Eine angesehene Familie
Ein weißbezogenes Bett wird bereitgehalten.«
Mahlert lächelte schwach. Diese Mediziner! Sie gleichen sich alle, die Medizyniker. »Es ist vorbei!« sagte er. »Er wird zu keiner neuen Begegnung mehr kommen.«
»Bist du sicher?«
»Absolut sicher.«
»Und woher diese Sicherheit?«
»Er – er ist in ein anderes Land gegangen.«
»Also doch! Und das Mädchen?«
»Ich werde es wiedertreffen.«
»Holger, du bist ein verrückter Hund! Gibt es nur die eine?«
»Ja, nur sie!« Holger Mahlert lächelte verträumt. »Nur sie allein …«
Dann fiel er wieder in einen tiefen Erschöpfungsschlaf.
Makaroff-Petrescu hatte auf dem gleichen Weg, auf dem er die Leiche Freddys in dem Abbruchhaus abgeladen hatte, auch Monika nach Hause gebracht.
Das Grauen, Freddy mit einem Goldenen Schuß getötet zu haben, war auf seltsame Weise von ihr gewichen. Während sie in tiefer Ohnmacht gelegen hatte, hatte Petrescu ihr vorsichtig ein Viertel der Normaldosis H Nr. 4 injiziert. Bei einem schußgewohnten Fixer hätte das nur eine müde Reaktion bewirkt – für Monika aber war es ein Druck, der ihr Wesen veränderte und sie von dem Gefühl befreite, in der Tiefe eines Abgrunds zu vegetieren. Als sie erwachte, fühlte sie sich unheimlich frisch, betrachtete den auf der Couch liegenden Toten und nahm sogar von Petrescu ein Glas Gin-Tonic an, das sie mit ruhiger Hand zum Mund führte. Petrescu beobachtete jede ihrer Bewegungen und war zufrieden.
Monika Barrenberg war sein Geschöpf geworden.
»Es wird nie jemand erfahren, was hier geschehen ist!« sagte Petrescu und streichelte Monika den Rücken. »Es bleibt unter uns.«
»Es war ein Unfall.« Sie trank das Glas leer und hielt es Petrescu hin. »Noch einen, bitte. Meine Kehle ist wie verdorrt. Und in meinem Kopf summt es. Herr Makaroff, wie konnte das bloß passieren?« Sie sah Freddy wieder an. Er lag da, als ob er schliefe und angenehm träumte. »Ich begreife das nicht.«
»Eine Überdosierung, ganz einfach.«
»Aber Freddy wußte doch ganz genau, was er vertrug.«
»Freddy war gar nicht mehr ansprechbar. Du hast ihm den Schuß aufbereitet und verpaßt. Viel zu viel!«
»Warum haben Sie das nicht verhindert?!«
»Ich?« Makaroff-Petrescu legte beide Hände auf sein Herz. Sein Blick drückte betroffenes Staunen aus. »Wie konnte ich?! Ich habe doch nicht die geringste Ahnung, wieviel man für einen normalen Druck nimmt! Das mußte ich euch überlassen.«
»Ich habe doch auch keine Ahnung!«
»Woher sollte ich das wissen? Aber klagen wir jetzt nicht die Häufung der Mißverständnisse an! Wir müssen uns einig sein, Monika, daß wir Freddy nach seinem Auftritt im ›Number Sex‹ nicht mehr gesehen haben. Falls uns jemand fragen sollte …«
»Ich werde nie mehr in diese Disko gehen«, sagte Monika leise. »Nie mehr!« Sie setzte sich neben den toten Freddy in einen Sessel und starrte ihn an. »Er war so begeistert von Ihrem Plan, ihn nach Las Vegas zu schicken.«
»Du hast ihn gern gehabt?«
»Ja.«
»Hast mit ihm geschlafen?«
»Das geht Sie nichts an, Herr Makaroff.«
Petrescu grinste begütigend. »Deutlicher kann man nicht antworten.«
»Ich wollte ihn aus dem Dreck holen! Ich habe geglaubt, daß man ihn wieder vernünftig machen kann. Ich wollte ihm das schreckliche H abgewöhnen.« Sie schauderte zusammen. »Nun ist es ganz vorbei. Das H hat ihn besiegt.«
»Du hast ihn erlöst …«
»Müssen Sie das immer sagen?« Sie fuhr hoch und rannte in dem prunkvollen Zimmer herum. »Ich habe es nicht gewollt. Ich wollte genau das Gegenteil! Er sollte leben!«
»Ob du das je geschafft hättest?« Petrescu lehnte sich an die Bartheke. »Mich interessiert eine Frage: Was treibt ein Mädchen wie dich in diese Kreise? Warum fällt ein Stern in einen Sumpf?«
»Durch Zufall. Freddy lag auf der Straße, blutend, total auf Turkey, wie es heißt. Sie hatten ihn aus einem Dealerlokal hinausgeworfen, weil er kein Geld hatte. Er fiel mir fast vor die Füße. Da tat er mir leid. Ich habe zu mir gesagt: Den holst du aus dieser Hölle! Das mußt du schaffen.«
»Und jetzt steckst du auch drin!« Petrescu stieß sich von der Bar ab. »Jetzt drückst du selber!«
»Ich habe es nur einmal versucht. Um Freddy zu beweisen, daß man nicht an der Nadel hängen bleiben muß.«
»Und wie sieht die Wahrheit aus, Monika?«
»Genau so! Ich gewöhne mich nie daran!« Sie ging mit weiten, glasigen Augen an Petrescu vorbei, mit einem Lächeln, über das sie keine Kontrolle mehr hatte.
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