Eine besondere Herzensangelegenheit
unverfänglich wie meiner. Und obwohl mir das eigentlich sehr recht war, wünschte ein Teil von mir doch, dass es anders gewesen wär.
Erst als ich den Zettel aufhob und wegwerfen wollte, sah ich, dass auch auf der Rückseite etwas stand. Es war eine Handynummer. Und darunter stand:
Bitte ruf mich an (diesmal wirklich!)
Ich möchte dich heute Abend wiedersehen. Es gibt da ein paar Dinge, die wir unbedingt klären sollten.
Kapitel 18
Fassungslos starrte ich auf den Zettel in meiner Hand. Okay, das mit der Unverfänglichkeit hatte sich wohl schlagartig erledigt. Ich konnte mir schon denken, worüber Sebastian mit mir sprechen wollte. Offenbar war er ebenso wenig der One-Night-Stand-Typ wie ich.
Das Problem war nur, dass ich zwar wusste, dass ich ihn anrufen musste, aber dass ich keine Ahnung hatte, ob ich zu solch einem Gespräch überhaupt schon bereit war.
Ich beschloss, mir eine kurze Schonfrist zu geben und erst einmal nach meinen E-Mails zu sehen. Wie erwartet war die von Lily schon da.
Na, Herausforderung gepackt? , lautete der knappe Text.
Ich lächelte. Lilys erfrischende Art tat mir einfach immer gut.
Ich denke schon , schrieb ich zurück. Etwas ausführlicher erzählte ich von meiner Flohmarkt-Aktion und natürlich von deren unerwartetem Ende.
Dein Ex hat dir wirklich das Bild wieder vor die Tür gestellt? , kam Lilys umgehende Antwort. Das ist echt krass. Bist du sicher, dass er mit dir Schluss gemacht hat und nicht umgekehrt? Für mich hört sich das eher so an, als würdest du ihm noch ganz schön viel bedeuten.
Ich überlegte mir meine Worte genau.
Das glaube ich nicht. Ich denke, da spielt eher ein verletztes männliches Ego eine Rolle :-)
Ehrlich gesagt war ich mir da selbst nicht mehr so sicher. Eigentlich war das aber auch gleichgültig. Wenn ich zurzeit an einen Mann denken musste, dann bestimmt nicht an Paul. Das würde ich Lily aber mit Sicherheit nicht mitteilen. Es war einfach zu privat.
Wie war es bei dir mit der Wochenaufgabe? , wechselte ich das Thema. Hast du sie gelöst?
Ich ging kurz in die Küche, um mir meinen obligatorischen Milchkaffee zu holen. Als ich zurückkam, wurde schon Lilys Antwort angezeigt.
Das zu entscheiden, überlasse ich dir , schrieb sie.
Es ist eine etwas längere Geschichte. Dabei geht es um meinen Opa. Ich war als Kind oft bei ihm. Meine Oma war damals schon gestorben, und er nahm sich immer ganz viel Zeit für mich. Ich glaube, mit seinen anderen Enkeln hatte er lange nicht so viel zu tun wie mit mir. Als ich siebzehn war, ist er dann leider gestorben. Ich war natürlich sehr traurig, aber als meine Eltern mir gesagt haben, dass er mir etwas vererbt hat, war ich ganz aufgeregt. Ich habe gehofft, dass es etwas wirklich Tolles ist, etwas, das mich an die Zeit mit ihm erinnert.
Du glaubst gar nicht, wie enttäuscht ich war, als ich gehört habe, dass es seine Briefmarkensammlung ist. Ausgerechnet die habe ich nämlich immer gehasst, weil er manchmal zuerst keine Zeit für mich hatte, wenn ich hinkam und er gerade noch über diesen blöden Briefmarken saß. Er hat dann immer gelacht und gesagt, für ihn wäre das Sortieren der Marken wie ein Geduldsspiel.
Irgendwie hatte ich immer das Gefühl, dass er mich mit diesem Erbe verarschen wollte. Also, um es kurz zu machen: Für mich war diese Briefmarkensammlung eine unangenehme Erinnerung, die die schöne Zeit mit meinem Opa überschattet hat. Deshalb habe ich beschlossen, sie zu verkaufen.
Ich bin dann letzte Woche zu so einem Händler – einem Philatelisten, wusstest du, dass die sich selbst so bezeichnen? Ich nicht! – hingegangen und habe gefragt, wie viel er mir für die Sammlung geben würde. Und plötzlich ist der Kerl total nervös geworden, hat ganz zittrig in den Alben rumgefingert und irgendwas von fünfhundert Euro gebrabbelt. Aber mir war gleich klar, dass der mich über den Tisch ziehen will, so wie der sich benommen hat. Also habe ich mich bei einem neutralen Gutachter schlaugemacht, und der hat festgestellt, dass die Marken auf jeden Fall einen fünfstelligen Betrag wert sind! Vielleicht kannst du dir vorstellen, wie entsetzt ich war. Ich war sauer auf meinen Opa wegen des Erbes, dabei hat er mir das Wertvollste vermacht, was er besessen hat.
Ich muss zugeben, dass ich es dann nicht mehr übers Herz gebracht habe, die Sammlung wirklich zu verkaufen, aber ich habe eine unangenehme Erinnerung durch eine sehr schöne ersetzt.
An den Gutachter habe ich dann
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