Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Eine betoerende Schoenheit

Eine betoerende Schoenheit

Titel: Eine betoerende Schoenheit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sherry Thomas
Vom Netzwerk:
bedeutete ihr nichts. Nur er war mit Leib und Seele behext gewesen. Für sie war er nur eine vorübergehende Quelle der Unterhaltung gewesen, ein Mittel, sich die sonst langweiligen Stunden auf dem Ozean zu vertreiben.
    Er hatte auf eine Fortsetzung ihrer Affäre nach der Reise gedrängt. Er hatte ihr sein Herz, seine Hand, sein intimstes Geheimnis geboten. Sie hatte ihm nicht einmal ihren wahren Namen verraten und ihm natürlich auch nie ihr Gesicht gezeigt.
    Nein, er konnte nicht an ihr zweifeln. Dann hätte er auch gleich sein gesamtes Urteilsvermögen in Zweifel ziehen können. Es musste so sein, wie er befürchtet hatte: Sie hatte von Mrs Easterbrook gehört.
    Gott, was, wenn sie sie am Vortag bei ihrer gemeinsamen Fahrt gesehen hatte? Die Blicke zu sehen, die er Mrs Easterbrook zugeworfen hatte, hätten all seine Behauptungen, seine Obsession überwunden zu haben, als Lügen entlarvt.
    Doch selbst wenn sie nichts gesehen oder gehört hatte … Verdiente er sie denn überhaupt noch, er, der mit Mrs Easterbrooks Worten im Ohr zum Dinner erschien: Sie kennen meinen Charakter nicht, Sir. Sie kennen nur mein Gesicht .
    Er hatte in der vergangenen Nacht wieder von Mrs Easterbrook geträumt, ein noch verstörenderes, häusliches Bild von ihnen beiden, wie sie vor einem lodernden Feuer saßen. Er schrieb Briefe, sie las ein ziemlich dickes Buch, das aussah, als stamme es aus seiner Bibliothek. Von Zeit zu Zeit blickte sein Traum-Ich von seiner Betätigung auf und sah sie an. Nur dass er statt der heißen, unglücklichen Anflüge von Besitzdenken, die ihn in letzter Zeit geplagt hatten, nur simple Zufriedenheit empfunden hatte, sie in seiner Nähe zu sehen.
    Von der Baronin hatte er noch nicht geträumt.
    Dennoch beobachtete er zwanghaft die Kutschen, die vor dem Hotel zum Stehen kamen. Der Londoner Verkehr war zu bestimmten Tageszeiten berüchtigt stark. Wenn er erst einmal zum Stillstand gekommen war, dauerte es oft sehr lange, bis der Stau sich auflöste. Vielleicht hielt das sie auf.
    Vielleicht kochte sie vor Ungeduld, während er hier langsam in Verzweiflung versank. Vielleicht …
    Plötzlich wurde ihm bewusst, dass er nicht mehr allein im Zimmer war. Er wirbelte herum, das Herz voller zusammenhangloser Ängste und Hoffnungen.
    Doch es war nicht sie. Es war nur ein uniformierter Hotelpage.
    „Euer Gnaden, eine Lieferung für Sie.“
    Für die nächsten drei Sekunden gestattete er sich noch Hoffnung. Vielleicht plante sie einen großen Auftritt. Vielleicht würde sie sich hereintragen lassen wie Kleopatra, eingerollt in einen kostbaren Teppich. Vielleicht …
    Drei keuchende Hotelpagen zerrten etwas auf einem Handwagen herein.
    Vor ihm tat sich eine Schlucht auf, und sein Herz fiel hinein. Er musste die Abdeckplane, in die die Lieferung gehüllt war, nicht entfernen. Er erkannte den Steinblock an seiner Form und seinem Gewicht.
    Sie hatte ihm sein Geschenk zurückgegeben. Sie wollte nichts mehr mit ihm zu tun haben.
    Es dauerte noch eine Stunde, bis der Herzog das Hotel verließ.
    Dieses Mal wartete Venetia nicht in einer übelriechenden Droschke, sondern in einem sauberen, eleganten, geschlossenen Einspänner mit quastenverzierten Samtpolstern, Fußleuchten und Tulpenblüten in langhalsigen Vasen, die in Halterungen zwischen den Fenstern steckten.
    Die Baronin hatte die Kutsche gemietet. Sie hatte sogar ihren Hut mit dem Schleier auf dem Sitz neben sich liegen.
    Noch kannst du , flüsterte eine leichtsinnige Stimme in ihr wie schon in den zurückliegenden drei Stunden. Los, halte ihn auf. Nur für heute Nacht.
    Aber diesmal würde er sie nicht wieder gehen lassen. Er würde sie entschleiern. „Nur für heute Nacht“ gab es nicht.
    Vielmehr gab es kein Morgen: Er würde sie hinauswerfen, sobald er ihr Gesicht sah, und nie wieder mit ihr reden.
    Sie konnte nur zusehen, wie der Mann, den sie liebte, mit versteinertem Gesicht in seine Kutsche stieg und davonfuhr.
    Die ganze Nacht schwankte Christian zwischen Zorn und Verzweiflung hin und her. Am Morgen jedoch rief er seine Kutsche und kehrte ins Hotel zurück.
    Vielleicht war er töricht gewesen. Höchstwahrscheinlich war er sogar mehr als dumm gewesen. Aber er war offen und ehrlich gewesen und verdiente mehr Höflichkeit.
    Eine Erkundigung im Hotel ergab rasch, dass der Steinblock drei Tage zuvor per Kurier eingetroffen war. Am Morgen des Vortags war eine maschinengeschriebene Notiz mit Anweisungen gekommen, ihn ihm am Abend um Viertel vor acht zu

Weitere Kostenlose Bücher