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Eine angesehene Familie

Eine angesehene Familie

Titel: Eine angesehene Familie Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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Lokale, wo sich Fixer mit Dope versorgen. Hinzu kommen die Freiplätze, die Straßenecken und Plätze, wo die fliegenden Dealer rumstehen. Nehmen wir an, Monika hängt auch an der Nadel, dann muß sie irgendwo auftauchen und Stoff besorgen. Und irgendein Lokal wird dann ihre Stammstehe. Fixer haben ihre Reviere wie die Wildtiere. Sie verlassen sie nur selten. Da müßte Monika eines Tages auftauchen …«
    »Also wieder der Zufall!« sagte Döhrinck mit Bitterkeit in der Stimme. Er blätterte in den Berichten auf seinem Schreibtisch, in der Hauptsache Telefonmeldungen, die eine Sekretärin aufgeschrieben hatte. Vierzehn Beamte, junge Burschen, hervorragend trainiert, waren als Gammler im Großraum Frankfurt unterwegs und hatten in die Fixerkreise einsickern können. Sie observierten – wie es im Polizeideutsch heißt – die Drogenszene. Was sie jeden Morgen meldeten, war immer das gleiche: Kleine Dealer, mit ein paar Gramm H in der Tasche, arme Teufel, selbst süchtig, oder Gastarbeiter, die sich damit das Geld verdienten, um einen Puff in der Mosel- oder Elbestraße zu besuchen. Die Hintermänner, vor allem der große geheimnisvolle Boß, blieben ein Mythos. Man suchte ein Monster und fand nur dreckigen Staub.
    Seltsamerweise wurde an diesem Morgen nirgendwo, auch nicht bei der Mordkommission, der Mord an Holger Mahlert aktenkundig. So einsam lag Mahlert nicht neben seinem Auto, daß man ihn übersehen konnte …
    In den Mittagsnachrichten des Hessischen Rundfunks hörte man es: Der Rockmusiker Fritz Hartmann, genannt Freddy the Tiger, starb in der vergangenen Nacht an einer Überdosis Heroin.
    Holger Mahlert hörte die Meldung auf der Couch seines Freundes Peter Roßkauf. Peter war cand. med. also Medizinstudent in den letzten Semestern; er wollte sich einmal als Chirurg spezialisieren. Als Holger bei ihm erschien, blutbesudelt, die rechte Hand gegen die Brust gedrückt, schwankend vor Schwäche, hatte er nicht viel gefragt und ihn sofort versorgt. Der Einstich war unter dem linken Schulterblatt in den Muskel gedrungen, ohne eine wichtige Blutbahn zu treffen. Ein paar Zentimeter tiefer – und das Messer hätte ins Herz getroffen.
    Erst als Holger behandelt und verbunden war, eine Zigarette rauchte und ein Glas Rotwein trank, fragte Peter Roßkauf. »Nun schweig dich nicht aus! Wer wollte dich abstechen?«
    »Komme ich durch?« fragte Mahlert zurück.
    »Würde ich dir sonst eine Zigarette und Wein geben? Besser wäre eine Transfusion, aber dafür bin ich nicht eingerichtet. Wer rechnet denn auch damit, daß plötzlich ein abgestochener Kommilitone auftaucht? – Also, was ist passiert?«
    »Kein Kommentar!«, sagte Holger Mahlert.
    »Also cherchez la femme!«
    »Ja!«
    »Mit Messerstecherei?! Eine ausländische Schöne mit Blutrache-Verwandtschaft?«
    »Nein.«
    Freddy ist tot, dachte Holger Mahlert. Eine Überdosis Heroin. War es eine Flucht? Weil er glaubte, mich getötet zu haben? War Monika dabei, als es passierte? Er hätte sie an diesem Abend nicht aus den Augen lassen sollen, aber das war unmöglich gewesen. Den ganzen Nachmittag, die ganze Nacht bis zum nächsten Morgen hatte er sterbensmatt gelegen, nachdem er in sein Auto zurückgekrochen war. Auf den Hintersitzen lag er, andere Wagen fuhren auf der nahen Straße, er hörte die Flugzeuge zum Airport donnern, zweimal ratterte ein Bauerntrecker nahe an ihm vorbei, aber keiner kümmerte sich um den an der Buschgruppe abgestellten Wagen. So kann man unter den Augen der Öffentlichkeit verrecken, hatte Mahlert gedacht. Und: Es war klug, mich tot zu stellen. Wer weiß, ob Freddy nicht noch einmal zugestochen hätte. Dann kam die Ohnmacht über ihn, und als er am frühen Morgen erwachte, fror er vor Kühle und Blutverlust, hatte aber wieder die Kraft, bis zu Peter Roßkauf zu fahren und ihn aus dem Bett zu klingeln. Erst in der Wohnung brach er zusammen.
    »Soll ich die Polizei informieren?« fragte Peter.
    »Um Himmels willen – nein! Was soll denn die Polizei?!«
    »Schließlich wollte man dich ermorden. So alltäglich ist das nicht.«
    »Es war eine Aussprache, Peter.«
    »Und der andere hatte die besseren Argumente, wie?!« Roßkauf schüttelte den Kopf. »Muß ein tolles Mädchen sein, daß sich so etwas lohnt!«
    »Ich liebe sie.«
    »Klingt ungeheuer altmodisch.« Roßkauf fühlte Mahlert den Puls; er war noch sehr flach. »Kommt es jetzt öfter zu exzessiven Aussprachen? Dann schaffe ich mir einen Tropf, Blutplasma und ein chirurgisches Besteck an.

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