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Eine betoerende Schoenheit

Eine betoerende Schoenheit

Titel: Eine betoerende Schoenheit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sherry Thomas
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in den Dreißigern, gefiel seine Aufmerksamkeit ganz und gar nicht. Sie warf ihm einen finsteren Blick zu und wandte sich demonstrativ wieder an ihre Schützlingen, denen sie verkündete, dass sie sich nun besser zu den Fischfossilien begaben, wenn sie alles sehen wollten, ehe es Zeit war, zum Tee nach Hause zurückzukehren.
    Erhobenen Hauptes komplimentierte sie die Kinder hinaus, wobei ihre Nase fast direkt zur Decke zeigte. Während sie dies tat, betrat eine andere Frau die Galerie auf der gegenüberliegenden Seite. Sie blieb stehen, um die Fossilien der Flugdrachen zu begutachten, die in Schaukästen an der Wand hingen.
    Ihm blieb fast das Herz stehen. Sie trug ein einfaches hellgraues Kostüm, das mit den romantischen, sanft fallenden Kleidern der Baronin nicht zu vergleichen war. Doch ihrem Rücken, ihrer Größe und Statur nach, und der Art und Weise, wie die Kleidung an ihr saß … Hätte er eines der Kleider der Baronin behalten, es hätte ihr perfekt gepasst.
    Die Frau drehte sich um.
    Die Erde hörte auf, sich zu drehen. Die Jahre waren vergessen. Er war wieder ein neunzehnjähriger Junge auf dem Cricketrasen von Lord’s, der sie mit einem Pfeil im Herzen anstarrte.
    Mrs Easterbrook.
    Francis Bacon hatte einmal geschrieben: „Es gibt keine herausragende Schönheit, die in ihren Proportionen nichts Eigentümliches hat.“ Der Mann musste Mrs Easterbrook im Sinn gehabt haben. Ihre Nase war bemerkenswert lang. Der untere Wimpernansatz verlief so ungewöhnlich, dass ihre Augen nicht in der Mitte am weitesten waren, sondern am äußeren Rand. Und diese Augen hätten sicherlich absolut lächerlich ausgehen, wenn sie nur einen Millimeter weiter auseinander gestanden hätten. Doch im Einklang mit ihren hohen Wangenknochen und ihren vollen Lippen wirkten sie einfach atemberaubend.
    Er wollte Gipsabdrücke von ihr nehmen. Er wollte einen Messschieber anlegen und jeden Abstand in ihrem Gesicht ganz genau vermessen. Er wollte, dass ihr Blut und ihr Gewebe von den besten Chemikern der Welt analysiert wurden. Es musste sich etwas in ihrer Physis finden lassen, das anders war und ihn dazu brachte, derart zu reagieren, als ob man ihm eine Droge gegeben hatte, für die die Wissenschaft noch keinen Namen gefunden hatte.
    Doch mehr als alles andere wollte er …
    Er rief sich zur Besinnung: Er war ein Mann, der versprochen hatte, einer anderen zu gehören. Die Baronin mochte seine Liebe nicht erwidern, doch er erwartete mehr von sich, wenn er sein Wort gegeben hatte.
    „Abscheuliche Viecher, nicht wahr?“, fragte die hinreißende Mrs Easterbrook, während sie ihre Handtasche am Rand des Schaukastens abstellte.
    Er blickte in den Kasten neben sich. Gerade eben hatte er noch neben ausgestellten Riesenschildkröten gestanden, nun stand er jedoch vor einem Cetiosaurus. Er musste gedankenverloren auf sie zugegangen sein.
    „Ich finde eigentlich, dass es ganz schöne Exemplare sind. Besonders dieses.“
    Sie schaute ihn an, ihr Blick streichelte seine Haut.
    „Pah“, sagte sie. „Dick und hässlich.“
    Sie stand so nah bei ihm, dass sie sich fast berührten, aber ihre Worte drangen nur leise an sein Ohr, als ob Nebel oder eine große Entfernung sie dämpften. Als er den Kopf wegdrehte, um ihr nicht mehr direkt in die Augen zu sehen, wurde er ihres subtilen, aber dekadenten Dufts nach Jasmin gewahr.
    „Wenn Ihnen Gottes Schöpfungen nicht gefallen, Madam“, sagte er barsch, „sollten Sie vielleicht nicht unbedingt ein naturkundliches Museum besuchen.“
    Mit diesen Worten machte ihr Geliebter auf dem Absatz kehrt und ging davon.
    Als sie aufeinander zu gegangen waren, hatte die Luft für einen kurzen Moment vor Spannung geknistert. Das Gefühl, das sie ergriff, als sich die Distanz zwischen ihnen immer weiter verkürzte, war ihr so vertraut. Jeden Augenblick würde er lächeln und ihr seinen Arm anbieten. Sie würden beieinander stehen und ihre großartige Entdeckung bewundern. Und nichts, absolut nichts würde sie je wieder voneinander trennen.
    Dann war ihr sein Gesichtsausdruck aufgefallen: der eines Mannes, der schlafwandelte. Der eines Mannes, der verhext war, seines Willens beraubt und von seinem Verstand verlassen.
    Er hatte nicht übertrieben.
    Wenn ein Mann so auf sie reagierte, kränkte es sie. Es war eine Bestätigung dafür, dass sie außergewöhnlich aussah. Doch in seinem Fall genoss sie es. Sie wollte , dass er sie für immer anstarrte. Es änderte ja nichts daran, dass er sie für ihren Charakter

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