Eine besondere Herzensangelegenheit
habe gehofft – na ja, dass du vielleicht auch da bist.«
Ich starrte ihn an, als hätte er mir gerade ein obszönes Angebot gemacht. Die Richtung, die unser Gespräch gerade nahm, gefiel mir gar nicht. Anscheinend bemerkte er mein Unbehagen, denn plötzlich grinste er.
»Okay, ich muss zugeben, ich war nicht deinetwegen da, jedenfalls nicht nur. Eigentlich esse ich fast jeden Abend da, weil ich für mich allein nichts kochen will. Das Grottenolm gehört einer alten Schulfreundin von mir, und sie sieht es offenbar als gute Tat an, mich mit durchzufüttern.«
Ich atmete auf. Da hatten wir wohl gerade noch mal die Kurve gekriegt. Um das Gespräch in noch unverfängliche Bahnen zu lenken, erkundigte ich mich: »Was hast du eigentlich mit deinem Kunden gemacht, mit dem du hergekommen bist? Ich habe ihn gar nicht gesehen.«
Sebastian winkte lässig ab. »Ach, den habe ich gefesselt und geknebelt auf dem Herrenklo entsorgt, als ich dich vor deinem Verehrer retten musste.«
Er feixte, als er mein Zusammenzucken bemerkte. »Nein, Spaß beiseite. Der hat sich zum Glück ganz schnell passendere Gesellschaft gesucht.«
Mit einem Kopfnicken deutete er auf einen Kerl zwei Tische weiter, der in aufgeblasener Pose auf zwei schwarzhaarige Schönheiten einredete. Die beiden Frauen amüsierten sich dabei offensichtlich prächtig, denn immer wieder lachten sie laut auf. Ob sie über seine Scherze lachten oder einfach nur über ihn, konnte ich von meinem Platz aus nicht feststellen, und ich hatte auch absolut kein Bedürfnis dazu. Der Mann wirkte schmierig. Er hatte eine schwarze Bundfaltenhose an und ein weit offenstehendes Seidenhemd, unter der seine sorgfältig enthaarte, solariengebräunte Brust hervorlugte, die er zudem – es lebe das Klischee – mit einigen Goldketten dekoriert hatte.
»Das ist dein Kunde?«, rutschte es mir in entsetztem Ton heraus. »Ich denke, der würde sich wunderbar mit Hassos Herrchen verstehen.«
Sebastian grinste und zuckte die Achseln. »Weißt du, privat würde ich mit dem bestimmt niemals etwas zu tun haben, aber beruflich verfolge ich einfach die Philosophie eines Sessels – der muss auch mit jedem Arsch klarkommen.«
Ich presste die Hand auf den Mund, um nicht laut loszuprusten. »Ich glaube, das solltest du ihn lieber nicht hören lassen, sonst ist er die längste Zeit dein Kunde gewesen. Aber was genau machst du eigentlich, dass solche Leute deine Kunden sind?«
»Ich arbeite bei einem Weingroßhandel.« Er beugte sich ein Stückchen weiter vor, damit ich ihn besser verstehen konnte. Irgendjemand hatte die Musik noch weiter aufgedreht, auf eine Lautstärke, bei der ich normalerweise sofort gegangen wäre. Aber ganz entgegen meinen sonstigen Gewohnheiten gefiel mir die erzwungene Nähe.
»Und ob du es glaubst oder nicht«, fuhr Sebastian fort, »mein Kunde ist der Eigentümer eines ziemlich guten Restaurants, auch wenn er auf den ersten Blick eher wie ein Boxpromoter aussieht.«
»Oder wie ein Zuhälter«, ergänzte ich grinsend. Dann musterte ich ihn prüfend. »Heißt das, du verstehst so richtig was von deinem Fach, bist also ein richtiger Weinkenner?«
Als Sebastian nickte, erklärte ich freimütig: »Das Einzige, was ich unterscheiden kann, ist Rot- von Weißwein, und das auch nur, wenn ich ihn sehe. Aber immerhin kann ich den Jahrgang vom Etikett ablesen.«
»Na, das ist doch auch schon etwas. Manche schaffen nicht mal das.«
»Ist das nicht furchtbar anstrengend?«, erkundigte ich mich, wobei ich mich bemühte, mein Lallen so gut wie möglich zu unterdrücken. »Ich meine, wenn du ständig mit so merkwürdigen Kunden zu tun hast?«
Ich wies wieder auf den Kerl zwei Tische weiter, der inzwischen mit seinem Gesicht fast im Ausschnitt einer der beiden Frauen abgetaucht war.
»Nur manchmal«, grinste Sebastian. »Aber du hast schon recht, mein Leben lang möchte ich das eigentlich nicht machen. Mein Traum wäre ja ein eigenes kleines Weingut, wo ich dann auch ein bisschen herumexperimentieren könnte.«
»Du meinst so etwas wie verschiedene Sorten miteinander zu kreuzen oder alte Weinsorten wieder anzubauen, die es kaum noch gibt?«
Sebastian zog erstaunt die Augenbrauen hoch. »Und du behauptest, dass du dich nicht mit Wein auskennst?«
»Nicht mit dem Getränk«, kicherte ich. »Aber hey, Weinstöcke sind schließlich Pflanzen, und bei Pflanzen macht mir so schnell keiner etwas vor.«
Kapitel 11
Zwei Stunden und einige Cocktails später verließen wir das Blue
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