Eine begehrenswerte Lady
Joslyn mit meinen Nichten und meinem Neffen bekannt zu machen.«
Nachdem die Vorstellung abgeschlossen war, folgte eine höfliche Unterhaltung. Die Kutsche für die Damen von Windmere kam, und man verabschiedete sich, aber nicht ohne dass Emily erwähnte, dass sie und ihre Großtante gerne ihre Aufwartung machen würden, um sie offiziell in der Nachbarschaft zu begrüßen.
»Wäre Ihnen Dienstag recht?«, fragte sie, während der Lakai ihr den Kutschenschlag öffnete.
Da er wusste, was für eine Ehre es war, von Lady Joslyn und ihrer formidablen Großtante derart ausgezeichnet zu werden, nahm Silas sogleich an und rieb sich fast die Hände vor Freude, während er der Kutsche aus Windmere nachschaute. Für ihn selbst war es nicht wichtig, aber dass Stanley, Sophia und Gillian offiziell von der führenden Familie der Gegend willkommen geheißen wurden, entzückte ihn.
Sophia und Stanley waren gleichermaßen geschmeichelt und erfreut, Gillian konnte bei aller Freude über die Bekanntschaft eine leichte Unruhe nicht unterdrücken. Hatten Lady Joslyn und Mrs. Townsend die hässlichen Gerüchte über sie gehört? Sie war nicht so eitel zu glauben, dass ganz England von Charles Dashwoods Tod erfahren hatte oder dass sie diejenige sein könnte, die ihn umgebracht hatte, aber sie wusste, dass zu der Zeit sie und Charles in den besten Kreisen das Objekt wildester Spekulationen gewesen waren. War es Neugier über den Mord und ihre Beteiligung daran, die hinter dem angekündigten Besuch stand?
Erst am Abend, als sie nebeneinander die Treppe zu ihren Schlafzimmern hochstiegen, war Gillian in der Lage, ihre Sorgen Sophia mitzuteilen. Als sie den obersten Treppenabsatz erreichten, sagte Gillian:
»Können wir noch kurz reden, bevor wir zu Bett gehen?«
»Gewiss, meine Liebe«, sagte Sophia. »Ist etwas nicht in Ordnung?«
»Nicht wirklich«, murmelte Gillian und ging in den Salon zwischen ihren Zimmern voraus. Sie schloss die Tür und fragte: »Denkst du, dass Lady Joslyn und ihre Großtante den Klatsch über mich gehört haben?«
Sophia schaute sie an.
»Ist das wichtig?«
»Aber natürlich! Besonders wenn der Grund für ihren Besuch auf dem Wunsch fußt, eine angebliche Mörderin zu bestaunen.«
»Glaubst du denn, dass das das Motiv für ihre Ankündigung ist, uns aufzusuchen?«, erkundigte sie sich ruhig.
Gillian biss sich auf die Lippe.
»Das weiß ich nicht. Aber wenn sie die Gerüchte gehört haben, und ich wette, das haben sie … welchen anderen Grund könnten sie haben, uns besuchen zu wollen?« Sie ließ sich auf eines der Sofas sinken und presste die Lippen zusammen. »Ich … ich will nicht, dass sie kommen und mich bestaunen wie eine Kuh mit zwei Köpfen auf einem Jahrmarkt.«
Sophia lachte und setzte sich neben sie.
»Einer zweiköpfigen Kuh siehst du aber gar nicht ähnlich, meine Kleine.« Sie tätschelte Gillian die Hand. »Ich weiß nicht, wie es bei den Damen ist, aber ich weiß, dass Mrs. Smythe und alle anderen, die wir kennengelernt haben, nur Freundliches über sie zu sagen haben.« Gillian nickte, und Sophia sprach weiter. »Du weißt doch, wie es auf dem Lande zugeht – ich bin sicher, dass Mrs. Smythe und einige andere Damen uns erwähnt haben. Und jetzt wollen sie uns selbst treffen.« Sacht fragte sie: »Hast du schon in Erwägung gezogen, dass sie einfach schlichte Neugier treibt? Wir sind schließlich neu hier in der Gegend, sodass es vollkommen natürlich ist, dass sie uns näher kennenlernen wollen.« Sie tätschelte Gillian die Wange und lächelte voller Zuneigung. »Weißt du, meine Liebe, nicht alle hören auf Gerüchte oder glauben sie gar. Es ist gut möglich, dass sie den Klatsch gehört haben, ihn aber einfach als solchen abgetan und nicht weiter ernst genommen haben.«
Gillian atmete durch, und ein reuiges Lächeln spielte um ihre Lippen.
»Ich bin albern, ich weiß. Und furchtbar eingebildet, zu glauben, dass ich der Grund für ihren Besuch bin.«
»Oh nein«, antwortete Sophia. »Ich glaube sehr wohl, dass du das bist.«
»Aber du hast doch gerade gesagt …«
»Dass du der Anlass ihres Besuches bist«, unterbrach Sophia sie fröhlich. »Ich habe jedoch nicht gesagt, dass sie das tun, weil sie glauben, du seist eine Mörderin.« Sie machte eine Pause und wirkte nachdenklich. »Natürlich könnten sie das auch für möglich halten und sich vergewissern wollen, dass es nicht stimmt.«
»Also glaubst du, dass ich doch recht habe?«, fragte Gillian verwirrt.
Sophia
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