Eine begehrenswerte Lady
wollte, war, Stanton im Rücken zu haben.
Mit dem Rücken gegen die Wand gepresst, eingewickelt in die erstickenden Falten der Decke, hörte Gillian ein Rascheln, gefolgt von metallischem Klicken und dann sah sie einen schwachen Lichtschein unter der Decke um ihre Füße. Eine Laterne?
Harte Hände packten sie an den Schultern und schüttelten sie.
»Wo ist sie?«, verlangte Stanton zu wissen.
Gillian drängte ihre Furcht zurück und überlegte fieberhaft, wie ihr nächster Schritt aussehen sollte. Er schüttelte sie wieder, so heftig, dass sie das Gefühl hatte, ihre Zähne würden sich lockern.
»Ich habe sie nicht bei mir«, rief sie schließlich.
Stanton fluchte lästerlich, und zu ihrer Schande duckte sie sich.
»Spielen Sie hier keine Spielchen mit mir! Wo ist sie? Sie sollten sie doch mitbringen!«
»Ich … ich wollte sichergehen, dass Sie es ehrlich meinen, ehe ich Ihnen die Brosche aushändige«, log sie hastig und hasste sich für das Zittern ihrer Stimme. Dann fasste sie Mut und fragte ihn kühn:
»Woher soll ich wissen, dass Sie die Schuldscheine haben? Woher weiß ich, dass Sie mir nicht nur einen oder zwei geben im Austausch für die Brosche, und dann wiederkommen und mehr für den Rest verlangen? Es schien mir nicht klug, sie gleich heute mitzunehmen.«
»Sie lügen«, riet Stanton. »Ich wette, Sie haben sie irgendwo an sich versteckt …« Ein hässliches Lachen kam von ihm. »Wenn ich Sie ausziehen muss, bis Sie splitterfasernackt sind, um sie zu finden, dann tue ich das.«
Sie spürte, dass er auf sie zukam, und stolperte rückwärts.
»Warten Sie!«, rief sie und befreite sich aus der Decke.
In dem flackernden Licht einer kleinen Laterne, die auf einem wackeligen Tischchen stand, schaute sie Stanton an.
»Zeigen Sie mir die Schuldscheine, und wenn ich zufrieden bin, werde ich Ihnen die Brosche geben«, sagte sie mit mehr Mut, als sie eigentlich besaß.
Stantons Augen wurden schmal.
»Die habe ich nicht dabei.«
Ihr sank das Herz, und sie erklärte:
»Sie haben mir nicht mehr vertraut als ich Ihnen.«
»Wen, zum Teufel, interessiert es, ob Sie mir vertrauen oder nicht?«, fuhr Stanton sie an. »Ich will die verdammte Brosche haben.«
Gillian reckte ihr Kinn.
»Und ich will die Schuldscheine. Und zwar alle.«
»Wenn Sie mir nicht jetzt sofort die blöde Brosche geben, werde ich Sie in Windeseile von Ihren Kleidern befreit haben.« Er lächelte hässlich. »Dann werden wir ja sehen, ob Sie die Wahrheit sagen oder nicht.«
Der Gedanke, dass er sie anfasste, ihr die Kleider vom Leib riss, steigerte ihre Furcht, und sie streckte die Hand aus, um ihn aufzuhalten und rief:
»Halt!« Erleichtert, dass er wirklich stehen blieb, sagte sie hastig: »Ich habe sie nicht bei mir, aber ich kann sie holen … es dauert nur ein paar Minuten.« Aber nicht bereit, einfach aufzugeben, wiederholte sie: »Allerdings bestehe ich darauf, erst die Schuldscheine zu sehen.«
So hatte sich Stanton die Begegnung nicht vorgestellt, und Erbitterung erfasste ihn. Er wollte nicht glauben, dass sie die Brosche nicht bei sich hatte, aber er konnte es nicht riskieren, dass sie am Ende doch die Wahrheit sagte. Damit Zeit zu verschwenden, sie auszuziehen, um sich selbst davon zu überzeugen, gehörte eigentlich nicht zu seinem Plan. Ihre Versicherung, dass die Brosche in der Nähe war oder wenigstens an einer Stelle, die nicht zu weit entfernt war, gab ihm die Hoffnung, dass er am Ende doch mit ihr in seiner Tasche würde weggehen können.
Stanton hatte nicht die Absicht, sie mit den Schuldscheinen wieder fortzulassen, und bestimmt nicht, sie am Leben zu lassen. Aber er hatte die Schuldscheine dabei, da er sich gesagt hatte, dass er sie an irgendeinem Punkt würde zeigen müssen. Sein Plan war einfach, und Townsends Selbstmord hatte ihn auf die Idee gebracht. Zusammen mit den Schuldscheinen steckte in seiner Westentasche ein zusammengefaltetes Blatt Papier und in seinem Rock hatte er einen Stift und Tinte. Die Hexe würde einen Abschiedsbrief an ihren Ehemann verfassen, eine Nachricht, die ein Dorfjunge in ein paar Stunden in Ramstone abgeben würde. Man würde den Leichnam am Fuß der Klippen finden, und das war es. Überstürzte Hochzeiten endeten oft in Reue; die frischgebackene Mrs. Joslyn war von ihren Gefühlen überwältigt worden und hatte sich das Leben genommen. Einfach und sauber. Seine Hände ballten sich zu Fäusten. Aber zuerst brauchte er die Brosche.
Er betrachtete ihre zierliche Gestalt in
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