadel. Aber die heb' ich mir auf. Die misch' ich mir mit zwei gelben Hongkong-Rocks, dann hab' ich drei Drucke. Haushalten, Baby!« Freddy winkte ungeduldig mit beiden Armen. »Komm her! Und bring die Spritze mit! Nun mach schon!«
Sie kam näher, setzte sich wieder auf den Boden neben die Matratze und hielt Freddy das Blechkästchen und die Plastikspritze hin. Freddy ließ den Deckel aufschnappen und holte mit Daumen und Zeigefinger eine kleine gläserne Ampulle heraus. Wie einen Brillanten drehte er sie im Licht und zeigte sie Monika.
»Das ist 'ne Mischung aus Valeron und Morphium«, sagte er stolz.
»Um Gottes willen!« stammelte Monika.
»Stellt der Typ selbst her. Hat 'ne richtige kleine chemische Fabrik. Im Keller seines Einfamilienhauses in Kronberg. Keiner ahnt das. Ist 'n netter Kerl, den alle Nachbarn liebhaben. Immer so freundlich. Hat drei Hunde. Wer Hunde liebt, ist kein schlechter Mensch. Ich lach' mich tot über so 'n Scheiß! Aber im Keller, da braut der die tollsten Drücker! Ist 'n Geheimtip. Der hat auch einen Spezialknaller. ›Bloody Mary‹ nennt er den, so'n rotes Zeug, das er keinem verrät. Du, das in die Vene – das ist tierisch! Da haste das Gefühl, du fliegst, hüpfst rum wie die Mondfahrer, völlig schwerelos! Und alles ist dir egal. Die ganze Welt ist schön. Verstehste das? Dieser ganze Mistladen ist schön! Glücklich biste. In de Hose könntste dir pinkeln vor Freude. Es gibt keine Probleme mehr. Gar keine! Aber dann kommt der Hammer. Du pennst wie'n Bär, und wennste aufwachst, kotzt dich das ganze Leben an, und das Schlimmste ist: Jetzt weißte, wie's sein könnte …!«
Er brach die Spitze der Ampulle ab, steckte die Injektionsnadel hinein und zog die wasserhelle Flüssigkeit in den Kolben.
»Das ist ja Mord!« stammelte Monika. »Du mußt die Spritze doch erst auskochen! Die ist doch nicht steril!«
»Ich kann dir Schlamm spritzen, da passiert gar nichts!« Er warf die leere Ampulle ins Zimmer und drückte die Luft aus der Spritze. »Ich geb' dir 'n Drittel ab, wennste willst.«
Monika schüttelte heftig den Kopf. Freddy streckte den linken Arm aus und betrachtete seine Vene. Auf die war er stolz. Die beste Vene weit und breit. Prall, dunkelblau sich durch die Haut drückend. Da flutschte die Nadel so rein, daß man direkt geil werden konnte. Monika drehte den Kopf weg. Als sie Freddy laut schnaufen hörte, fuhr sie entsetzt herum. Er hockte im Schneidersitz auf der Matratze, mit einem glücklichen Lächeln und hielt ihr die Spritze entgegen. Die Flüssigkeit war jetzt hellrot, von seinem aufgesogenen Blut.
»Ich hab' dir was übriggelassen. So bin ich!«
Sie sah ihn an. Seine Augen waren weit und glänzend, sein Atem ging ruhiger, die vorher fahle Haut belebte sich, wurde rosiger. Er war wie ein Schwamm, der sich vollsaugt.
»Man vergißt alles?« fragte sie mit kindlicher Stimme.
»Du hast 'n unheimlich starkes Gefühl.«
»Wie soll ich das meiner Mutter sagen?«
»Was?«
»Daß Papa eine Geliebte hat.«
»Überhaupt nicht.«
»Sie würde daran auch zerbrechen.«
»Quatsch! Soll sich auch einen in 'n Kasten nehmen! Gleichberechtigung! Alle quatschen doch davon.«
»Und unsere Familie ist kaputt!«
»Alles ist kaputt, Monika! Alles ist nur Scheiß! Du warst nur auf der falschen Seite bisher. Mit Tomaten auf'n Augen!«
»Gib her!« sagte sie hart. Sie streckte die Hand aus.
Aber Freddy gab ihr die Spritze nicht. »Was ist
Weitere Kostenlose Bücher