Eine begehrenswerte Lady
aber der Ältere war immer da gewesen, um ihm zu helfen, sich von seinem jüngsten Missgeschick zu erholen. Seine wunden Lippen zuckten. Und um ihm danach eine geharnischte Standpauke zu halten.
Sonnenstrahlen tanzten im Zimmer, woraus Luc schloss, dass er eine ganze Weile bewusstlos gewesen war.
»Wie bin ich hergekommen?«, erkundigte er sich krächzend.
Lamb zuckte zusammen und sprang auf. Er beugte sich über Luc und betrachtete ihn eindringlich, wurde wieder wütend, als er erneut die Prellungen und Wunden sah, die ihm zugefügt worden waren, spürte wieder die Angst von zuvor, als er Luc blutverschmiert und bewusstlos auf dem Bauernkarren hatte liegen sehen, auf dem er im Morgengrauen hergebracht worden war.
»Bauer Fenwick war auf dem Weg zum Markt, als er dich bewusstlos auf der Straße gefunden hat, ungefähr eine Meile vor der Abzweigung nach Windmere.«
Luc begann zu nicken, aber der bohrende Schmerz, der jäh seinen Kopf durchzuckte, ließ ihn innehalten.
»Dem Himmel sei Dank für Bauer Fenwick«, gelang es ihm zu sagen. »Wie lange war ich bewusstlos?«
»Es ist nicht ganz neun Uhr – erinnerst du dich noch, wann du angegriffen wurdest?«
Luc konzentrierte sich, versuchte sich die genaue Abfolge der Ereignisse in der vergangenen Nacht in Erinnerung zu rufen. Dinner in High Tower. Er war nicht lange geblieben und war beinahe bis Windmere gekommen, ehe er überfallen worden war. Mit gerunzelter Stirn sagte er:
»Es muss gegen elf Uhr oder halb zwölf gewesen sein.«
»Also bist du etwa zehn Stunden bewusstlos gewesen. Das muss ein hübscher Schlag gegen den Kopf gewesen sein.«
»Das war kein Schlag … Nolles hat mir einen Tritt gegen den Kopf versetzt.«
Lambs Augen wurden schmal, und etwas Dunkles, Hässliches trat in seine azurblauen Augen.
»Nolles? Bist du dir sicher?«
»So sicher, wie ich es mir sein kann – ich habe ihn nicht wirklich gesehen, denn es war dunkel, und ich war kaum bei Bewusstsein, als er mich getreten hat. Aber ich kann beschwören, dass es seine Stimme war, die ich gehört habe.« Er schaute Lamb in die Augen. »Ich weiß, du bist davon überzeugt, dass ich mit voller Absicht von einer Patsche in die nächste gerate, aber ich kann mir niemand anders aus der Gegend denken, der einen Grund hätte, mich anzugreifen.«
Lamb biss nicht an, und gerade rechtzeitig, um etwa in der Luft liegende Reibereien im Keim zu ersticken, kam Barnaby herein.
Auf der Türschwelle stehen bleibend, blickte Barnaby vom einen zum anderen und bemerkte erleichtert, dass sie noch nicht mit Sticheleien angefangen hatten. Er ging zu Lucs Bett, blickte seinen Halbbruder an und schüttelte den Kopf.
»Sag mir«, verlangte er mit einem schiefen Grinsen zu wissen, »suchst du absichtlich Ärger oder findet der dich einfach?«
Luc wagte ein Grinsen, zuckte aber zusammen, als seine aufgeplatzte Lippe protestierte.
»In diesem Fall«, erklärte er, »plädiere ich auf unschuldig. Ich bin nach dem Dinner von High Tower direkt nach Hause geritten und habe mich nur um meine eigenen Angelegenheiten gekümmert.«
Lamb schnaubte und schaute Barnaby an, dann sagte er:
»Er glaubt, es war Nolles, und ich bin geneigt, ihm zuzustimmen.«
Barnaby zog sich einen Stuhl heran und setzte sich ans Bett und fragte sich dabei, wie oft in der Vergangenheit sich solch eine Szene abgespielt hatte. Es war ein vertrautes Bild – Luc verletzt, Lamb sah aus, als wollte er jemanden ermorden, wobei Luc nur auf Platz zwei der Liste stand, direkt hinter demjenigen, der für seine Verletzungen verantwortlich war. Er selbst hatte die Rolle des Friedensstifters zwischen ihnen und des besorgten Bruders inne. Nicht, rief er sich in Erinnerung, dass Lamb nicht besorgt wäre – er mochte es nur nicht, sich um einen seiner Neffen zu sorgen.
Er schaute zu, wie Lamb Luc vorsichtig in eine halb aufrechte Stellung half, damit er ein oder zwei Schlucke von der warmen Hühnerbrühe in der Tasse trinken konnte, und musste sich ein Lächeln verkneifen. Lamb war der größte der drei amerikanischen Joslyns, und während ihn der Schnitt seines Gesichts unverkennbar als Joslyn auswies, verrieten das krause schwarze Haar und der goldbraune Farbton seiner Haut, dass er auch afrikanische Vorfahren hatte. Lamb besaß eine beeindruckende Figur, stark und kräftig, ein erbitterter Krieger, wenn es nötig war, aber er konnte auch, räumte Barnaby ein, einer der sanftesten Männer sein, die er kannte.
Lamb lehnte Luc gegen das Kissen und
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