Eine besondere Herzensangelegenheit
Moon . Sebastians Kunde war in der Zwischenzeit mit seinen zwei Eroberungen verschwunden, ohne sich zu verabschieden. Das war mir ehrlich gesagt aber auch ganz recht gewesen. Ich wollte mir lieber gar nicht vorstellen, wie der Abend für das unsympathische Dreiergespann noch weiterging.
Ich selbst war allerdings auch angeschlagener als erwartet. Die Cocktails hatten zwar kaum nach Alkohol geschmeckt, es meiner Schlagseite nach zu urteilen aber ordentlich in sich gehabt.
»Ich bringe dich besser noch zum Taxistand«, erklärte Sebastian mit einem amüsierten Blick, als ich mich mit den Händen nach beiden Seiten absicherte, um nicht gegen den Türrahmen der Cocktailbar zu knallen.
»Nicht nötig«, nuschelte ich. »Meine Wohnung ist hier ganz in der Nähe. Ich kann laufen.«
Sebastian sah mich skeptisch an. »Bist du sicher? Du scheinst ja nicht viel zu vertragen. So viel Alkohol war in deinen Cocktails doch gar nicht drin.«
»Da nicht.« Ich zog die Nase kraus. »Aber vielleicht in der Flasche Prosecco, die ich zuhause geleert habe. Ich musste mir doch Mut antrinken, sonst hätte ich mich nie in dem Outfit unter die Leute gewagt.«
Als sein Gesicht wieder zu diesem umwerfenden Lächeln verzog, wäre ich am liebsten sofort wieder über ihn hergefallen und hätte ihn geküsst. Doch leider war ich vollends damit beschäftigt, nicht umzufallen. Alles um mich herum war irgendwie wackelig, und als ich leicht schwankte, krallte ich mich schnell an seinem Arm fest.
»Das sind nur die hohen Absätze. Da muss ich wohl noch ein bisschen das Laufen darin üben«, erklärte ich ihm.
»Alles klar. Also, wo müssen wir lang?«
Ohne Sebastian als meine Stütze hätte ich wahrscheinlich mindestens eine Stunde zu meiner Wohnung gebraucht, weil ich allein aufgrund meiner Schlangenlinien den dreifachen Weg hätte laufen müssen. Aber er schaffte es, mich innerhalb zwanzig Minuten zu dem Haus, in dem meine Wohnung lag, und sogar noch die Treppe hoch bis vor meine Wohnungstür zu bugsieren.
Ein oder zwei Minuten lang beobachtete er, wie ich probierte, meinen Wohnungsschlüssel in das Schloss zu bekommen. Anstandshalber versuchte er dabei, seine amüsierte Miene vor mir zu verbergen. Doch ich durchschaute ihn natürlich trotzdem, und es war mir ein bisschen peinlich.
»Verdammt, wer hat denn das Schlüsselloch so klein gemacht?«, murmelte ich missmutig, wobei allein die Aussprache des Wortes »Schlüsselloch« in meinem Zustand eine echte Herausforderung war.
Wortlos nahm Sebastian mir den Schlüssel aus der Hand und schloss auf.
»So, ich glaube den Rest des Wegs schaffst du allein«, grinste er und deutete dabei mit einer Kopfbewegung in den Flur.
Das hatte ich aber gar nicht vor.
Ich zog einen Schmollmund. »Ich mag jetzt aber nicht allein sein. Willst du nicht noch mit reinkommen?«
Selbst in meinen eigenen benebelten Ohren klang das jämmerlich. Deshalb beschloss ich, auf eine andere Strategie auszuweichen.
Mutig legte ich meine Arme um Sebastians Nacken und schmiegte mich an ihn. Das bewahrte mich nicht nur vor dem unvorteilhaften Hin-und-her-Schwanken, sondern fühlte sich auch unheimlich gut an. »Wir könnten es uns hier doch noch ein bisschen gemütlich machen.«
Einen Moment zögerte Sebastian und sah mich mit einem Blick an, den ich nicht deuten konnte. Dann schob er mich vorsichtig in meine Wohnung. Wie eine Schaufensterpuppe stellte er mich einfach im Flur ab. Aus seiner Hemdtasche zog er eine Karte, schrieb mit einem Kugelschreiber etwas darauf und legte sie auf die kleine Kiefernkommode, die in der Nähe der Eingangstür stand.
»Das ist meine Handynummer«, sagte er in sanftem Ton. »Ruf mich an, ja?« Dann wandte er sich zum Gehen, aber ich hielt ihn am Arm zurück.
»Ich will aber gar nicht, dass du mich jetzt allein lässt. Du sollst noch ein bisschen bei mir bleiben«, schmollte ich. Als er wieder zögerte, zog ich eine Schnute. »Du magst mich nicht.«
Sebastians Blick wurde ernst, als er mich ansah.
»Doch, das tue ich«, gab er leise zurück. »Und genau darum ist es besser, wenn ich jetzt gehe.«
Kapitel 12
Als am nächsten Morgen mein Wecker klingelte, fühlte sich mein Kopf an, als hätte ich die ganze Nacht mit einem Bulldozer gekämpft – und verloren. Und zum ersten Mal, seitdem ich bei Zinkelmann arbeitete, fiel es mir schwer, rechtzeitig aufzustehen, damit ich nicht zu spät ins Büro kam.
Ich ging ins Bad. Als mir aus dem Spiegel mein Gesicht entgegenblickte, das
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