Eine Art von Zorn
Haus nach dem Koffer durchsuchten. Suchten sie auch in dem Zimmer, in dem Sie gewesen waren?«
»O ja. Ich fürchtete mich sehr. Ich hatte die Teetasse zu verstecken vergessen. Zum Glück bemerkten sie sie nicht. Danach gingen sie in Ahmeds Zimmer zurück, und es knallte nochmals. Der dritte Schuß. Er muß noch am Leben gewesen sein.«
»Wie klang diese Sprache, die sie untereinander sprachen? Könnte es eine slawische Sprache gewesen sein?«
»Vielleicht. Ich weiß es nicht.«
»Wie lange waren Sie im Turm?«
»Lange. Genau kann ich es nicht sagen. Als sie im Erdgeschoß waren, konnte ich sie nur undeutlich hören. Und ich hörte sie auch nicht weggehen. Ich hatte Angst, den Turm zu verlassen, bevor sie weg waren.«
»Aber schließlich kamen Sie doch heraus und fanden Oberst Arbil. War er tot?«
»Ja.«
»Sie sagten, Sie hätten daran gedacht, ins Erdgeschoß zum Telefon zu gehen, nachdem Sie aufgewacht waren und jene Männer sprechen gehört hatten. Wen wollten Sie anrufen? Die Polizei?«
»Ich glaube, ja.«
»Warum haben Sie sie dann nicht angerufen, als Sie dazu in der Lage waren?«
»Ahmed war tot, und ich hatte jetzt den Koffer mit allen seinen Aufzeichnungen. Für ihn konnte die Polizei nichts mehr tun, aber seinen Verbündeten und Freunden hätte sie außerordentlich schaden können. Deshalb tat ich das, was Ahmed von mir erwartet hätte. Ich nahm den Koffer und ging dahin, wo mich weder die Polizei noch jene Männer finden konnten. Ich mußte mich beeilen. Ich hatte Angst, daß die Männer zurückkommen würden, um die Villa noch einmal zu durchsuchen. Als ich die Scheinwerfer jenes Lastwagens draußen auf der Straße sah, dachte ich, sie seien in diesem Wagen. Auf dem Flugplatz versteckte ich mich im Waschraum und wartete auf die Maschine. Dort kam mir auch der Gedanke, zu Adèle zu gehen und sie um Hilfe zu bitten.«
»Ich nehme an, daß Sie den Koffer in ein sicheres Versteck gebracht haben?«
»Ja.«
»Aber warum verstecken Sie sich noch immer?«
»Ich muß. Sehen Sie das nicht ein?« Sie wurde ungeduldig. »Sie wissen jetzt, daß ich in jener Nacht in der Villa war. Sie wissen, daß ich die Aufzeichnungen besitze, hinter denen sie her waren. Wenn sie mich finden, werden sie mich genauso behandeln wie Ahmed.«
»Warum vernichten Sie dann die Aufzeichnungen nicht und lassen mich bekanntgeben, daß Sie das getan haben?«
»Sie würden es nicht glauben. Außerdem würden sie annehmen, daß ich sie gelesen oder Kopien angefertigt hätte.«
»Nun gut. Dann schicken Sie diese Aufzeichnungen doch an das Komitee in Genf.«
»Wie kann ich denen jetzt trauen? Es muß einer von ihnen gewesen sein, der Ahmed verraten hat. Das ist doch klar.«
»Mir nicht.«
»Sie verstehen das nicht.«
»Ich gebe mir aber große Mühe. Soviel ich sehe, läuft es darauf hinaus: Sie sind davon überzeugt, daß irgendeine geheimnisvolle Organisation – Sie sind sich nicht ganz darüber im klaren, um welche es sich handelt und wer dahintersteckt – hinter dem Koffer her ist, den Sie aus der Villa mitgenommen haben, und alles tun wird, um ihn zu bekommen. Sie wissen nicht genau, was diese Aufzeichnungen im Koffer enthalten, aber der Feind wird annehmen, daß Sie es wissen. Ihre Loyalitätsgefühle gegenüber Oberst Arbil hindern Sie daran, die Angelegenheit der Polizei zu überlassen und sie um Schutz zu bitten. Ist das richtig?«
»Ja.«
»Könnte es nicht sein, daß Sie sich diese Gefahr nur einbilden? Oder die Folgen für Oberst Ahmeds Freunde? Ich meine, für den Fall, daß Sie sich stellen und alles der Polizei übergeben?«
»Ich habe mir Ahmeds Ermordung auch nicht eingebildet. Ich muß tun, was ich für richtig halte.«
»Obwohl es nicht ganz logisch ist, nicht wahr? Es sei denn, Sie hätten mir eine Menge verschwiegen.«
»Mehr kann ich Ihnen nicht erzählen, Monsieur.«
»Was wollen Sie denn nun eigentlich machen? Wollen Sie sich für den Rest Ihres Lebens verstecken?«
»Ich habe andere Pläne.«
»Und die wären?«
»Wenn ich Ihnen das erzählte, würden sie nicht mehr realisierbar sein. Ich muß jetzt gehen.«
»Noch etwas. Wie kann ich mit Ihnen wieder Verbindung aufnehmen?«
»Dafür besteht kein Grund.«
»Gehört es zu Ihren Plänen, daß Sie den Ort, an dem Sie sich zur Zeit aufhalten, verlassen werden?«
»Vielleicht.«
»Wird Adèle trotzdem wissen, wo Sie zu finden sind?«
»Ja. Bitte, trinken Sie aus. Ich muß jetzt gehen.«
»Gut.«
Das war das Tonband.
IV
Bevor wir das
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