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Eine betoerende Schoenheit

Eine betoerende Schoenheit

Titel: Eine betoerende Schoenheit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sherry Thomas
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„Warum haben Sie am Ende den Zuschlag bekommen?“
    Das Mädchen zögerte ein paar Sekunden. „Ich glaube, weil ich keine Engländerin bin.“
    Diese Antwort hatte Lexington nicht erwartet. Ihm blieb fast das Herz stehen. „Wie das?“
    „Ihr Name war deutsch, sie sprach Französisch mit mir, aber ihre Sachen waren englisch.“
    „Welche Sachen?“
    „Ihre Koffer stammten von einem Londoner Kofferhersteller. Ich habe das Firmenzeichen auf der Innenseite des Deckels gesehen. Ihre Stiefel stammten von einem Londoner Schuster. Ihre Hüte – die ohne Schleier – stammten von einem Geschäft namens Madame Louise’s in der Regent Street. Ich weiß, die Regent Street ist in London, denn meine frühere Arbeitgeberin, die Schneiderin, träumte davon, dort eines Tages auch einen Laden zu haben.“
    Viele englische Produkte galten in Machart und Qualität als überlegen. Es war nicht unmöglich, dass eine Fremde Dinge aus England besaß. Aber eine Garderobe, die überwiegend aus englischen Gegenständen bestand?
    Hätte eine Kosmopolitin vom Festland ihre Einkäufe nicht in Paris, Wien und Berlin getätigt?
    „Warum glauben Sie sonst noch, dass sie Engländerin ist?“
    „Sie spricht Französisch wie Sie, Sir, mit englischem Akzent.“
    Das war ein wesentlich stichhaltigerer Beweis. Akzente waren bekanntermaßen schwierig zu verbergen. Wenn eine französische Muttersprachlerin feststellte, dass jemand mit englischem Akzent sprach, konnte er ihr eigentlich nur glauben.
    Aber wenn die Baronin Engländerin war, war ihr Verschwinden nur noch unbegreiflicher. Bei Gott, er hatte ihr die Ehe versprochen. Eine Fremde mochte nicht begreifen, was das bedeutete, aber eine Engländerin verstand sicher, was er an Prestige und Vermögen in eine solche Verbindung mitbrachte. Selbst wenn er davor nur eine flüchtige Zerstreuung für sie gewesen war, sollte der Anreiz, zur nächsten Duchess von Lexington zu werden, sie zum Bleiben veranlasst haben.
    „Was können Sie mir sonst noch über sie sagen?“
    „Sie gibt gute Trinkgelder. Ehe sie von Bord ging, schenkte sie mir eine Haarnadel mit einem Opal und Zuchtperlen. Sie hat eine enorme Garderobe, die schönsten Kleider, die ich je gesehen habe – nicht so schön wie sie selbst natürlich, aber dennoch …“
    „Sie fanden sie schön?“
    „Aber ja, sie ist mit Abstand die allerschönste Frau, die ich je gesehen habe. Ich sagte zu den anderen Kammerzofen, dass es kein Wunder ist, dass sie sich verschleiert. Hätte sie den Schleier gelüftet, hätte es Aufstände auf der Rhodesia gegeben.“
    Wie viele Frauen auf der Welt waren schön genug, um Aufstände auszulösen? Nicht sehr viele. Lexington kannte nur eine.
    „Haben sie Ihnen geglaubt?“
    „Nein, sie dachten, ich übertreibe maßlos, da niemand anders ihr Gesicht gesehen hatte. Aber Sie, Sir, wissen, wie wunderschön sie war. Sie wissen, dass ich nicht übertreibe.“
    Wusste er das? Mit dem Ekel einer alten Jungfer, die an einem übelbeleumundeten Haus vorbeieilte, weigerte sich sein Geist, über Yvette Arnauds Enthüllungen nachzudenken, die verschiedenen Informationsbruchstücke zu einer schlüssigen Erklärung zusammenzusetzen, wie es ein Mann der Wissenschaft hätte tun sollen.
    Er legte eine weitere Guinee auf den Tisch und ließ sie wortlos allein.
    Das Ausmaß der Krise und die aufregende Nähe des Herzogs – egal wie schlimm sie sich gleichzeitig seinetwegen gefühlt hatte – hatten die verschiedenen körperlichen Leiden, die Venetia plagten, gemildert. Ihre Übelkeit ließ nach, ihre Erschöpfung wich einer seltsamen Furcht und Erregung, die ihr Herz bis zum Hals schlagen ließ.
    Doch nun, da die Krise abgewendet war, beschloss Venetias Körper, sie daran zu erinnern, dass er sich nicht erholt hatte.
    Im Gegenteil.
    Am Morgen musste sie zweimal auf das Klosett eilen, zuerst als das Frühstück aufgetragen wurde und dann noch einmal, als Helena ihr besorgt eine Tasse Tee brachte, die schon Milch und Zucker enthielt.
    Das erste Mal bekam es nur ihre Zofe mit, die seit zehn Jahren bei ihr und überaus verschwiegen und vertrauenswürdig war. Beim zweiten Mal hatte sei jedoch weniger Glück. Helena war bereits dabei, einem Diener aufzutragen, einen Arzt zu holen, als Venetia ihre Anweisung aufhob.
    Helena willigte zögernd ein, noch einen Tag zu warten, ob ein Arzt wirklich nötig sei. Aber bis zum nächsten Tag dauerte es gar nicht.
    Mitten am Nachmittag erhob sich Venetia von ihrem Schreibtisch, nachdem sie einen

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